THARKARÚN – Krieger der Nacht
ertragen, obwohl auch er wusste, dass der König keine andere Wahl gehabt hatte. Dhannam hatte noch nie jemandem etwas Schlechtes gewünscht, aber jetzt hoffte er inständig, dass Thix Arnur Velinan nicht lebend von der Mission heimkehren würde und Adilean mit dem Vater ihres noch ungeborenen Kindes glücklich werden konnte, als ob das Böse nie ihren Weg gekreuzt hätte.
Er war sicher, dass der Elbenkönig mit niemandem außer ihnen beiden über das ewige Versprechen gesprochen hatte, vor allem nicht mit Amorannon Asduvarlun. Vielleicht aus Rücksicht und Fürsorge, damit der General unbelastet die Geschicke der gemeinsamen Streitmacht lenken konnte. Hätte er ihn mit der Wahrheit konfrontiert, wäre der Kopf des Oberkommandierenden nicht mehr frei für strategische Entscheidungen gewesen. Dhannam beneidete weder seinen Vater noch Alfargus oder jeden anderen, der die Aufgabe haben würde, Asduvarlun von dem ewigen Versprechen zu unterrichten.
Alfargus stürmte in Dhannams Zimmer, riss sich wütend den roten Umhang vom Körper und warf ihn auf einen Hocker, auf dem sein Bruder schon einen Haufen Kleider abgelegt hatte, die darauf warteten, in den Schrank geräumt zu werden. Dann ließ er sich auf ein kleines Korbsofa in der Ecke sinken, das unter dem Gewicht seines wuchtigen Körpers ächzte.
Wortlos nahm Dhannam zwei Kristallgläser und eine Flasche
Pfefferminzlikör aus dem Schrank, selbst wenn er bezweifelte, dass das Lieblingsgetränk der Elben seinen Bruder jetzt besänftigen konnte. Er füllte die Gläser und stellte sie auf den kleinen Korbtisch vor dem Sofa. Alfargus griff sofort zu.
»Ich weiß nicht, wie ich das ertragen soll«, stöhnte er und leerte das Glas in einem Zug. »Wie hältst du das nur aus? Ich meine natürlich diesen unsäglichen Elirion … Hast du gesehen, wie der mich angestarrt hat? Vielleicht ist er selbst noch nicht mal so übel, aber sein Vater hetzt ihn auf, da bin ich ganz sicher. Und jetzt sollen wir mit denen eine gemeinsame Verteidigungstruppe zusammenstellen? Der Magus wird mit Sicherheit gute Gründe gehabt haben, aber die Menschen werden doch alles tun, um uns Knüppel zwischen die Beine zu werfen, und unser Vater …« Er goss sich noch einmal ein. »… unser Vater ist am Ende. Ich habe ihn noch nie in einem solchen Zustand gesehen, er ist nicht mehr er selbst. Verdammt!« Heftig setzte er das Glas auf dem Tisch ab.
Dhannam erschrak und sah ihn besorgt an. »Ich wünschte, wir könnten etwas tun«, flüsterte er.
»Das wünschte ich auch«, sagte Alfargus brüsk. »Dieses verdammte Gefühl der Ohnmacht treibt mich in den Wahnsinn, verstehst du? Niemand scheint etwas ausrichten zu können. Das hat mir auch Amorannon gesagt, damals, als er das erste Mal vom Einsatz der gemeinsamen Streitmacht zurückgekehrt ist. Dieser Feind vermittelt dir einfach das Gefühl, dass du keine Chance hast. Die Gremlins sind wie Schatten, sie überfallen einen hinterrücks und töten deinen Nebenmann, bevor du sie überhaupt bemerkt hast. Und dann unser Vater! Ihn so zu sehen, ist beängstigend. Geht es dir nicht genauso?«
Dhannam legte besänftigend die Hand auf die Schulter des Bruders, aber er spürte, dass dieser viele Tausend Meilen von ihm entfernt war und er ihn nicht erreichen konnte. »Ich fühle es auch, Alfargus, aber wenn selbst du nicht stark genug bist, der Gefahr zu begegnen, wer sonst? Das macht mir Angst. Vater, General Asduvarlun und du, ihr wart immer meine Felsen in der Brandung, auf
die ich mich blindlings verlassen konnte. Immer, wenn ein Problem zu groß zu sein schien, habe ich euch angesehen und gedacht: ›Die schaffen das, sie sind unbesiegbar.‹ In eurer Gegenwart fühlte ich mich sicher. Und jetzt sehe ich euch drei schwanken. Als ich Asduvarlun heute sprechen hörte, hatte ich den Eindruck, dass auch er nur seine Furcht zu überspielen versuchte. Und wenn selbst der eiserne General Angst hat, was kommt dann auf uns zu?«
Alfargus lächelte bitter, seine Augen starrten ins Leere, während er mit einem Finger den Rand des leeren Glases entlangfuhr. »Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass es irgendetwas gibt, was Amorannon Angst einjagen könnte. Wenn ich zitterte – er war unerschütterlich wie ein Fels. Ich war überzeugt, dass Amorannon nicht wanken würde, selbst wenn die Welt bis in ihre Grundfesten erschüttert würde. Und wenn Sirdar höchstpersönlich vor ihm auftauchen und ihn mit seiner Doppelaxt dazu zwingen wollte, ihm ins Jenseits zu folgen,
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