Texas
mit beiden Händen halten. Es geht um meine Ehre.«
Don Lázaro dachte kurz nach und nickte. »Es bleibt Euch wirklich keine andere Wahl. Gott schütze Euch.«
Bevor er ging, sagte er noch: »Ich hatte nichts mit Amalias Einwilligung zu tun.« Er verneigte sich vor Don Ramón und ging nach Hause.
So verließen an einem Junimorgen des Jahres 1792 zwei Gruppen von Männern die Stadt und begaben sich zu einer kleinen Anhöhe, die Aussicht auf den Fluß südlich der Stadt gewährte. Eine ebene Stelle wurde abgesteckt, eine gerade Linie gezogen, und man bestimmte die Startplätze für die
Duellanten. Hauptmann Moncado verkündete: »Ich werde bis fünfzehn zählen. Bei jeder Zahl werdet Ihr Euch einen weiteren Schritt voneinander entfernen. Wenn ich fünfzehn sage, dreht Ihr Euch um und feuert.« Dann änderte er seinen Ton und sprach plötzlich mit Leidenschaft: »Meine Herren, wollt Ihr es Euch nicht noch einmal überlegen? Für dieses Duell gibt es wirklich keine Rechtfertigung.« Die Duellanten schwiegen, und er fügte fast angewidert hinzu: »Nun gut. Ich beginne zu zählen.«
Bei jeder Zahl, die an diesem frischen Morgen erklang, bewegten sich die zwei so ungleichen Männer - ein alter spanischer Edelmann, der für sein Verständnis von Ehre einstand, und ein amerikanischer Eindringling mit einem eigenen Begriff von Gerechtigkeit - von einander fort.
»Vierzehn!« rief Moncado. »Fünfzehn!«
Don Ramón wirbelte herum und feuerte mit zitternden Armen. Die Kugel ging weit nach rechts.
»Don Mordecai!« brüllte Moncado. »Übt Gnade!«
Doch Marr, der diesen Fehlschuß vorausgesehen und abgewartet hatte, zielte sorgfältig, hielt seine Waffe unbewegt und feuerte eine Kugel ab, die den alten Mann mitten ins Herz traf.
Erst nachdem Don Ramón feierlich beigesetzt worden war, traten die verhängnisvollen Folgen des Duells zutage. Denn jetzt schien Fray Ybarra die Zeit gekommen, das Resultat seiner Nachforschungen über mögliche Fehlentwicklungen im Zusammenhang mit der Mission Santa Teresa bekanntzugeben. Hätte Marr Trinidad geheiratet, dann hätte Ybarra aus Rücksicht auf seinen Paradekonvertiten alle Anschuldigungen unterlassen; da Marr aber die kleine Veramendi heiratete, hinderte den Priester nichts mehr daran, seine Rachegelüste an jener jungen Frau auszulassen, die er verachtete: an Trinidad.
»Selbst eine oberflächliche Untersuchung«, schrieb er in seinem Bericht, »würde einem Richter genügen, um zu dem Schluß zu kommen, daß sich der sogenannte heilige Fray Damián de Saldaña, Gründer der Mission Santa Teresa in Béjar, schwerster Unregelmäßigkeiten schuldig gemacht hat, indem er den damaligen Vizekönig dazu verführte, einem listigen Plan zuzustimmen, auf Grund dessen Damiáns Bruder, Hauptmann Alvaro de Saldaña, in den Besitz von Land gelangte, das der Mission Santa Teresa gehört hatte. Manche Leute nennen den Schwindel, auf dem dieser Handel beruhte, einen gewöhnlichen Akt der Familienfürsorge; andere bezeichnen ihn treffender als reinen Diebstahl. Obwohl die Mission Santa Teresa möglicherweise bald säkularisiert und ihr Besitz neu verteilt wird, erscheint mir die zwingende Notwendigkeit gegeben, dieses gestohlene Land unverzüglich zurückzuverlangen, damit eine gerechte Verfügung erfolgen kann. Ich empfehle, daß der Rancho El Codo in der Biegung des Rio Medina westlich von Béjar, gegenwärtig noch im Besitz der Familie Saldaña, eingezogen und seinem rechtmäßigen Eigentümer, der Mission Santa Teresa, zurückerstattet wird.«
Als die Weisung, die diese Empfehlung guthieß, in Béjar eintraf, gaben Hauptmann Moncado und Fray Ybarra, der eine betrübt, der andere freudig, Trinidad bekannt, daß sie die zehntausend Hektar Land einschließlich aller darauf befindlichen Gebäude und alles weidenden Viehs an die Mission Santa Teresa zurückzugeben habe. Ihr blieben das Stadthaus und die wenigen über Béjar verstreuten Grundstücke. Sie willigte in alles ein, ohne Groll gegen Fray Ybarra erkennen zu lassen, der sie so sehr verfolgt und gedemütigt hatte. Wenig später erfuhr sie, daß die Fratres von Santa Teresa den Rancho El Codo nur vier Tage lang in Besitz hatten, bevor sie ihn an die Veramendis weitergaben, die ihn ihrer Tochter Amalia als Hochzeitsgeschenk übereigneten.
Der gesellschaftliche Skandal war schon längst vergessen, da verübten die Komantschen einen neuen Überfall. Sie versuchten El Codo zu überrennen, aber die Befestigungen dort hielten stand. So
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