Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
THARKARÚN – Krieger der Nacht

THARKARÚN – Krieger der Nacht

Titel: THARKARÚN – Krieger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
Vom Netzwerk:
über seinen Bart. »An deiner Stelle würde ich erst einmal abwarten, was dir bevorsteht, ehe du dir ernsthaft Sorgen machst.« In seinen Worten lag etwas zwischen Drohung und Selbstzufriedenheit.
    »Warum gibst du mir nicht ein paar Hinweise, Herr Oberst? Im Namen unserer alten Freundschaft?«
    Ghandars Grinsen wurde noch breiter und teilte seinen Vollbart in zwei Hälften, sodass Pelcus sein halbes Gebiss aus Stahl hervorblitzen sehen konnte. Die bewusste Explosion hatte ihm wohl auch einen Teil seines Kiefers abgerissen, aber man musste zugeben, dass die Ärzte trotz allem gute Arbeit geleistet und ihn hervorragend wieder zusammengeflickt hatten.
    »Sagen dir Begriffe wie ›hoffnungslose Mission‹, ›sofortige Einberufung seitens des Großen Bergwerkers‹ und ›es gibt nur eine Alternative: den Tod‹ vielleicht etwas?«
    Der Palast des Zwergenreiches lag beinahe vollständig unter der Erde. Seine Mauern waren aus hartem Granit. Er wirkte nicht so spektakulär wie das für andere Königspaläste übliche Sammelsurium aus buntem Marmor, aber er war dadurch wesentlich stabiler. Zudem waren die Wände noch mit Streben aus Zwergeneisen verstärkt.

    Der Baumeister, der den Palast entworfen hatte, war sehr überlegt vorgegangen und hatte dafür gesorgt, dass es keinen Weg gab, auf dem man heimlich in den Palast eindringen konnte. Die Außenteile der schmalen Belüftungsschächte waren gut verborgen und die Schächte selbst so eng, dass nicht einmal eine Katze hätte hindurchkriechen können. Unterhalb des Bodens und über der Decke befanden sich massive Eisenplatten, in sämtlichen Räumen des Palastes, sogar in den Bädern, Kellerräumen, bis hin zur Abstellkammer für das Putzzeug. Man konnte den Palast nur unter aller Augen durch das Tor betreten und danach auch nur so wieder verlassen. Besonders wenn man an den Händen gefesselt und von einer Schar Wachen umringt war.
    Pelcus Vynmar, der in Wams, Hemd und Hosen die Flure des Palastes durchquerte, fand diesen Umstand mehr als lästig. Der Gang der Ereignisse begann ihn zu beunruhigen. Ein gefasster Verbrecher, selbst wenn er so gesucht war wie er, landete üblicherweise im nächsten Gefängnis oder bei einem Vorposten des Heeres und blieb dort bis zum Prozess oder bis ihm ein Fluchtversuch gelang, und alle waren zufrieden. Ganz bestimmt hatte er noch nie davon gehört, dass man einen Gefangenen unverzüglich zum Großen Bergwerker, dem König des Steins, dem Herrn über die Zwerge, gebracht hatte. Doch genau das passierte ihm gerade.
    Zog man seinen Lebenslauf und sein Strafregister in Betracht, wollte ihn der Große Bergwerker ganz bestimmt nicht sehen, um ihn zu seiner Verbrecherlaufbahn zu beglückwünschen. Und der Umstand, dass ihm kein anderer Grund für eine Audienz einfallen wollte, schmälerte Pelcus’ Besorgnis keineswegs. Soweit er wusste, war der Große Bergwerker erst vor Kurzem vom Rat der acht Völker zurückgekehrt, den man nach dem, was man in allen acht Reichen als Notlage bezeichnete, einberufen hatte. Wenn man den Gerüchten Glauben schenkte, die Pelcus auf der Straße aufgeschnappt hatte, war er übel gelaunt zurückgekommen. Und wer sehr enttäuscht oder wütend ist, nutzt jede Gelegenheit, um jemanden dafür büßen zu lassen. Das machte einen wütenden
König äußerst gefährlich, denn es gab niemanden, den er nicht angreifen konnte. Der Große Bergwerker schien zwar nicht zu denjenigen zu gehören, die gern zusahen, wie man jemanden folterte, aber man konnte ja nie wissen. Er war immerhin ein König.
    Der Flur führte etwa zwanzig Meter weiter abwärts und endete vor einem ausgesprochen eleganten Portal aus massivem dunklen Holz mit vergoldeten Verzierungen. Zu dessen Seiten standen stocksteif zwei mit Piken bewaffnete Wachen sowie ein Diener mit einem Federhut, der einen Stab mit einem Jadeknauf in der Hand hielt. Der Saal mit dem Steinthron war der Raum des Palastes, der am tiefsten in der Erde lag, ähnlich wie der unterirdische Tresorraum in einer Bank. Die Zwerge hatten sich immer schon durch ihren Sinn für das Praktische hervorgetan. Sie hüteten das Leben ihres Königs so sorgsam wie ihre Edelsteine: in unterirdischen, gut bewachten Gewölben, in die niemand Unerwünschtes eindringen konnte.
    Dass seine Bewacher vor dem Tor stehen blieben und Ulf Ghandar mit dem Diener sprach, nahm Pelcus Vynmar nur am Rande wahr. Ihm schoss gerade der Gedanke durch den Kopf, der Große Bergwerker könnte womöglich von seinen Plänen

Weitere Kostenlose Bücher