THARKARÚN – Krieger der Nacht
schnell wiederzusehen, Druide, aber ich bin sehr froh darüber. Wir brauchen Leute wie dich.«
»Und wie dich«, erwiderte Sirio. »Bald werden sich unsere Wege trennen. Der große Rat meines Volkes hat heute beschlossen, eine Truppe Shardarikrieger an die Große Mauer in der Ebene zu entsenden, und ich werde mit ihnen ziehen. Der
Magus wird euch sicher ans Ziel führen. Ich dagegen kann euch am besten dadurch nützen, dass ich mit den Shardari das vereinte Heer gegen Tharkarún und die Gremlins unterstütze, um an der Großen Mauer so lange wie möglich Widerstand zu leisten. Verstehst du das?«
»Ja.« Shaka lief langsam durch den Raum und sah sich um. »Ich will hier raus, ich bin schon viel zu lange hier gewesen. Ich brauche frische Luft. Und ich will endlich wieder meinen Stab und meinen Säbel in der Hand halten. Jetzt müssen wir nur noch kämpfen, Druide, und das werde ich tun.«
Allan Sirio ging zu einer Ecke hinüber, wo er Shakas Waffen aufbewahrt hatte, bis ihr Besitzer wieder in der Lage wäre, sie zu führen. Er überreichte sie dem Dämon, der mit der rechten Hand den Säbelgriff und mit der linken den Stab umfasste. Ein seltsames Bild: ein bis zu den Zähnen bewaffneter, zu allem entschlossener Dämon im Nachthemd, dessen in die Haare geflochtenen Münzen wieder aufleuchteten.
Er simulierte einen Angriff gegen einen imaginären Gegner, seine Bewegungen waren schneller und geschmeidiger als je zuvor. Nachdem sein magisches Gleichgewicht wiederhergestellt war, hatte seine Zauberkraft die höchste Stufe erreicht: Sein Blick schien klarer, sein Bewusstsein geschärft. Er wusste genau, was zu tun war. Shaka senkte die Waffen wieder und blickte Allan Sirio erneut fragend an.
»Wir werden alle kämpfen«, gab Sirio die einzig mögliche Antwort. »Du bist erfahren genug, um zu wissen, worauf es ankommt. Wie auch immer unser Weg verlaufen mag, am Ende werden wir ausruhen, ganz gleich ob auf dieser Welt oder in den heiligen Hallen von Sirdar. Aber zuvor müssen wir kämpfen, denn wie könnten wir ausruhen, wenn wir wüssten, dass wir nicht alles getan haben, was in unserer Macht steht!«
Shaka ließ sich schwer auf das Lager fallen, nicht aus Schwäche, sondern weil ihn eine blinde, unbändige Wut gepackt hatte. »Ich verrate dir etwas, Allan Sirio«, sagte er mit zusammengebissenen
Zähnen, »etwas über mich. Ich habe keinen Zweifel, dass du sehr genau weißt, was in meinem Kopf vorgeht, aber ich will es dir selbst sagen. Das scheint mir nur gerecht.«
»Bitte.« Sirio setzte sich neben ihn. Der Dämon versuchte seine Verwunderung zu verbergen. Wann hatte sich jemals jemand freiwillig neben ihn gesetzt und ihm so viel Vertrauen entgegengebracht? Vor langer Zeit vielleicht, als er noch nicht Shaka Alek war, als sein Name noch nicht für Angst, Schrecken und Tod stand und er noch keine gezackten Zeichen auf der Haut trug. Der Druide aber schien von seinem Ruf unbeeindruckt und stellte jetzt so etwas wie sein personifiziertes Gewissen dar, was Shaka ein bisschen störte. Seit Jahren hatte er kein Gewissen mehr und ihm hatte auch nie etwas gefehlt.
»Ich habe schreckliche Dinge getan«, begann er und seine Gedanken verloren sich in Erinnerungen, doch seiner Stimme war weder Schmerz noch Reue anzumerken, sie klang ruhig und fest. »Ich habe sie getan und ich bereue es nicht, ich würde sie wieder tun und wer weiß, vielleicht wird das auch geschehen. Ich habe Leben zerstört und gemordet, meine Feinde gequält und meine Freunde verraten, ohne Grund. Ich habe das mir entgegengebrachte Vertrauen schamlos ausgenutzt, habe gewissenlos vernichtet, was andere sich mühevoll aufgebaut hatten, ich habe ihrem Flehen kein Gehör geschenkt, sogar darüber gelacht. Ich habe es noch nie bereut und werde auch jetzt nicht damit anfangen. Und ich werde mich auch nicht dafür entschuldigen. In all den Jahren, in denen ich meine Hände mit Blut befleckt habe, konnte ich immer ruhig schlafen. Ich hatte keine Albträume, kein Bedauern hat meine Ruhe gestört. Nie hat mich eine flehende Stimme gequält.« Er schaute plötzlich auf und starrte Sirio wild funkelnd an. »Doch wenn ich jetzt an den Grund unserer Reise denke, ist das anders. Ich werde nie wieder Ruhe finden, wenn ich nicht das zu Ende führe, was von mir verlangt wird. Sollte unsere Mission scheitern und es noch Nächte geben, werde ich trotzdem nie wieder schlafen können.« Er schüttelte den Kopf,
seine Münzen klirrten wie gewohnt. »Noch nie habe ich mich
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