THARKARÚN – Krieger der Nacht
verlangte man von dem höchstens nähere Informationen und keine persönliche Einschätzung. Doch Allan Sirio meinte es ernst, obwohl er lächelte.
»Ich denke, dass er sich irrt«, sagte der Dämon, und als er diese Worte ausstieß, verzog er abfällig sein Gesicht. »Kriege werden geführt, um Land zu erobern. Diese Gremlins und derjenige, der hinter ihnen stehen mag, kennen dagegen nur ein Ziel, und das heißt Zerstörung. Sie möchten die acht Reiche und alle ihre Einwohner vernichten und werden mit denen beginnen, die sich ihnen als Erstes in den Weg stellen. Die Bevölkerung im Stich zu lassen, ist nicht der richtige Weg, wenn man sie retten will.«
» Wir tun alles, was in unseren Kräften steht«, sagte Lisannon empört und sprang auf. Er wusste selbst nicht so genau, warum er sich aufregte, höchstwahrscheinlich hatte der Bote ja recht. Aber er hatte sich einfach verteidigen müssen, vielleicht weil es ihm vorkam, als dehne der Dämon seine Missbilligung gegenüber Asduvarluns Entscheidung auch auf ihn aus. Der Dämon drehte sich zu ihm um und musterte ihn verärgert. Er war kein junger Mann mehr, bemerkte Lisannon jetzt, dem Alter nach hätte er sein Vater sein können.
»Was versteht Ihr denn davon?«, fragte der Dämon, und er klang weder zornig noch verächtlich, nur leicht resigniert – was Lisannon allerdings mehr als alles andere traf. »Ihr habt Euch doch keinen Schritt von hier fortbewegt, seit alles begonnen hat. Ihr habt nichts von dem gesehen, was in Shilkar geschehen ist, Ihr wisst nicht, was es bedeutet.«
Er leerte sein Glas und stellte es wieder auf den Tisch. In seinen Augen stand die Erinnerung an etwas, was er am liebsten nie miterlebt hätte. Lisannon fand einen solchen Blick bei einem Dämon äußerst erschreckend. Die Schwarzen Hexer hatten sich das Erforschen des Unbekannten auf die Fahne geschrieben, es schien unglaublich, dass sie etwas lieber nicht wissen wollten, und wenn es so etwas wirklich gab, worum musste es sich handeln?
»Was ist in Shilkar vorgefallen?«, fragte Allan Sirio leise, aber bestimmt. »Ich kann mir vorstellen, dass es Euch nicht leichtfällt, Euch daran zu erinnern. Aber es muss sein.«
Der Dämon nickte, er starrte mit zusammengepressten Lippen auf das leere Glas in seinen Händen. »Zarak Fudrigus«, sagte er schließlich. Der Name klang in der Stille des Zimmers wie eine Drohung. »Tot.« Seine Stimme war tonlos, ihr war kein Gefühl anzuhören, weder Angst noch Zorn oder Wut. »Die Gremlins haben Besitz von ihm ergriffen und daher musste General Asduvarlun ihn töten. Es gab keine andere Wahl.«
Allan Sirio wechselte über den Tisch einen schnellen Blick mit Lisannon. Der junge Elbenoberst riss die Augen weit auf, diese Nachricht musste ihn wie ein Dolchstoß in den Rücken getroffen haben. Zarak Fudrigus tot! Das bedeutete, dass Elirion nun König der Menschen war! Aber vor allem hatten die Gremlins damit bewiesen, dass sie sie jederzeit treffen konnten, sobald sie sich eine Blöße gaben, und dass sie von jedem Besitz ergreifen konnten, wenn sie ihn nur schwer genug verletzten. Das war eine bittere Erkenntnis, damit bekamen auch General Asduvarluns drastische Maßnahmen eine neue Bedeutung. Ihr Widerstand war in den Grundfesten erschüttert, jetzt durften sie nicht schwanken, koste es, was es wolle.
»Ich verstehe«, sagte Sirio schließlich. Auch er ließ sich seine Gefühle nicht anmerken. »Ihr braucht jetzt Ruhe. Ihr müsst Euch nicht nur von der Reise erholen, sondern auch von dem, was Ihr erlebt habt. Geht in die Häuser des Friedens und schlaft, morgen früh werdet Ihr Euch besser fühlen. Eure Aufgabe ist damit beendet. «
»Ich weiß«, sagte der Dämon. Er erhob sich und ordnete sein langes schwarzes Gewand. » Asith narak andun thíva , Meister.« Er seufzte, als wäre dies sein letzter Atemzug.
»Glück auch dir, auf all deinen Wegen«, entgegnete Sirio mit gewohnter Stärke. Er begleitete ihn zur Tür und blieb dort gegen den Rahmen gelehnt stehen, während der Dämon sich auf der Allee entfernte. Lisannon blieb am Tisch sitzen und schaute unsicher zu ihm auf, versuchte, in seinem Anblick etwas Trost zu finden. Schließlich wandte sich Meister Sirio wieder dem Oberst
zu, der sich nicht gerührt hatte, schloss die Tür und setzte sich wieder ans Spielbrett.
»Das geht alles so schnell«, sagte er leise, vielleicht mehr zu sich selbst. »Die Dinge überstürzen sich, Lisannon«, fuhr er lauter fort und sah den Oberst eindringlich
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