Texas
Situationen befand, aus denen er sich nur mit Schlichen herauswinden konnte, die sie, hätte sie die Einzelheiten gekannt, nicht gebilligt hätte. Als zum Beispiel der Ölmann, der ihr Partner gewesen war, von der Ranch am Pedernales zu einer Jagdhütte in Schottland überwechselte, schüttete er ihr sein Herz aus: »Ich sage das nicht gern, Maggie, aber ich mag dich. Sichere dich ab! Ich habe mit deinem Mann viele Geldgeschäfte gemacht, und, verdammt, er hat es immer wieder mit einer neuen Masche versucht. Er geht nie den geraden Weg. Er bescheißt seine Freunde. Er will immer noch einen zusätzlichen Vorteil herausschinden.«
Der Ölmann besuchte sie nicht wieder, und zu ihrer Überraschung wurde sie auch von dem Zahnarzt mit dem großen Hundezwinger ignoriert. Als sie einmal Eckgrundstücke besichtigte, die für Mittelklasse-Wohnbauten geeignet waren, kam sie beim Zwinger vorbei, ging hinein und fragte ohne Umschweife: »Hat mein Mann etwas damit zu tun, daß du dich aus der Allerkamp-Geschichte zurückgezogen hast?« Er antwortete ihr ebenso offen: »Mit der Zeit wird niemand mehr etwas mit deinem Mann zu tun haben wollen, Maggie. Paß auf dich auf!«
Daß Texas sie für sich gewonnen hatte, erkannte Maggie daran, daß sie sich immer mehr ihrer Tochter anpaßte. Beth, noch keine zwanzig und eine Schönheit, hatte sich geweigert, an die University of Michigan zu gehen. »Ich gehe nur an die UT.«
»Hör doch auf mit deinen idiotischen Abkürzungen. Wenn du Texas meinst, dann sag es.«
»Genau das meine ich«, hatte Beth gekontert und war an der UT Chefstabwerferin geworden.
Verärgert hatte Maggie es abgelehnt, irgendwelche Footballspiele zu besuchen, aber an einem Samstagnachmittag, als Texas gegen die SMU angetreten war, sah sie zufällig im Fernsehen eine sehr beachtliche junge Dame von dieser Universität, ein wahres Genie im Stabhochwerfen. Sie schleuderte das Ding weit höher, als Maggie es je für möglich gehalten hätte.
»Unglaublich«, sagte sie bewundernd und blieb vor dem Fernseher sitzen, bis ihre Tochter erschien, und nun stockte ihr der Atem.
Nachdem die Kapelle und die Tänzer der SMU das Feld verlassen hatten, trat die riesige Kapelle der Texaner in Aktion: über dreihundert Musikanten in orangefarbenen Uniformen. Als erstes kam der einsvierundneunzig große Tambourmajor, gefolgt von sechzig Cheerleaders, Jungen und Mädchen, und den drei Stabwerferinnen, Beth Morrison in der Mitte. Hinter ihnen, ihre Cowboyhüte im Fakt schwingend, marschierten im Gleichschritt die endlosen Reihen der Musikanten. Dann trat Beth vor; mit einer Geschicklichkeit, die Maggie in Erstaunen versetzte, warf sie zuerst einen, dann einen zweiten Stab in die Luft und fing sie völlig mühelos wieder auf.
Beth war eingeladen worden, den Kappas, einer der ersten Studentinnenvereinigungen, beizutreten, deren ältere Mitglieder es so eingerichtet hatten, daß sie einen der attraktiveren BMOCs kennenlernte. Wolfgang Macnab, Abkömmling zweier berühmter Texas Rangers, war fürwahr ein BMOC, ein »Big Man on Campus«, ein großer Mann auf dem Campus, denn er war über einen Meter achtzig groß, wog zweihundert Pfund und spielte als Linebacker im Longhorn-Footballteam.
Er war fünf Jahre älter als Beth und hätte sein Studium schon beendet haben sollen, bevor sie sich überhaupt immatrikuliert hatte, aber nach alter Texastradition war er sowohl in der Highschool als auch im College zurückgehalten worden. Er war ein intelligenter junger Kerl und fiel unter den anderen
Footballriesen dadurch auf, daß er auch mit Erfolg studierte. Nachdem sie sich in der Kaapa-Lounge kennengelernt hatten, besuchten er und Beth zusammen ein Seminar für Kunstgeschichte, und es dauerte nicht lange, und man sprach von ihnen als dem »idealen texanischen Paar«. Was dann geschah, wird am besten aus einem Brief von Beths Mutter nach Detroit ersichtlich:
»... denke ich dabei auch an Beth. Sie hätte, dessen bin ich sicher, in Michigan oder Vassar eine schöne Karriere machen können. Das Mädchen ist fast ein Genie und war schon mit vierzehn eine wunderbare Dichterin - und in diesem Alter fangen die richtigen Dichter für gewöhnlich an. Aber hier in ihrer Highschool wurde sie einer Gehirnwäsche unterzogen und zu einer Stabhochwerferin gemacht. So ging sie ihren Weg und ist jetzt tatsächlich die beste Stabhochwerferin von allen geworden.
Was tut also mein anbetungswürdiges kleines Dummchen? Sie heiratet einen der bestaussehenden
Weitere Kostenlose Bücher