Texas
Benito Garza sich gegenseitig belauert hatten.
In Bravo trafen sie Vigil in dem Adobehaus an, von dem aus er seinen Bierhandel betrieb. Er war jetzt ein weißhaariger alter Mann Ende Sechzig, aber niemand konnte daran zweifeln, daß er immer noch der schlaue Diktator seines Bezirks war. Wie immer, wenn er Fremden begegnete, sprach er im Flüsterton: »Ich habe Ihren Daddy nicht gekannt, aber man hat mir gesagt, er ist ein feiner Kerl gewesen.«
Er saß in seinem Büro im Kreis junger Männer, die ihm treu ergeben waren; sie holten ihm Zigaretten, instruierten den Richter über Fälle, an denen Mr. Vigil besonderes Interesse hatte, überwachten die Stimmenauszählung und verteilten Almosen an die Bedürftigen. Politisch hatte sich wenig geändert. Vigil war immer noch der Patron, der auf seine Art Recht sprach.
Der alte Herr hüstelte: »Von den vier Demokraten, die für den Senat kandidieren, sind Sie mir der liebste. Und jetzt sagen Sie mir: Was kann ich tun, um Ihnen zu helfen, die Wahl zu gewinnen?«
Cobb fand Gefallen an diesem alten Diktator: »Nein, sagen Sie es mir.«
»Sehr vernünftig von Ihnen, denn ich kenne das County.« Er wandte sich an Garza: »Hector, das ist der Mann, den wir nach Washington schicken, damit er dort den Platz von seinem
Daddy einnimmt.« Und die vier begangen Pläne zu schmieden, damit bei der Vorwahl alles glattging.
Doch während Cobb andere Teile des Staates bereiste, kam ihm zu Ohren, daß einer seiner Gegner seinerseits Maßnahmen ergriff, um die Wahl für sich zu entscheiden. Das ärgerte Adolf Lakarz, der Cobb erinnerte: »Wir brauchen eine starke Mehrheit in Saldana County, denn wie es so schön heißt: >Wer in Texas die demokratische Vorwahl gewinnt, gewinnt auch die Wahl.««
Drei Tage vor der Wahl kehrte Lakarz heimlich nach Bravo zurück. Was er dort erfuhr, verhieß nichts Gutes. Vigil selbst legte ihm die Situation in Umrissen dar: »Reformer in Washington, ein Haufen Republikaner, kommen selbst herunter, um den Wahlkreis siebenunddreißig zu überwachen.«
»Aber wir brauchen diese Stimmen!«
»Man wird uns erlauben, sie zu zählen und die Zahl zu melden, die wir brauchen. So ist es im texanischen Gesetz vorgesehen. Aber nach der Zählung müssen wir die Urne Vertretern der Bundesbehörde übergeben.«
»Und was werden die dann tun?«
»Mich ins Gefängnis stecken, wenn sie mir etwas nachweisen können.«
Lakarz erkannte, daß diese Aussicht dem alten Mann Angst machte, denn der fügte still hinzu: »Ich bin nicht scharf darauf, ins Gefängnis zu kommen, aber wenn es keine andere Möglichkeit gibt, diese Wahl zu gewinnen, dann muß es eben sein.«
»Haben Sie eine Idee, wie wir das verhindern könnten?«
»Normalerweise würden wir den Richter bestechen, aber diesmal ist es ein Bundesrichter. Ich werde mir etwas einfallen lassen.«
Am Samstag nachmittag rief Vigil seine Helfer zu einer Beratung zusammen. Hector Garza hatte sich ein Erfolgsrezept ausgedacht. »Strikte Geheimhaltung ist unerläßlich, damit wir, wenn die Bundesheinis uns in die Zange nehmen, schwören können: >Wir wissen von nichts.c«
Er teilte seinen kniffeligen Plan niemandem mit, nicht einmal Vigil, und setzte ein Strategem in Gang, bei dem keiner außer ihm und einer Person, die einen winzigen Handgriff auszuführen hatte, wußte, was die jeweils anderen machten. Am Abend vor der Wahl wandte er sich an Vigil und Lakarz: »Sobald im ganzen Staat die Stimmen gezählt sind, laßt mich wissen, wie viele wir noch brauchen, um zu gewinnen.«
In der Wahlnacht rief Vigil Garza an, der sich im Wahlkreis 37 aufhielt. »Wir brauchen mehr als vierhundertzehn Stimmen.« Eine Stunde später berichteten die drei offiziellen Prüfer, daß die Stimmenzählung in ihrem Wahlkreis 422 zu 7 ausgegangen sei.
Als die Herren aus Washington, die sich in Bravo einquartiert hatten, das hörten, frohlockten sie: »Jetzt haben wir sie! So einseitig kann kein Wahlergebnis sein!« Ungeduldig warteten sie auf die belastende Urne: »Diesmal kommt Vigil hinter Gitter! Und zwar nicht in einen gemütlichen Gemeindekotten, sondern ins Zuchthaus!«
Doch nun ereignete sich etwas Außergewöhnliches: Die Urne verschwand. Ja, auf dem Weg über die FM-117 verschwand sie, und da die Wahlhelfer ihre Resultate bereits durchgegeben hatten, mußten diese Resultate anerkannt werden. Das lächerliche Ergebnis 422 zu 7 behielt seine Gültigkeit und ermöglichte es Laurel Cobb, die Wahl mit einem Vorsprung von siebenundzwanzig
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