THARKARÚN – Krieger der Nacht
wenn er, Amorannon Asduvarlun, sich nicht als Erster bewegte. Er hatte ja befürchtet, dass dieser Ausfall in den Wald sich zu einer Selbstmordmission entwickeln könnte, und jetzt deutete alles darauf hin, dass es tatsächlich so war.
Aber das war unwichtig. Tharkarún stand ihm gegenüber, der geheimnisvolle Fremde, der von Anfang an ihre Leiden geplant hatte, der Mann, der Alfargus getötet hatte. Tharkarún nicht entkommen
zu lassen war das Einzige, was zählte. Er sollte für seine Schuld bezahlen, egal um welchen Preis, auch wenn es ihn, Amorannon Asduvarlun, oder all die anderen Eingeschüchterten oder Verrückten, die ihm gefolgt waren, das Leben kosten sollte.
Er streckte Ligiya kampfbereit noch oben und hinter den Silberhaaren, die ihm in die Stirn gefallen waren, starrte er Tharkarún mit seinen stolzen grauen Augen unerbittlich an.
»Dann auf zum Kampf!«, flüsterte er.
SECHSUNDFÜNFZIG
T HARKARÚN WAR NICHT nur unglaublich schnell, unvorstellbar stark und wusste seine Waffen und die Magie unglaublich geschickt einzusetzen. Er war auch unermüdlich, und das musste sich General Asduvarlun eingestehen, als sich bei ihm die Erschöpfung bemerkbar machte.
Er wusste nicht, wie lange dieses Duell auf Leben und Tod schon andauerte. Ohne seine Deckung zu sehr aufzugeben, hatte er erkennen können, dass der Kampf zwischen seinen Soldaten und den überraschten Gremlins seinen Höhepunkt erreicht und seinen Tribut an Opfern gefordert hatte. Dann folgte das, was der ombresische Hauptmann ihm vorhergesagt hatte: Die Überlebenden des kleinen Trupps zogen sich in den Wald zurück, die Schwarzen Hexer gaben ihnen Deckung, nur Lay Shannon und Huninn Skellensgard blieben zurück, um ihn nicht alleinzulassen.
Aus irgendwelchen Gründen schienen die finsteren Wesen den Kampf nicht mit voller Wucht fortzusetzen, wahrscheinlich hatten sie noch nicht genügend Kraft geschöpft, auf jeden Fall konnten Huninn und Lay Shannon ihnen noch standhalten. Amorannon Asduvarlun hätte sich auch kaum um sie kümmern können, weil er immer noch in das Gefecht verwickelt war.
Er hatte es noch nie zuvor mit einem Gegner zu tun gehabt, der so stark, so schrecklich und so gefährlich war. Seine Ausfälle waren schnell und tödlich wie Schlangenbisse, und aus seinem
Stab strömte Magie, ohne dass er dafür irgendwelche Befehle aussprechen musste. Ligiya war in der Lage, die Zauberblitze genauso hervorragend abzuwehren wie die Klinge des schmalen gebogenen Schwertes, und der General war so geschickt, dass er oft genug zum Gegenangriff übergehen konnte, ohne selbst einstecken zu müssen. Aber Tharkarún machte keinen einzigen Fehler, er bot keine Lücken in der Deckung, wich keinen Zentimeter zurück. Er presste die Lippen, die anscheinend eine schreckliche Krankheit verunstaltet hatte, fest zusammen und Asduvarlun konnte den Hass, der von ihm ausging, förmlich spüren, ohne dass sein Gegner auch nur ein Wort sagte.
Beide gingen sparsam mit ihrem Atem um, doch der eiserne General vermutete, dass Tharkarún das gar nicht nötig hatte: Seine dunkle Macht überstieg jede Vorstellungskraft. Er verströmte den gleichen kranken Geruch wie die Gremlins.
General Asduvarlun konnte nicht ausmachen, wie lange sich dieser Schlagabtausch schon hinzog, ohne dass es einen Sieger oder Verlierer gegeben hätte, er konnte sich nur manchmal zu Huninn oder Shannon umdrehen, um zu sehen, wie es ihnen erging, ob sie unverletzt waren oder noch lebten. Wenn er hinter sich Blitze sah und den Kampflärm hörte, dann wusste er, dass zumindest einer von ihnen noch am Leben war. Weder er noch Tharkarún konnten das Duell für sich entscheiden, doch er hatte den schrecklichen Verdacht, dass der Feind ganz bewusst nur einen Teil seiner Kräfte nutzte. Im Augenblick konnte sein in vielen Mühen abgehärteter Körper dem Angriff noch standhalten, aber das würde nicht mehr lange gut gehen. Sein geheimnisvoller Gegner hingegen könnte noch ewig weiterkämpfen, da war er sich fast sicher.
Der eiserne General wich zurück, um Atem zu holen. Wer immer dieser verfluchte Feind sein mochte, er war mit Sicherheit kein normaler Abkömmling der acht Völker und kein einfacher Nekromant. »Ein Gott kann er nicht sein«, dachte er wütend und warf mit der flachen Klinge einen weiteren magischen Blitz zurück. »Aber was ist er dann?«
Er stürzte sich wieder nach vorn, fest entschlossen, nicht aufzugeben. Diesmal war er sich sicher, Ligiya würde das Ziel treffen, denn er
Weitere Kostenlose Bücher