Texas
hielt er Teeder entgegen. Dieser meinte: »Im Augenblick mag es so scheinen, aber auf Dauer nein. Meines Erachtens ist eine strengere Botschaft als die seine vonnöten!«
Teeder war der Prediger der Jordan-Baptist-Kirche, der auch die Cobbs angehörten. In einem hübschen Dorf im Süden von Waxahachie gelegen, erfreute sie sich einer überdurchschnittlich großen Mitgliederzahl und eines Geistlichen von besonderem Eifer. Im Jahre 1919 stand Simon Teeder auf dem Höhepunkt seiner kirchlichen Karriere. Er war ein von starken Gefühlen bewegter Mann, überzeugt, daß er Gottes Willen erkannt hatte, und fest entschlossen, ihm zum Durchbruch zu verhelfen. Vor kurzem hatte er sieben fromme Männer zur Wahl in den Kirchenrat nominiert; sie sollten die reine Lehre verkünden. Dann hatte er neunzehn Herren ausgewählt, die für ihre Geschäftstüchtigkeit bekannt waren -sie sollten als Hilfsgeistliche fungieren und sich um die finanziellen Angelegenheiten der Kongregation kümmern. Danach war folgende Erklärung in Umlauf gesetzt worden:
»Die Jordan-Baptist-Kirche gründet sich auf feste Prinzipien. Wenn wir diesen Prinzipien gemäß leben und sie in unseren Herzen erstrahlen lassen, wird es in dieser Kirche nie irgendwelche Schwierigkeiten geben und weder Verwirrung noch Skandale unter ihren Pfarrkindern.
Wir verurteilen alle Formen eines liederlichen, zügellosen Lebenswandels, wie er seit dem Ende des Großen Krieges unbemerkt über uns gekommen ist, und jeder, der die geistige Gemeinschaft mit dieser Kirche anstrebt, muß feierlich geloben, den Alkohol und das Glücksspiel zu meiden, aber auch Pferderennen, Boxkämpfe, Unzüchtigkeit mit Frauen und anderes unsittliches Betragen. Insbesondere müssen jung und alt dem Tanz abschwören, denn er ist das Mittel, dessen sich der Teufel bevorzugt bedient, um uns zu verführen.«
Nun ging Reverend Teeder daran, verschiedene Mitglieder seiner Gemeinde aufzusuchen und sie dringend zu bitten, weitere Pflichten innerhalb der Kirche zu übernehmen.
Bei den Cobbs war er bisher noch nie gewesen, denn er hatte guten Grund zu der Annahme, daß Laurel für den starren Fundamentalismus, den er predigte, wenig übrig hatte. Doch die Kunde von der Unterstützung Elder Frys durch Cobb beim Revival hatte Teeder bewogen, einen Versuch zu wagen.
»Bruder Laurel«, sagte er jetzt, »Gott hat eine wichtige Mission für Sie, und ich hoffe sehr, Sie werden sie übernehmen.«
»Ich zahle den Zehnten. Das tue ich schon seit Jahren.«
»Es geht nicht um Geld - obwohl Gott Ihre Großzügigkeit natürlich wahrnimmt und schätzt. Er will Sie haben. Ich möchte, daß Sie Sonntagsschule halten, jeden Sonntag, und zwar für eine Gruppe von Knaben, die ich selbst aussuchen werde.«
»Dazu eigne ich mich überhaupt nicht.«
»O doch!« Über eine Stunde lang sprachen die zwei Männer miteinander, und am Ende hatte Cobb sich überreden lassen. Doch dann sagte er etwas für den Geistlichen sehr Überraschendes: »Wenn Sie eine Schwäche haben, Reverend, so ist es die, daß Sie von unserer Kirche immer so sprechen, als bestünde sie nur aus Männern. Sie übersehen die Frauen.«
»Damit folge ich Jesus und dem heiligen Paulus. Sie haben ihre Kirche in die Hände von Männern gelegt. Nie hat es Jüngerinnen oder Predigerinnen gegeben. Die Aufgabe einer Frau ist es, sich einen christlichen Mann zu finden, und Kinder im christlichen Glauben aufzuziehen.«
»Nun, ich werde keine reine Jungenklasse unterrichten. Wenn ich Ihnen helfen soll, dann müssen Sie schon eine Mädchenklasse organisieren, denn ich möchte, daß auch sie ein Teil unserer Kirche sind.«
»Das ist völlig unmöglich.«
»Dann ist auch meine Mitarbeit unmöglich.« Laurel rief seine Frau. Nachdem Sue Beth sich die Meinung ihres Mannes angehört hatte, nickte sie mit dem Kopf und sagte: »Es ist wirklich an der Zeit, die Frauen enger an Ihre Kirche zu binden, Reverend Teeder.«
Der Geistliche sah sich in die Enge getrieben. »Was diese Mädchenklasse in der Sonntagsschule angeht. Sie könnten recht haben. Lassen Sie uns das noch einmal überdenken.« Aber Cobb wußte, daß Teeder eigentlich etwas anderes meinte: »Ich muß das mit meinen Kirchenräten und Diakonen durchsprechen.«
Am Samstag sagte Cobb zu seiner Frau: »Ich habe so ein Gefühl, die Herren werden meinem Vorschlag zustimmen. Sie müßten eigentlich wissen, daß eine Sonntagsschule für
Mädchen schon längst überfällig ist.« Am Sonntag nach dem Gottesdienst hielt
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