THARKARÚN – Krieger der Nacht
sein sollen, aber Morosilvo, der die Begeisterung des Goblins ganz aus der Nähe mitbekommen hatte, freute sich keineswegs darüber. Vielleicht lag es an Shaka Aleks ernster, wenn nicht gar finsterer Miene, vielleicht war es eine Vorahnung. Und bis jetzt hatten Morosilvos Vorahnungen ihn noch nie getrogen. Er nahm Allan Sirios Amulett fest in die Hand, wie er es sich inzwischen angewöhnt hatte, und ging mit schnellen Schritten voran. So würde er an die Spitze ihres Zuges gelangen, zu Ametista, die ihn immer noch umbringen wollte, und dem beunruhigenden Feenkrieger Ardrachan. Aber dort war auch der Magus und angesichts der vielen unvermittelten Angriffe schien es keine schlechte Vorsichtsmaßnahme, sich so nah wie möglich an den Abgesandten der Götter zu halten. Als er dort ankam, warf ihm Ametista einen unverhohlen verächtlichen Blick zu.
»Du kämpfst gut, das muss ich zugeben«, sagte sie halblaut. Es sollte wohl ein Kompliment sein, klang aber wie die schlimmste
Drohung. Dabei vermied sie es, Morosilvo direkt anzusehen, der sich von ihren Worten sehr geschmeichelt fühlte.
»Ich war in allen Reichen berühmt, ehe meine Karriere in den unendlichen Weiten des Höllenlochs ihr jähes Ende fand«, erwiderte er. Er unterschlug die Tatsache, dass er bei dem Kampf am Seeufer gut und gerne draufgegangen wäre, wenn Pelcus nicht eingegriffen hätte. Er war nicht mehr der Alte, der lange Gefängnisaufenthalt hatte seine Spuren hinterlassen, und die würde er wohl nie mehr loswerden. Außerdem war er auch nicht mehr der Jüngste, relativ gesehen war er sogar der Älteste in der Gruppe: Das hieß zwar mehr Erfahrung, aber auch weniger biegsame Muskeln und weniger schnelle Reflexe. »Ich schlage mich noch ganz gut«, sagte er abschließend.
Morosilvo war froh, dass Shaka direkt hinter ihm ging. Als er damals erfahren hatte, dass der Dämon sie begleiten sollte, hatte ihm das große Sorgen bereitet, doch inzwischen hatte er seine Meinung geändert. Nach allem, was ihnen bisher zugestoßen war, war es ein Segen, dass Shaka zu ihrer Gruppe gehörte. Sicher, er war ein Einzelgänger, der jeden verachtete, aber er war zumindest nicht verrückt und konnte den meisten heimtückischen Angriffen begegnen.
Ihr Weg führte eine unbefestigte Straße entlang, die sich über die grünen Hügel des Faunenreiches zog. Hier und da blökte eine friedlich grasende Schafherde, die Sonne lachte von einem glasklaren Himmel, trotz des nahen Winters war das Klima angenehm mild, auch wenn sie sich nun weiter nach Norden bewegen würden, und es war wirklich schwer vorstellbar, dass ihnen in dieser Umgebung Gefahr drohen könnte. Doch so viel stand mittlerweile fest: Gefahr lauerte immer und überall.
Die Gremlins konnten nicht nur als gestaltlose Krieger der Nacht erscheinen, sondern auch die Kontrolle über Körper übernehmen, egal ob von den Einwohnern der Reiche oder von Tieren, und das war eine perfekte Tarnung, bis sie sich schließlich zu erkennen gaben. Höchstwahrscheinlich durfte man nicht einmal
den Schafen trauen oder den schweigsamen Faunenhirten, die auf Findlingen saßen und von dort ihre Herden im Auge behielten. Und wenn ihren Weg eine Handelskarawane kreuzen sollte – die Faune setzten lieber ihr Leben aufs Spiel, als auf Handel zu verzichten –, hätte er diese mehr fürchten müssen als eine ganze feindliche Armee. Doch die Straße lag verlassen da. Morosilvo hätte sich sogar beinahe entspannt, als ein Geräusch hinter ihm ihn plötzlich zusammenfahren ließ. Ruckartig wandte er sich um, doch dann konnte er erleichtert aufatmen.
Es war nur der Uhu Verannon, der von einem seiner geheimnisvollen Ausflüge zurückkehrte. Lautlos war er durch die Luft geglitten und auf der Schulter des Magus gelandet, wo er einen beinahe fragenden Ruf ausstieß und dann den Kopf drehte. Der Magus wandte sich dem Vogel zu, als ob er ihm etwas sagen wollte, und Morosilvo ließ sich etwas zurückfallen, um näher an den beiden zu sein.
Es hatte ihn schon lange interessiert, wie der Uhu seine Rolle als Bote erfüllte und wie der Magus sich mit ihm unterhielt. Wenn Verannon, wie er vermutete, ähnlich wie der Drache Fèlruc die übliche gemeinsame Sprache der Völker beherrschte, könnte er sogar ihr Gespräch verfolgen. Die Angewohnheit, andere Leute zu belauschen, war so in ihm verwurzelt, dass es für ihn völlig normal war, es bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu tun. Er streckte den Kopf ein wenig nach hinten, musste aber enttäuscht
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