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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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der Haft entlassen. Vigil entschuldigte sich persönlich bei ihm: »Fin bedauerliches
    Mißverständnis. Der mexikanische Informant sprach kein Englisch, und die Rangers interpretierten seine Aussage falsch.« Der Presse gegenüber erklärte er:    »Jeder
    rechtschaffene Bürger weiß, daß es von Übel ist, wenn ein angesehenes Mitglied unserer Gemeinde unverdienten Demütigungen ausgesetzt wird. Ganz Saldana County bittet Tim Coke, den treuen Wächter unserer Brücke über den Rio Grande, um Entschuldigung und gibt ein feierliches Versprechen ab, daß so etwas nie wieder passieren wird.«
    Laurel Cobb wäre es nie in den Sinn gekommen, für den Sitz im Senat der Vereinigten Staaten zu kandidieren, den sein Vater innegehabt hatte, doch im Jahre 1919 zwang ihn eine lange Kette von Ereignissen, seine Meinung zu ändern.
    In den kleinen Städten des nördlichen Texas stellte im Sommer oft ein Wanderprediger sein Zelt auf und hielt eine Erweckungsversammlung. Wenn der Mann für seine Redekunst bekannt war, strömten die Leute aus fünfzig, sechzig Kilometer Entfernung herbei, stellten ihre Zelte auf oder quartierten sich bei Fremden ein. Fünfzehn fröhliche Tage lang dauerten die Festlichkeiten.
    Manche Wanderprediger schwangen pathetische Reden, manche drohten; andere wieder waren nichts anderes als bessere Varietekünstler auf alttestamentarisch. Besonders beliebt war Elder Fry, der keiner spezifischen protestantischen Konfession angehörte, sondern bei allen gleichermaßen zu Hause war - bei Methodisten und Baptisten, bei Presbyterianern und Campelliten - und ihnen allen diente. Er kam nicht, wie andere es taten, in eine Gemeinde, um die ortsansässigen Kirchenmänner mit der Behauptung zu beleidigen, er allein habe die Wahrheit gepachtet, während die anderen irrten; nein, er kam, um das Feuer des Glaubens neu zu entfachen.
    Im Sommer 1919 kutschierte er seinen Buggy von Waxahachie nach Süden zur Cobb-Plantage, wo er bei Laurel und dessen Frau vorsprach: »Ich weiß, daß ein Revival-Zelt dem Grundbesitzer Probleme bringt, aber wenn Sie mir erlauben, das letzte Feld dort drüben zu benützen, werde ich darauf sehen, daß unsere Besucher nur über eine Straße anfahren, und wir werden uns bemühen, möglichst wenig Schaden anzurichten.«
    »Dauert es fünfzehn Tage, wie üblich?« wollte Sue Beth wissen.
    »Offen gestanden, Mrs. Cobb, ich brauche eine Woche, um zu instruieren, eine Woche um zu inspirieren und den letzten herrlichen Tag, an dem wir das Heil finden, um zu frohlocken. Ja, es wird fünfzehn Tage dauern.«
    Nie versuchte der sechsundsechzigjährige, weißhaarige Fry, eine Bekehrung zu erzwingen, und er versprach auch keine Heilungen; er bot einfach das Zeugnis eines Mannes an, der ein langes Leben im Dienste Gottes verbracht hatte und fest davon überzeugt war, daß der Himmel eine solche Frömmigkeit erwartete.
    Laurel wies seine Dienerschaft an, dem alten Herrn beim Errichten des Zelts zur Hand zu gehen, und er selbst half mit, die Stühle aufzustellen. Sue Beth organisierte die Picknicktische - wichtige Bestandteile der zwei Wochen dauernden Festlichkeit -, und Cobbs Arbeiter besserten die Zufahrtsstraßen aus. Kein Wunder, daß das Waxahachie- Revival des Jahres 1919 ein voller Erfolg wurde. Der im Jahr zuvor zu Ende gegangene Weltkrieg hatte zwar das Alltagsleben kaum berührt, aber viele Söhne Texas’ waren nicht zurückgekommen, und nun sehnten sich die Menschen danach, den Frieden zu feiern, und waren gern bereit, Frys
    These zu akzeptieren, wonach es Gott selbst gewesen sei, der den Alliierten den Sieg geschenkt habe.
    In der letzten Woche steigerte sich der Prediger in jenes Pathos hinein, das seine Erweckungsversammlungen immer wieder zu triumphalen Abschlüssen kommen ließ. Das Thema von Frys Abschiedspredigt am letzten Samstag war der treue Knecht, und während Cobb der majestätischen Stimme dieses guten Mannes lauschte, fühlte er, wie er, Laurel Cobb, etwas erlebte, was man als eine Art Wiedergeburt bezeichnen konnte.
    Am Montag nach dem Revival traf unerwarteter Besuch auf der Plantage ein. Der baptistische Geistliche wurde von Cobb herzlich begrüßt: »Kommen Sie rein, Reverend Teeder. Waren das nicht wunderbare zwei Wochen?« Teeder, ein Mann von völlig anderer Wesensart als Fry, pflichtete ihm nur widerwillig zu. »Aber Elder Fry scheint jenes Feuer zu fehlen, das einen wahren Mann Gottes kennzeichnet.« Cobb wollte nicht mit ihm streiten. »Aber er rettet viele Seelen«,

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