THARKARÚN – Krieger der Nacht
jemandem gegenüber verpflichtet gefühlt, das bin nicht ich. Ich war noch nie jemandem etwas schuldig. Ich bin sogar wieder aus dem Orden ausgetreten, für den ich zuvor so viele Mühen in Kauf genommen habe, weil ich frei sein wollte, frei von allen Verpflichtungen. Mir gefällt die Vorstellung nicht, an etwas gebunden zu sein.«
»Aber jetzt hast du eine Verpflichtung«, meinte Sirio sanft, aber nachdrücklich. Er ließ ihm keine Wahl. Der Dämon musste sich der Situation stellen, der Realität ins Auge sehen, so bitter, schwierig und mühevoll sie auch sein mochte. Und Shaka war bereit dazu.
»Ich weiß«, zischte er widerwillig. »Ich bin den acht Völkern verpflichtet, sehr sogar. Du kannst dir nicht einmal im Ansatz vorstellen, was in den letzten Tagen in meinem Kopf geschehen ist, trotz meiner Bewusstlosigkeit. Das einzig Wirkliche, woran ich mich erinnerte, war die Straße, die Straße in den Schatten, die vor dem Tor des Undurchdringlichen Hortes endet. Vielleicht hat mich dieses Bild ins Diesseits zurückgebracht. Dieses Bild war stärker als eure Zaubergesänge, stärker als mein Wunsch, mein magisches Gleichgewicht wiederzufinden. Ich weiß, dass ich diese Straße gehen muss. Ich werde es tun, denn es ist meine Pflicht, die ich erfüllen muss, und ich kann es kaum erwarten. Denn danach werde ich wieder frei sein, frei von allen Pflichten und Regeln. Und wieder schreckliche Dinge tun und mich derer nicht schämen.« Ein sarkastisches Lächeln hatte sich auf seine Lippen geschlichen. »Du predigst doch immer Gerechtigkeit, Druide. Ist das nicht auch eine Form davon?«
Allan Sirio verschränkte die Hände in seinem Schoß, zum ersten Mal fiel es ihm schwer, die richtige Antwort auf diese Frage zu finden. »Es ist weder gerecht noch falsch«, antwortete er. »Sirdar verbindet die Fäden des Schicksals, aber er kann das Muster nicht bestimmen. Und in der Großen Zeitrechnung stehen Dinge geschrieben, die sterbliche Augen nicht sehen können. Nur die
Götter wissen, wie es weitergeht. Und obwohl ihre Macht unendlich viel größer ist als unsere, kennen auch sie manchmal nicht den Grund, warum sich alles so entwickelt. Vielleicht sogar, weil es keinen Grund dafür gibt? Ich bewundere deine Aufrichtigkeit, Shaka Alek«, und mit diesen Worten erhob er sich und ging zum Ausgang, um ihn allein zu lassen, doch zuvor sagte er noch leise: »Ich hoffe, dass du deine Pflicht erfüllen kannst.«
»Das hoffe ich auch«, sagte der Dämon. Er stand ebenfalls auf und nahm seinen Zauberstab. »Um welchen Preis auch immer.«
VIERUNDFÜNFZIG
I N DEN ACHT Reichen gibt es eine Vielzahl von Geistern. Woher sie gekommen sind, ob auch sie der Magie der Idole entsprungen sind oder ein Teil der Schöpfung selbst waren, das alles weiß man nicht. Aber es gibt sie. Gute und böse Geister, große und mächtige, kleine und schwache, einige hausen in Pflanzen, in Felsen, in der Erde oder im Wasser, wieder andere sind körperlos oder nutzen die Körper der Sterblichen. Ein mächtiger Zauberer kann sie beschwören und unter seine Kontrolle bringen, zum eigenen Nutzen oder zum Schaden seiner Feinde. Wie es scheint, sind auch die Gremlins in der Lage, böse Geister zu beherrschen, und zwar nicht nur die kleinen und schwachen.«
Die Erklärung des Magus war knapp, aber deutlich gewesen und die Anwesenden schauten einander an, sie fühlten sich sichtlich unwohl. Jetzt wussten sie genau, mit wem sie es zu tun hatten und dass der Kampf lang, hart und grausam werden würde. Rechts und links vom Magus standen Allan Sirio und Shaka Alek, auf ihre Zauberstäbe gestützt. Der Druide hatte die Haare mit einem leuchtend grünen Band zusammengebunden, auf seinem Gesicht lag die ihm eigene Gelassenheit, die sich wohlwollend auf seine Umgebung auswirkte. Der Dämon trug wieder seinen langen blauen Umhang und hatte schwarze Seidenhandschuhe übergestreift, um die frischen Narben auf seinen durchscheinenden Händen zu verdecken. Sein Gesicht war starr wie eine Maske.
Auf der anderen Seite des Zeltes standen Elirion Fudrigus und Brennus Astair. Beide bewaffnet, Elirion mit seinem schwarzen Bogen in der einen und einem Pfeil in der anderen Hand, Brennus mit seinem Krummschwert. Allan Sirio hatte ihnen magische rote Symbole auf die Stirn gemalt, damit der böse Geist, der in Fariks Körper hauste, nicht auf sie überspringen konnte, wenn die drei Zauberer ihn ausgetrieben hatten. Durch die auffällige Bemalung wirkten ihre sonst so unterschiedlichen
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