THARKARÚN – Krieger der Nacht
blauvioletten Augen waren zu sehen. Sie schien von innen heraus zu leuchten, aber vielleicht trog der Eindruck durch den Widerschein des Feuers.
»Ich habe vor nichts Angst«, beharrte Pelcus.
»Wirklich nicht?« Ametista lächelte sanft. »Auch nicht vor einer erneuten Attacke der Gremlins? Ich wette mehr als Thix’ fünfzehn Bronzemünzen, dass sich noch etliche von denen in der Nähe herumtreiben. Noch sind wir im Schutz des Zaubers, den der Magus über die Lichtung gelegt hat, aber wie lange? Diese düsteren Gestalten kämpfen lieber in der Nacht als am Tag, und sie sind schon bei Tageslicht bedrohlich genug. Gib ruhig noch ein bisschen an, Pelcus Vynmar, aber meiner Meinung nach bist du völlig verrückt, wenn du die Gremlins nicht fürchtest.«
Pelcus sah sie an und schwieg. Ametista hatte recht, das war jedem hier klar. Allein die Erinnerung an die dunklen Kreaturen ließ bei allen ein ungutes Gefühl wieder aufleben, das weder ein loderndes Lagerfeuer noch das Bier vertreiben konnten. Doch Pelcus hätte nie zugegeben, dass ihn ein weibliches Wesen zum Verstummen gebracht hatte: Er war ein Zwerg und sah daher Frauen von Natur aus als nicht ebenbürtig an. Zwerginnen durften das Haus nur verlassen, wenn ihr Mann oder ihr Vater es für nötig hielten, und sie waren nicht einmal bei ihrer eigenen Hochzeit zugegen. Die Unabhängigkeit, die Ametista zur Schau stellte, gefiel dem Zwerg überhaupt nicht und er konnte ihr unmöglich
das letzte Wort überlassen. »Ich bin nicht verrückt«, knurrte er und setzte sich, ohne die Faunin oder Farik Rilkart eines Blickes zu würdigen. »Ich hänge an meinem Leben, keine Frage. Wer nicht? Ich möchte nie wieder auf diese Kreaturen treffen, wenn es sich vermeiden lässt, genau wie jeder von euch.«
»Das wird sich aber nicht vermeiden lassen.« Der Magus hatte das Wort ergriffen. Schweigend hatte er sich erhoben und stand nun unter ihnen. Sein roter Bart leuchtete im goldenen Schein der zuckenden Flammen, genau wie sein bodenlanges weißes Druidengewand und der grüne Umhang, den er über seinen Schultern trug. Die kunstvoll verzierte Lanze hatte er an einen Felsen hinter sich gelehnt, auch in ihrer Klinge spiegelten sich die Flammen. »Ihr werdet dazu gezwungen sein und tut gut daran, euch zu fürchten.« Thix wunderte sich über den warmen Ton in der gewaltigen Stimme. »Vor Kreaturen wie den Gremlins und vor allem vor dem, der ihnen im Hintergrund hilft und ihnen ihre Kraft zurückgegeben hat, kann man sich nicht genug fürchten. Angst ist ein wichtiger Verbündeter, denn sie weckt das Bewusstsein für Gefahr.«
»Der ihnen ihre Kraft zurückgegeben hat«, wiederholte Ametista nachdenklich. »Das bedeutet, im Weißen Stein oder im Undurchdringlichen Hort ist etwas passiert. Jemand muss den Schutzzauber durchbrochen haben, den keiner je überwinden sollte. Höchstens eines der beiden Idole wäre dazu in der Lage, wenn man es aus seinem ewigen Schlaf geweckt hätte. Hast du das gemeint? Und wenn ja, wer war es? Und wie ist es ihm gelungen ?«
Der Magus nahm wieder Platz und schüttelte seufzend den Kopf, dabei fuhren seine Fingerkuppen über den metallenen Griff der Lanze. »Ich kann nur Vermutungen anstellen, erst in Adamantina werde ich die Antwort darauf finden. Im Augenblick möchte ich nicht noch mehr Unruhe schüren, indem ich über Dinge spekuliere, die vielleicht bloß in meiner Fantasie existieren. «
Farik blickte ihn verunsichert an. »Ich dachte immer, der Magus weiß alles. Stattdessen sitzen wir hier ohnmächtig herum, bedroht von einem Feind, den wir noch nicht einmal kennen!«
Der Magus rührte sich nicht, er schien mit dem Stein verschmolzen zu sein, auf dem er saß. »Niemand weiß alles, Farik Rilkart«, erwiderte er. »Nicht einmal der Gott Sirdar selbst.«
Das Wasser des Grünen Stromes floss ruhig dahin und schwappte sanft gegen die Steine der Uferböschung der Heiligen Erde. Oberst Lisannon Seridien betrachtete gedankenverloren die irisierenden Lichtreflexe der untergehenden Sonne auf dem grünlichen Wasser. Es lag etwas Faszinierendes, gleichzeitig aber auch Bedrohliches in diesem Farbenspiel, als hätte jemand eine ölige Flüssigkeit in den Strom gegossen, die von den Fluten nicht aufgelöst werden konnte. Seridien fand diesen Effekt höchst interessant. Er hatte sich schon öfter gefragt, welche Wesen wohl in diesem Wasser überleben konnten, das für jeden anderen tödlich war. Aber im Reich der Druiden konnten die verrücktesten Dinge
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