Thanatos
unters Kinn und rollte sich noch enger zusammen.
»Es tut mir leid, dass ich so ein Idiot bin«, murmelte er. »Du … also, manchmal machst du mich so stinksauer. Ich will dich hassen, aber ich kann nicht.« Er wusste einfach nicht, was er mit ihr machen sollte. Na ja, eigentlich wusste er es schon. In dieser Minute wäre er am liebsten zu ihr ins Bett gestiegen. Er würde sie an sich ziehen und so beschützen, wie er es von Anfang an hätte tun sollen.
Zweifellos würde sie ihn noch mehr hassen, als sie es sowieso schon tat, wenn sie in seinen Armen aufwachte. Und – verdammt noch mal! – wie kam er überhaupt auf solche Gedanken? Er durfte nicht zulassen, dass er eine Bindung aufbaute. Was, wenn sie ihn erneut verriet? Sein Temperament war zu explosiv, ihm brannte viel zu schnell die Sicherung durch. Und ehrlich gesagt begann die Wut, an die er sich so fest klammerte, ihn langsam zu beunruhigen. Er war nie besonders fröhlich gewesen, aber ebenso wenig absichtlich grausam, insbesondere nicht Frauen gegenüber.
Also ja, er wusste nicht, was zum Teufel nicht mit ihm stimmte, aber eines war sicher: Er würde Regan keinen Moment mehr allein lassen, bis er herausgefunden hatte, wer sie tot sehen wollte und warum. Sosehr er sich wünschte, einen Teil seines Zorns an Dariq auszulassen – er durfte nicht eher einen kleinen Besuch im Kerker abstatten, bis er einen zusätzlichen Schutz für Regan gefunden hatte.
Was den Schutz vor ihm selber mit einschloss.
Und darum schrieb er Ares und Limos eine SMS , statt sich zu ihr ins Bett zu legen oder den Vampir zu foltern, der ihn hintergangen hatte, und holte den Dolch, den er ihr an dem Tag abgenommen hatte, an dem er sie hergebracht hatte. Dann ließ er sich auf dem Stuhl in der Ecke nieder, schlug die Fußknöchel übereinander und schloss die Augen. Er hatte schon an schlimmeren Orten geschlafen. Das würde er überleben.
Aber ob er Regan überleben würde … das war die Frage.
15
Die Schreie drangen zuerst an Reavers Ohren. Dann, als er sich der geschlossenen Tür exakt in der Mitte des stillgelegten Kernkraftwerks näherte, hörte er das Stöhnen.
Gethel befand sich hinter dieser Tür und folterte wer weiß wie viele Dämonen aus wer weiß welchen Gründen. Reaver war scheißegal, was sie gerade machte oder warum. Die drei Reiche – Himmel, Sheoul und Menschenreich – befanden sich im Krieg, und Reaver war sich nie zu fein dafür gewesen, alles Denkbare zu tun, um zu siegen.
Als er die Metalltür aufriss, drehte sich Gethel, die in der Mitte des turnhallengroßen Raums stand, zu ihm um. Ihre weiße Tunika war mit Blut bespritzt, und in ihrer Hand befand sich ein
treclan
, ein glühender Stachel, der sich einzig und allein gegen Engel verwenden ließ, einschließlich der gefallenen Variante.
Was bedeutete, dass die nackte Frau auf dem Tisch, deren Gesicht und Körper teilweise von Gethel verdeckt waren, ein Engel sein musste.
»Reaver.« Gethel breitete die Schwingen weit aus, ehe sie sie auf ihrem Rücken zusammenfaltete – eine Vorstellung, die ihre Dominanz darstellen sollte. Engel waren in Hierarchien aufgeteilt, und Engel der höheren Ränge stellten ihren Status gern zur Schau, wann immer es möglich war. Die hochrangigen Angeber packten ihre Flügel nur selten ein, so als wollten sie jeden ständig daran erinnern, dass sie sie besaßen.
Reaver hielt seine im Allgemeinen verborgen, doch jetzt breitete er sie aus Trotz ebenfalls aus und bewegte sie ein paar Mal, sodass die weißen Federn mit den saphirfarbigen Spitzen durch die Luft wisperten.
Gethel verzog belustigt den Mund. »Ich frage mich, ob du vor deinem Fall wohl auch so rebellisch warst.«
Er faltete die Schwingen wieder zusammen. »Da lehne ich mich doch jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und sage Ja.« Das war natürlich nur geraten, da er sich an nichts erinnerte, was vor dem Ereignis geschehen war, das vor dreißig Jahren seinen Fall verursacht hatte. Das Seltsame daran war, dass sich auch niemand anders an ihn erinnerte.
Seine fehlende Vergangenheit stellte einen eindeutigen Nachteil dar, was die politischen Intrigen der restlichen Engelsschar betraf, aber letzten Endes spielte sie keine Rolle. Er würde sich einen Platz an der Spitze seines Ordens verdienen, jedoch ohne sich solcher Rangeleien zu bedienen.
»Ich bin nicht zum Plaudern hier. Ich will wissen, ob du Informationen über Wormwood hast.«
Sie hob eine Augenbraue. »Den Stern?«
»Den Dolch. Pestilence will ihn
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