Texas
Reverend Teeder, begleitet von Willis Wilbarger, dem mürrischen Vorsitzenden des Kirchenrates, den Pflanzer an der Kirchentür auf: »Cobb, die Herren haben Ihrem Vorschlag, einer Klasse für Mädchen, zugestimmt. Es sind bereits elf Mädchen für nächsten Sonntag angemeldet.«
Der Unterricht wurde ein voller Erfolg - elf Mädchen waren es am ersten Sonntag, dann wurden es neunzehn und schließlich mehr als dreißig. Cobb war ein strenger Lehrer; er verlangte von seinen Schülerinnen, daß sie wichtige Bibelverse auswendig lernten und einzelne Kapitel studierten, um später darüber diskutieren zu können.
Aber im Frühjahr kam es zu Problemen. Die in Waxahachie erscheinende Zeitung hatte, angestiftet von Kirchenrat Wilbarger, der von seiner Tochter informiert worden war, eine Liste mit den Namen von zweiundvierzig Jungen und Mädchen der Jordan-Baptist-Kirche abgedruckt, die die Unverfrorenheit besessen hatten, an einer Tanzveranstaltung im Country Club teilzunehmen. Sie waren von glaubwürdigen Zeugen dabei beobachtet worden, wie sie sich dem »Bunny Hug, dem Foxtrott, dem Grizzlybear, dem Tango und anderen unsittlichen afrikanischen Zügellosigkeiten« hingegeben hatten. Fünfzehn der neunzehn betroffenen Mädchen besuchten Laurel Cobbs Sonntagsschule, wie in dem Bericht betont wurde.
Die Zeitung erschien am Mittwoch nachmittag, und schon lange bevor sich an diesem Abend die Gebetsversammlung wie jeden Mittwoch zusammenfand, riefen empörte Kirchgänger einander an and kutschierten in ihren neuen Fords oder alten Buggies in der Gegend herum, um die Neuigkeit zu verbreiten. Während des Gottesdienstes, an dem so gut wie alle Angehörigen der Baptistenkirche teilnahmen, wurde der Skandal mit keinem Wort erwähnt, aber nach Beendigung der
Messe bat Reverend Teeder Kirchenräte und Hilfsgeistliche, noch zu bleiben.
Natürlich wurde es Cobb nicht erlaubt, an dieser Beratung teilzunehmen, aber schon am nächsten Vormittag erfuhr er, was dabei herausgekommen war: »Laurel, man wird alle Mädchen, die bei dem Tanz dabei waren, aus der Kirche ausschließen, und Sie als geistigen Urheber ihrer Sünden wird man öffentlich tadeln.«
»Das ist doch einfach absurd! Diese Mädchen. «
Am Freitag hielt man eine öffentliche Versammlung, und Cobb konnte nicht verhindern, daß eine Resolution verabschiedet wurde, wonach die Mädchen aus der Kirche entfernt werden sollten. Bevor noch endgültig darüber abgestimmt worden war, meldete er sich zu Wort. Es wurde ihm verweigert, aber er achtete nicht darauf, erhob sich und verteidigte seine Mädchen mit ruhigen, aber eindringlichen Worten: »Na schön, sie haben getanzt - haben nicht auch die Gäste bei der Hochzeit von Kana getanzt? Tanzen Kinder nicht vor Freude, wenn sie glücklich sind? Diese christlichen Mädchen wegen eines so geringfügigen Vergehens aus der Kirche auszuschließen, wäre ein schrecklicher Fehler. Tanz ist keine Todsünde. Man darf lebenslustige junge Menschen nicht ihres Rechts berauben, einer Kirche anzugehören, nur weil sie gegen eine von Menschen erlassene Vorschrift verstoßen haben. Und als ihr Lehrer kenne ich das Gute in ihren Herzen. Begehen Sie nicht diesen furchtbaren Fehler!«
Reverend Teeder wünschte keine öffentliche Debatte über etwas, das im wesentlichen eine Frage kirchlicher Disziplin war, aber genausowenig konnte er es zulassen, daß seine Autorität von einem Laien in Frage gestellt wurde. »Tanzen ist durch Kirchengesetz verboten!« donnerte er, und Cobb donnerte zurück: »Aber es sollte nicht verboten sein!« Von seinem Platz in einer der vorderen Reihen brüllte Kirchenrat
Wilbarger: »Das ist Gotteslästerung! Bereuen Sie! Bereuen Sie!« Und was als gesittete Versammlung begonnen hatte, endete mit Beschuldigungen und Gegenbeschuldigungen.
Nachdem der Ältestenrat am Montag abend heimlich zusammengetreten war, wurde allgemein bekannt, daß Laurel Cobb vor ein öffentliches Tribunal gestellt werden sollte. Dort werde man ihn beschuldigen, die Moral der jungen Frauen in der Gemeinde zu gefährden, indem er sie ermutige, an unzüchtigen Tanzdarbietungen teilzunehmen, und daß er sie überdies gegen die scharfe, aber gerechte Kritik seitens dieser Kirche in Schutz nehme.
Die Verhandlung wurde auf Donnerstag abend festgesetzt. Es blieben Laurel also nur zwei Tage, um seine Verteidigung vorzubereiten. Am Mittwoch aber wurden die Cobbs in aller Früh von einem Mitglied ihrer Kirche geweckt, einem älteren Mann, mit dem sie noch
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