Texas Queen
Schritt zurück. “Ich warne dich. Wenn du wieder irgendetwas anstellen willst, dann rufe ich die Polizei.”
“Die wirst du nicht rufen, weil die sich nur über dich lustig machen würde”, antwortete er sehr vernünftig. “Wir sind hier in Texas. Hunde und Pferde gehören hier zum alltäglichen Leben.”
“Für mich nicht. Ist dir die Narbe in meiner Kniekehle aufgefallen?”
“Ja. Und?”
“Mein Bein war gebrochen. Im Grunde ist es von einem Pferd zerschmettert worden. Oder eher gesagt von einigen Pferden. Ich war damals erst fünf, da habe ich noch nicht so genau gezählt.”
“Oh, Niki, das tut mir leid.”
Bedrückt sprach sie weiter. “Erinnerst du dich, dass ich sagte, ich hätte einiges mit meiner Mutter gemeinsam? Ein Pferd hat sie getötet. Sie wurde abgeworfen und mitgeschleift. Ich war erst sieben, aber ich habe es gesehen. Meine Schwestern nicht, aber ich.”
“Niki …”
Seinen mitfühlenden Tonfall bemerkte sie gar nicht, weil sie so wütend war. “Geh weg, Clay”, schrie sie mit zitternder Stimme. “Wir sind ein für alle Mal miteinander fertig. Gib endlich auf und fahr wieder nach Hause.”
Als sie sich umdrehte und wegging, folgte er ihr nicht wieder, und als Niki das Ranchhaus erreichte, waren ihre Tränen auch fast wieder getrocknet.
Clay fühlte sich so elend wie noch nie in seinem Leben. Sein Plan war nicht nur gescheitert, sondern ins Gegenteil umgeschlagen. Bestimmt würde Niki nicht mehr mit ihm reden, und er konnte es ihr nicht einmal verübeln.
An diesem Abend ließ er das Dinner ausfallen, weil er einfach zu deprimiert war, um ein fröhliches Gesicht aufzusetzen. Aber später wandte er sich an Tilly, die gerade die Spülmaschine mit schmutzigem Geschirr belud.
“Kann ich kurz mit Ihnen reden, Mrs Collins?” Auch jetzt versuchte er vergeblich, ein Lächeln aufzusetzen.
“Natürlich.” Sie neigte das zierliche Gesicht und sah Clay in die Augen. “Sie haben das Dinner versäumt. Soll ich Ihnen schnell noch etwas zu essen machen?”
“Nein, danke.” Ans Essen hatte er überhaupt nicht gedacht. “Es geht um …” Er schaffte es nicht, ihren Namen auszusprechen.
Aber das war auch nicht nötig. “Um Niki”, vollendete Grandma den Satz und nickte nachdenklich. “Meine Güte, da haben Sie heute Nachmittag aber wirklich einen fatalen Fehler begangen. Das war die gänzlich falsche Taktik.”
Beschämt ließ er den Kopf hängen. “Das stimmt wohl, aber ich dachte …” Er seufzte. “Als ich sie auf das Pferd gezogen habe, dachte ich nicht, dass ihre Angst so stark ist. Ich hatte gehofft, sie würde es romantisch finden.”
“Und wenn ich mich nicht sehr irre, dann haben Sie Niki gegenüber in letzter Zeit sehr romantische Gefühle, stimmt’s?”
Diese kluge alte Lady. Er nickte. “Sie ist wirklich etwas ganz Besonderes.”
“Das ist sie.”
“Aber ich habe es immer noch nicht geschafft, sie zur Finalteilnahme beim Wettbewerb zu überreden.”
“Sie haben nur noch nicht den richtigen Weg gefunden.”
Sofort wurde neue Hoffnung in ihm geweckt. “Können Sie mir nicht einen Hinweis geben, wie dieser richtige Weg aussieht?”
“Nie im Leben!” Grandma lächelte bedauernd. “Ratschläge für Verliebte geben, das fehlt mir gerade noch. Damit kann man sich nur in die Nesseln setzen.”
Er brachte ein leises Lächeln zustande. “Sehe ich denn wie ein Verliebter aus?”
“In meinen Augen schon.” Sie schloss die Spülmaschine und klopfte Clay aufmunternd auf die Schulter. “Seien Sie nicht so trübsinnig. Manchmal muss man sich etwas zurückhalten und den Menschen Zeit zum Nachdenken lassen.”
Später am Lagerfeuer setzte Clay sich auf den dicken Baumstamm neben Niki. Sofort spürte er, wie sie sich innerlich von ihm distanzierte. Ruhig beugte er sich vor und stocherte mit einem Stock im Feuer herum. Nach einer Weile sagte er: “Es tut mir wirklich leid.”
“So. Tatsächlich?” Ihre Stimme klang vollkommen teilnahmslos.
“Unendlich.” Er stöhnte fast. “Es war sehr dumm von mir, das zu tun, und es tut mir leid, wenn ich dir Angst eingejagt habe. Bitte nimm meine Entschuldigung an.”
“In Ordnung.” Mond und Lagerfeuer beschienen ihr Gesicht, dennoch wirkte es völlig ausdruckslos.
“Morgen werde ich abreisen.”
Kaum merklich verspannte sie sich, doch Clays Herz schlug schneller. Bestimmt würde sie sich gleich zu ihm drehen und ihm sagen, dass sie ihn verstand. Sie würde ihm vergeben, und vielleicht könnten sie versuchen
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