THARKARÚN – Krieger der Nacht
Licht schimmerte auf dem Grund seiner eindringlichen Augen. Dieses eine herausgeschriene Wort hallte in jedem Stein des Saales wider – alle spürten es unter ihren Füßen vibrieren.
Der Riese im Druidengewand hob den Arm mit der verzierten Lanze, und als sie auf die Klinge von Dans Schwert traf, hörte man laut das Geräusch von Metall auf Metall. Sie bildeten schon eine merkwürdige Figurengruppe: der Magus und Dan Ree mit den überkreuzten Waffen, Fèlruc, dessen Schwanzspitze genau über den Klingen hing, und darunter Ardrachan, der zunächst kaum wahrnehmbar, dann immer heftiger zitterte.
»Jetzt!«, schrie der Magus wieder. Ein weißer Blitz schoss aus der Stelle, an der sich die Lanze, das Schwert und die Schwanzspitze trafen, und fuhr direkt in Ardrachans zusammengekrümmte Gestalt. Der Feenmann wurde von heftigen Schauern geschüttelt, Morosilvo kam es vor, als erlitte er einen Krampfanfall. Ardrachan zuckte unkontrolliert, während der überirdische Lichtstrahl durch die Haut in seine Brust fuhr. Aus seiner
Kehle stieg der wilde Schrei auf, den mittlerweile alle nur zu gut kannten.
Dan Ree und der Magus hielten ihre magischen Waffen mit sicherem Griff, selbst wenn jetzt eine unsichtbare Kraft an ihnen zerrte und ein starker Wind Lanze und Schwert voneinander lösen wollte. Zwischen ihnen saß Fèlruc reglos und unerschütterlich, er hatte den Kopf zur Decke erhoben, auch Ardrachan starrte mit weit aufgerissenen Augen hinauf.
Morosilvo begriff in diesem Moment, dass sie hier nichts anderes als einen Kampf vor sich hatten: ein Aufeinandertreffen von ungeheuren Kräften. Die Magie des Magus und die von Dan Ree versuchten, die in Ardrachans Körper eingeschlossene Zauberkraft unter Kontrolle zu bringen, unterstützt vom Drachen. Ardrachan hatte den Mund weit aufgerissen, er schrie ununterbrochen und tobte, seine Haare flogen wie wild um sein bronzefarbenes Gesicht. Ständig verkrampfte er seine Finger und entspannte sie wieder, und Morosilvo fragte sich, ob er wohl Schmerzen litt oder ob er die Kontrolle über seinen eigenen Körper verloren hatte und nun zum Spielball von gegensätzlichen Zauberkräften geworden war.
Jetzt leuchteten die auf Dan Rees Schwert eingravierten Runen auf, als hätte jemand schwarze Tinte in die Rinnen gegossen, und die verzierte Lanze des Magus schimmerte rötlich.
Im Raum wurde es immer wärmer und die sieben Gefährten starrten wie hypnotisiert auf das Geschehen. Sie mussten unbedingt von Anfang bis Ende miterleben, was sich vor ihren Augen abspielte, schließlich würden auch sie gegen Zauberkräfte ankämpfen müssen, sobald sie die sichere Zuflucht von Adamantina verließen. Bei den Angriffen der Gremlins hatten sie eine Vorstellung davon bekommen, wie schnell, überraschend und tödlich diese Kreaturen zuschlagen konnten, doch der Kampf, der nun Ardrachans Körper beutelte, zeigte ihnen, wozu Magie wirklich imstande war und wie schwer man sie bezwingen konnte.
Die Lanze des Magus prallte gegen Dan Rees Schwert und
Morosilvo dachte schon, dass einer der beiden seinen Griff gelockert haben musste, weil sie der feindlichen Kraft nicht mehr standhalten konnten. Doch sollten sie tatsächlich einen Moment der Schwäche erlebt haben, war der schon wieder überwunden. Die beiden standen immer noch mit gekreuzten Waffen da und Fèlrucs Schuppen glänzten golden. Man sah Dan Ree wie dem Magus die Anstrengung an.
Dann erlosch der weiße Lichtstrahl, als würde er von Ardrachans zitternder Brust eingesogen. Weder der Magus noch der Unsterbliche machten Anstalten, sich zu bewegen, und keiner der Zuschauer, die noch ganz im Bann des gerade Miterlebten standen, wagte es, auch nur einen Muskel zu rühren. Ardrachans Körper sackte in sich zusammen, bis er reglos, mit entspannten Händen, in der Mitte des Saales lag.
Ist jetzt alles vorbei?, fragte sich Morosilvo, doch er glaubte selbst nicht daran. Es konnte noch nicht vorüber sein, das erkannte er an Dan Rees entschlossenem Gesichtsausdruck, an der feierlichen Stille in der großen Waffenkammer, die so intensiv war, dass Morosilvo seinen eigenen Atem hören konnte.
Der Magus und Dan Ree standen immer noch starr da, hielten ihre magischen Waffen fest umklammert und warteten angespannt. Ardrachans Brust bewegte sich langsam auf und ab und man hörte einen gequälten Seufzer.
»Ich befreie dich, Ardrachan Caleth!«, rief Dan Ree laut und ganz anders, als sie ihn bislang erlebt hatten, durchdrungen von einer unbezwingbaren Kraft.
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