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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Rayburn einer der profiliertesten Speaker des Hauses. Und Lyndon Johnson wurde Mitglied des Kongresses, später Führer der Mehrheitspartei im Senat, dann Vizepräsident und schließlich, am 22. November 1963, in einem Flugzeug, das auf dem Love-
    Field-Flugplatz in Dallas stand, der sechsunddreißigste Präsident der Vereinigten Staaten.
    In den Amerikanern erwachte in diesen Jahren eine Art Haßliebe zu Texas, wobei die Liebe meist überwog, und ab Mitte der sechziger Jahre zogen viele Bürger aus den »weniger begünstigten Gebieten unserer Nation«, wie es die Texaner ausdrückten, nach Texas; der Mythos, die guten freien Posten, das angenehme Klima im Winter und die lässige Lebensweise zogen sie an.
    Um zu begreifen, aus welch unterschiedlichen Gründen Texas neue Siedler anlockte, muß man die miteinander im Zusammenhang stehenden Fälle von Ben Talbot und Eloy Muzquiz kennen. Keiner der beiden war in Texas geboren, aber jeder von ihnen betrachtete es schließlich als seine Heimat, die er nicht mehr verlassen wollte.
    Talbot war groß und mager, ein schweigsamer Mann, der im Norden Vermonts, in der Nähe der kanadischen Grenze, zur Welt gekommen war. Sein Vater hatte viele Jahre als Officer der US-Grenzpatrouille die Bewegungen der Kanadier südlich von Montreal beobachtet, und Talbot beschloß, nachdem er 1944 sein Studium an der University of Vermont abgeschlossen hatte, ebenfalls diese Laufbahn einzuschlagen. Man teilte ihn allerdings der Army zu und schickte ihn in den Südpazifik.
    Als er in die Staaten zurückkehrte, stellte er fest, daß er durch seinen Militärdienst unter besonders harten Bedingungen so viele Bewertungspunkte gesammelt hatte, daß die Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörde gar nicht anders konnte, als ihn anzustellen. Nachdem der Sohn vereidigt worden war, erklärte ihm Talbot senior: »Ben, streng dich in der spanischen Schule an, erlerne die Sprache und absolviere deine Pflichtzeit an der mexikanischen Grenze. Wir alle mußten Spanisch lernen und dort unten Dienst machen. Aber tu alles, was du kannst, damit du dann einen Dauerposten hier oben erhältst.«
    Der Spanischlehrer in der Akademie gab nach einiger Zeit jede Hoffnung auf, Talbot diese weiche Sprache jemals beizubringen. Infolge seines monotonen, gedehnten Vermonter Dialekts sprach Talbot jedes Wort hoch, nasal und seltsam klingend aus und betonte alle Silben gleich. Aber weil er fleißig Vokabeln büffelte und die Worte richtig zu ordentlichen Sätzen zusammenfügte, mußte sein Lehrer zugeben: »Sie sprechen perfekt Spanisch, Talbot, nur es klingt nicht spanisch.«
    »Die werden mich schon verstehen«, erwiderte Ben, und als er seinen Ausbildungsposten in El Paso antrat und Mexikaner festzunehmen hatte, die sich illegal ins Land einschlichen, verstanden ihn die Einwanderer, wenn sie von ihm verhört wurden, tatsächlich sehr gut.
    Talbots Vorhaben, sich beim Einsatz an der südlichen Grenze zu bewähren, um so bald wie möglich zu dem angenehmeren Dienst an der kanadischen Grenze zurückkehren zu können, geriet zum ersten Mal ins Wanken, als er der Grenzstation in Las Cruces, oben in New Mexico, zugeteilt wurde. Schon nach wenigen Wochen war ihm klar, daß er unbedingt nach El Paso zurückkehren mußte: Dort war nämlich die Hauptarbeit zu leisten. Offenbar hatte er seinen Vorgesetzten seine Gefühle telepathisch übermittelt, denn nachdem er sechs Monate lang in New Mexico illegale Einwanderer gejagt hatte, wurde er nach El Paso zurückversetzt, und dort blieb er auch.
    Während seiner Jugendzeit in Vermont hatte er die Kunst des Fährtenlesens gelernt. Die Spuren aller Tiere, einschließlich der Menschen, enthielten für ihn deutlich erkennbare Informationen. Er betrachtete ein trockenes Flußbett in der Gegend von El Paso, stellte fest, wie viele Mexikaner es während der Nacht überquert hatten, schätzte ihr Alter aufgrund der Abdrücke, die ihre Schuhe hinterlassen hatten, wußte, ob er eine geschlossene Gruppe oder nur eine Ansammlung von einzelnen Einwanderern vor sich hatte und wohin sie vermutlich unterwegs waren. Es war unheimlich, wie genau er vorhersagte, wo diese Flüchtlinge eine Oberlandstraße überqueren würden, und es kam oft vor, daß er sie bereits dort erwartete, wenn sie auftauchten.
    Er beschimpfte nie einen Mexikaner, den er stellte. Er nannte alle Juan, unterhielt sich geduldig mit ihnen und erklärte ihnen in seinem eigenwilligen Spanisch, daß man sie nicht mißhandeln werde, daß sie aber

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