THARKARÚN – Krieger der Nacht
genauso wichtig wie der erste«, fuhr der Magus ungerührt fort. Mit seiner Lanze gab er nun den Marschrhythmus vor. »Eure jetzige Kampfkunst reicht nicht aus, damit schafft ihr nicht einmal die Hälfte des Wegs zum Undurchdringlichen Hort. Ja, ich weiß«, beeilte er sich zu sagen, denn sofort protestierten alle hinter ihm heftig, »man wird kaum jemanden in einem regulären Heer der acht Reiche finden, der so geschickt mit Waffen umgehen kann wie ihr. Außerdem seid ihr skrupellos und unberechenbar in eurem Handeln, und das hilft euch gegen einen Feind wie die Gremlins, die auch nicht wissen, was Freundschaft bedeutet. Doch eines kennen sie mit Sicherheit: das Wesen der Völker auf dieser Welt. Morosilvo, du hast recht, dass keiner im Menschenreich und nur wenige außerhalb seiner Grenzen dir ebenbürtig sind, und kaum etwas könnte Ardrachans wütenden Zorn aufhalten, und wir wissen natürlich, dass alle einen Anschlag von dir fürchten, Farik, oder dass man mit dem Sprengstoff von Pelcus und Arinth jede Bastion dem Erdboden gleichmachen könnte. Aber das allein genügt nicht. Um sich den Gremlins entgegenzustellen, muss man ganz anders kämpfen können, und kaum jemand ist in der Lage, dieses Niveau zu erreichen – Meister Sirio hat dir auf der Insel einen Eindruck davon vermittelt, Morosilvo. Deshalb müssen wir uns eine Zeit lang an einen Ort zurückziehen, wo ihr eine Ausbildung erhalten werdet. Allerdings auch dann noch – vergesst das nie! – übersteigt eure Aufgabe im Grunde eure Kräfte. Der Ort, von dem ich spreche, ist die Festung Adamantina.«
»Adamantina!« Verächtlich wiederholte Thix Velinan den Namen und warf mit einem spöttischen Lächeln die Haare zurück.
»Doch wohl nicht etwa das sagenumwobene Adamantina! Die
unerreichbare Festung außerhalb der Grenzen von Zeit und Raum, die einem unsterblichen Wächter und seinem Drachen anvertraut wurde! Jetzt fehlt bloß noch, dass uns Kentar höchstpersönlich auf der Schwelle des Hauses willkommen heißt!« Energisch steckte er die Hände in die Taschen seines Wamses und sagte dann entschieden: »Adamantina gibt es nicht!«
»Ja, ganz recht.« Gelassen blieb der Magus stehen. Die anderen sahen ihn gebannt an, überrascht von seiner Antwort. Nur Shaka Alek starrte weiter gleichmütig vor sich hin, als ginge ihn das alles nichts an. »Adamantina existiert nicht hier und nicht jetzt; doch wenn wir diesen Ort außerhalb von Raum und Zeit erreichen werden, den der Gott Talon geschaffen hat, dann wird es ihn geben. Und auch den Wächter Dan Ree, der einst dem Volk der Menschen angehörte, ehe er auf Wunsch ebenjenes Gottes in die Festung kam und unsterblich wurde wie der weise Fèlruc, der Drache, der ihm Gesellschaft leistet. Dort werdet ihr Gegenstände und Personen finden, die euch weiterhelfen können. Und jetzt lasst uns gehen! Die Zeit drängt. Von heute an werden wir uns jeden Abend versammeln, und dann werdet ihr alles Nötige erfahren, und wir treffen gemeinsam die entsprechenden Entscheidungen. Aber von hier bis zur Festung Adamantina ist es noch ein weiter Weg, und ich fürchte, dass wir nicht schnell genug sein werden.«
Niemand widersprach ihm laut, doch Morosilvo hörte, wie unter anderem Thix und Pelcus leise protestierten, und auch er selbst war nicht gerade glücklich darüber. Er konnte es kaum ertragen, dass der Magus sie, die gefürchtetsten Schurken der acht Reiche, wie eine Horde dummer Jungen behandelte. Falls diese sagenumwobene Festung Adamantina wirklich existierte – konnte dann nicht noch mehr aus den alten Mythen und Legenden wahr sein? Vielleicht sollte er darüber nachdenken, ob es das Schwarze Idol wirklich gab? Vielleicht war es ja mehr als eine Verkörperung des Bösen? Uralte Legenden nahmen auf einmal in seinem Kopf Gestalt an und schienen ihn auf ihrem Weg
zu begleiten. Plötzlich legte sich eine schlanke, aber feste Hand auf Morosilvos Schulter, und als er sich umwandte, sah er in das schöne Gesicht von Lady Ametista.
Die Faunin musterte ihn mit ihren violetten Augen, und einen Moment lang war Morosilvo vom schillernden Farbenspiel ihrer Iris so gefangen, dass er alles um ihn herum vergaß. Nur mit einer gewissen Anstrengung gelang es ihm, wieder in die Gegenwart zurückzukehren, und nicht zuletzt half ihm dabei der fast schon schmerzhafte Griff, mit dem Ametista seinen Arm umklammerte. Die Macht der Hypnotiseurin musste wirklich groß sein, überlegte Morosilvo, wenn man sich schon in ihren beschwörenden
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