Thanatos
hatte? Und wie konnte er sowohl Schock als auch Erleichterung verspüren? Schmerz und Taubheit. Unmögliche Kombinationen.
»Thanatos.« Die Stimme kam von irgendwo … »
Thanatos
.« Er blinzelte, drehte den Kopf mit Mühe zu Cara herum. Die Tränen in ihren Augen waren keine Freudentränen. »Du musst dich beeilen.«
Nein. Oh Gott, bitte, nein …
Mit rasendem Herzen eilte Than ins Schlafzimmer. An der Schwelle kam er stolpernd zum Stehen, sodass sein Herz gegen seinen Brustkorb prallte.
Die Schwester, Vladlena, hielt Thans strampelnden Sohn fest. Offensichtlich ging es ihm gut, und sosehr sich Than auch wünschte, zu ihm zu gehen, war es die Mutter des Babys, der seine erste Sorge galt.
Regan lag in einem See aus Blut auf dem Fußboden, während Shade und E mit leuchtenden
Dermoires
fieberhaft an ihr arbeiteten.
Sie war bleich. Viel zu bleich.
»Was ist los?« Than eilte zu ihr und kniete sich neben sie. »Warum liegt sie auf dem Boden?«
»Wir brauchten mehr Platz zum Arbeiten«, sagte Shade.
»Regan?«
Ihre Augen öffneten sich. Das leidenschaftliche, trotzige Funkeln, das er gewohnt war, war durch einen verschwommenen Schleier aus Schmerz und Erschöpfung ersetzt worden. In dieser Wolke lauerte der Tod, der sich über Thanatos lustig machte.
»Haben … wir … es … geschafft?«
»Ja«, krächzte Than. »Pestilence ist fort.« Er nahm ihre Hand. So kalt. »Und dir geht’s bald wieder gut. Aber du musst darum kämpfen.«
»Wirst du … meine Hand halten?«
Er sagte ihr nicht, dass er sie bereits so fest drückte, dass es ihr eigentlich wehtun müsste. Er blickte zu E auf, dessen düsterer Blick ihm alles sagte.
Tränen brannten in Thans Augen. »Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt. Ich hätte dich in diesen neun Monaten gern verwöhnt. Ich hätte mich um dich gekümmert.«
»Ich weiß«, flüsterte sie. »Ich … liebe dich.« Sie schloss die Augen, und ihre Hand erschlaffte.
»Nein«, krächzte er. »Nein, nein,
nein!«
Er streckte die Hand aus und packte Eidolon beim Kragen. »Tu doch etwas!«
»Es tut mir leid. Sie hat zu viel Blut verloren, ehe das Baby geboren wurde. Die inneren Verletzungen sind sogar für mich zu viel, wenn kein Blut mehr übrig ist.«
Völlig verzweifelt ließ Than den Arzt los. Regan hatte immer noch einen Puls, allerdings war er kaum noch zu fühlen. Höchstens noch zehn Herzschläge. Es gab nur eines, was er tun konnte, und er setzte all seine Hoffnung darauf, dass es funktionieren würde. Und dass sie ihm vergeben würde.
Mit einem Zischen riss er ihren Kopf auf die Seite und biss in ihre Halsschlagader. Ihr Puls war zu schwach, die Ader kollabiert, sodass kein Blut in seinen Mund gepumpt wurde. In seiner Hast saugte er mit aller Kraft, voller Hoffnung, dass ihr Kreislauf das noch vorhandene Blut bewegen würde, um den Wirkstoff in seinem Speichel, der einen Menschen zum Vampir machte, in ihrem Körper zu verteilen.
Ihr Herz blieb stehen.
Genau wie seins. Angst verwandelte die Luft in seinen Lungen in Zement. Ein wohlbekanntes eisiges Gefühl flackerte in seinem Hinterkopf auf. Er sog einen plötzlichen, panischen Atemzug ein. Als er zitternd aufblickte, wusste er schon, was er sehen würde.
Regans Seele.
Er sprang vom Bett und starrte ihre Schattengestalt an. Sie war verwirrt. Ihre Augen waren nass von ungeweinten Tränen, und als ihr Blick auf seinen traf, hätte er jeden Eid abgelegt, dass darin ein Vorwurf lag. Aber vielleicht meldete sich da nur sein Schuldbewusstsein zu Wort. Doch das spielte keine Rolle. Er hatte sie getötet, und jetzt würde sie zu einem Teil seines Panzers und durch die Gefangenschaft und die anderen Seelen gequält und bis an den Rand des Wahnsinns getrieben werden, bis sie endlich entkam und jemanden tötete. Was sie auf direktem Wege nach Sheoul-gra befördern würde.
Statt ihr ein ewiges Leben zu schenken, hatte er ihr den ewigen Tod geschenkt und die Frau, die er liebte, in die Hölle verbannt.
38
Thanatos schrie sich die Kehle wund, während Regan mit seinem Körper verschmolz. Es tat nicht weh, nicht körperlich, aber für seinen Geist war es eine unerträgliche Qual. Er hatte sie umgebracht. Sie verdammt. Ab sofort würde sie Höllenqualen leiden.
Er fühlte seine Seelen nur selten, wenn er seinen Panzer nicht trug, und normalerweise war das eine gute Sache. Aber nicht diesmal. Nicht jetzt. Er musste sie finden, sich an das Bewusstsein klammern, ihre einzigartige, unverwechselbare Lebenskraft. Vielleicht hatte
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