Thanatos
gehofft, dass dies nur ein Einzelfall gewesen war. Wenn herauskam, dass nur Than und die Tagwandler Regan anfassen konnten, würden jede Menge Fragen gestellt werden, die er nicht beantworten konnte. Zumindest nicht wahrheitsgemäß.
Eidolon rieb sich die Schulter und kam wieder näher. »Die erhobenen Adern, verfärbten Fingernägel und das Nasenbluten weisen auf eine dämonische Vergiftung hin. Ist es möglich, dass sie irgendetwas zu sich genommen hat? Wenn das so ist, müssen wir rausfinden, worum es sich handelt. Ich habe das Gegenmittel für die meisten Dämonengifte, aber wir müssen rasch handeln.«
»Niemand in meinem Haushalt würde sie vergiften.« Than schloss die Augen; sein Dementi klang geradezu kindisch vehement. Das konnte nicht sein. Er wollte nicht einmal daran denken, dass einer seiner Vampire so etwas getan haben könnte, aber er konnte es sich auch nicht leisten, Zeit mit Leugnen zu vergeuden.
Noch würde er es leugnen, aber sollte jemand sie tatsächlich vergiftet haben, würde dieser Jemand auf eine Art leiden, die die Schrecken von Sheoul-gra wie einen Vergnügungspark aussehen ließen.
»Sie könnte beim Abendessen etwas gegessen haben …« Er verstummte und fragte sich, warum er nicht krank war. Zugegeben, Gift hatte auf ihn nicht dieselbe Wirkung wie auf Sterbliche, aber er sollte sich dennoch zumindest unbehaglich fühlen. Es sei denn … »Die Mousse au chocolat. Das war das Einzige, was sie gegessen hat, von dem ich nicht einmal probiert habe.« Wut wand sich in ihm wie eine Giftschlange, aber so wütend er auch war, ließ er Regan zuerst behutsam zu Boden gleiten.
»Beeil dich, Reiter.« Eidolons Stimme war ruhig, aber todernst. »Sie und das Baby sind beide in Gefahr, wenn ich sie nicht anfassen kann, um zu helfen.«
»Rette … das Baby.« Regans heisere Stimme war kaum zu hören.
»Das werden wir.« Than erhob sich. Er hasste es, sie verlassen zu müssen. »Wir werden euch beide retten.«
Regan spähte mit stumpfen Augen zu ihm auf, ihr schönes braunes Haar lag wie vergossenes Blut fächerförmig auf den Fliesen ausgebreitet. »Töte mich. Wenn ich tot bin, könnt ihr das Baby rausholen und ihm helfen.«
Sie meinte es ernst. Du liebe Güte … sie forderte ihn tatsächlich auf, sie umzubringen. »So weit wird es nicht kommen«, krächzte er. »Halt nur noch ein bisschen durch, Regan. Verdammt noch mal,
du musst durchhalten
.« Er rannte aus dem Zimmer und in die Küche. Schwarze, tintige Wut drang ihm aus allen Poren.
Die Vampire stoben in allen Richtungen auseinander, angesichts der Sturmwolke von Seelen, die um ihn herumwaberte. »Wer hat die Mousse au chocolat gemacht?«
Als einige Vampire einander argwöhnisch ansahen, riss ihm der Geduldsfaden; er packte zwei von ihnen bei der Kehle und stieß sie mit solcher Gewalt gegen die Wand, dass Trümmer auf den Boden herabregneten. »
Wer?
«
»Dariq«, keuchte einer von ihnen.
Than ließ sie fallen und wirbelte zu Dariq herum, der kreideweiß geworden war und auf die Tür zuschlich. Ehe Than ihn ergreifen konnte, war Dariq schon aus der Küche geschlüpft.
Mit wildem Knurren rief Than seine Sense herbei und schleuderte sie mit einer geschmeidigen Bewegung durch den großen Saal. Dariq sprang auf die Eingangstür zu, doch die Waffe traf ihn zwischen den Schulterblättern und nagelte ihn an das Holz.
»Was war in der Mousse, Dariq?« Than durchquerte den Raum, wissend, dass die Augen jedes Vampirs in seinem Haus auf ihm ruhten. Er packte den Griff der Sense, doch statt sie herauszuziehen, drehte er sie herum und weidete sich an Dariqs Schrei. »Sag es mir, sonst werde ich dich mit dieser Klinge kastrieren.« In Wahrheit würde das früher oder später sowieso passieren.
Dariq zischte und spuckte Blut. »Neethul mucosa.«
Thanatos’ Herz wurde eiskalt. Dieser Mist führte bei den meisten Lebewesen innerhalb weniger Minuten zum Tod. Thans Kopf fuhr zu Artur herum. »Sag das Eidolon. Beeil dich!« Artur verschwand so schnell, dass das Auge ihm kaum folgen konnte, und Than widmete seine Aufmerksamkeit wieder Dariq. »Warum? Wer ist sonst noch daran beteiligt?«
Aus den Augenwinkeln suchte Than nach Reaktionen unter den Zuschauern, aber bis jetzt schien niemand ungebührlich besorgt, er könne geoutet werden.
»Ich sage … gar nichts mehr«, knurrte Dariq. Wenn er nur wüsste, wie sehr er sich darin täuschte.
Thans rechte Faust stieß durch den Rücken des Mannes und legte sich um eine glatte, feuchte Niere. Dieses
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