The Acid House (German Edition)
kommen, aber er konnte nicht mehr empfinden als das anschließende Nachlassen der Spannung. Seine Frau schien bis auf ein flüchtiges Bild in seinem Kopf nicht zu existieren, und selbst das war nicht von den Bildern aus den pornografischen Filmen zu unterscheiden, bei denen er sich sonst erleichterte. Er war nie so leicht zum Höhepunkt gekommen, wenn er tatsächlich mit ihr zusammen gewesen war.
Ian Smith zwang sich dazu, wieder der Filmhandlung zu folgen. Irgendetwas in seinem Kopf schien jeden Gedankengang abzuwürgen, bevor er ihm Unbehagen bereiten konnte – eine Art psychische Qualitätskontrolle.
Smith redete auf der Arbeit nicht gerne über sein Hobby; schließlich redete er überhaupt nicht gerne. Doch eines Tages ertappte ihn Mike Flynn im Büro dabei, wie er zwanghaft in seinem Halliwell’s herummalte, und machte eine Bemerkung, die Smith nicht ganz verstand – das abfällige Gelächter seiner Kollegen bekam er jedoch mit. So aufgerüttelt, begann er plötzlich zu seiner eigenen Überraschung ganz untypisch, beinahe entfesselt, über das ganze Ausmaß seiner Leidenschaft zu schwadronieren.
– Auf Videos scheinst du ja wirklich zu stehen, sagte Yvonne Lumsden und zog dabei vielsagend eine Augenbraue hoch.
– Ich mag halt Filme, sagte Smith achselzuckend.
– Sag mal, Ian, fragte ihn Mike, – was machst du denn, wenn du alle aufgelisteten Filme gesehen hast? Was passiert, nachdem du alle abgehakt hast?
Diese Worte trafen Smith wie ein Schlag vor die Brust. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sein Herz hämmerte.
Was passiert, nachdem du alle abgehakt hast?
Julie hatte ihn verlassen, weil sie ihn langweilig fand. Sie trampte mit einem promiskuitiven Freund, den Smith als mitentscheidenden Faktor für das Scheitern seiner Ehe vage verabscheute, durch Europa. Als einziger Trost blieb ihm Julies hohes Lob für seine Manneskraft. Während es ihm immer schwergefallen war, bei einer Frau zu kommen, hatte sie Orgasmus nach Orgasmus gehabt, oft gegen ihren Willen. Anschließend fühlte Julie sich dann unzulänglich und zerbrach sich den Kopf über ihr Unvermögen, ihrem Mann diese höchste Erfüllung zu schenken. Verunsicherung siegte über Vernunft und trieb sie dazu, den Fehler bei sich zu suchen; die simple Wahrheit, dass der Mann, den sie geheiratet hatte, die Ausnahme von der Regel männlichen Sexualverhaltens war, zog sie nicht in Betracht. – War es für dich nicht schön? hatte sie ihn immer gefragt.
– War spitze, hatte Smith dann geantwortet und jedes Mal erfolglos versucht, Leidenschaft in seine Gleichgültigkeit zu legen. Dann hatte er immer gesagt: – Tja, Zeit für die Heia.
Julie hasste die Worte »Zeit für die Heia« mehr als alle anderen aus seinem Mund. Ihr wurde davon beinahe übel. Smith knipste dann die Nachttischlampe aus und war sofort fest eingeschlafen. Sie fragte sich immer, warum sie bei ihm blieb. Die Antwort gaben ihr pochendes Geschlechtsteil und ihr erschöpfter Körper; er war gebaut wie ein Hengst und konnte die ganze Nacht lang ficken.
Aber das genügte nicht. Eines Tages kam Julie lässig ins Wohnzimmer spaziert, wo Smith gerade Anstalten traf, sich ein Video anzusehen, und sagte: – Ian, ich verlasse dich. Wir passen einfach nicht zusammen. Ich meine nicht sexuell, im Bett liegt nicht das Problem. Du hast mir sogar mehr Orgasmen verschafft als jeder von den anderen … ich meine, ich will damit nur sagen, du bist gut im Bett, aber für alles andere nicht zu gebrauchen. In unserem Leben gibt es nichts Spannendes, wir reden nie … ich meine … oh, was soll’s? Ich will damit sagen, du könntest dich gar nicht ändern, selbst wenn du wolltest.
Smith antwortete gelassen: – Hast du dir das auch gut überlegt? Das ist ein ziemlich endgültiger Schritt.
Die ganze Zeit über nagte in seinem Hinterkopf die erregende Aussicht, endlich die Satellitenschüssel installieren zu können, gegen die seine Frau immer gewesen war.
Er wartete, bis ein angemessener Zeitraum verstrichen war, dann ließ er, nachdem er überzeugt war, dass sie nicht zurückkommen würde, die Schüssel anbringen.
Smiths gesellschaftliches Leben war auch vor Julies Weggang und der Anschaffung der Satellitenschüssel nicht gerade turbulent gewesen. Doch nach dem Eintritt dieser beiden Ereignisse rissen selbst seine minimalen und eher symbolischen sozialen Bindungen an die Außenwelt ab. Außerhalb der Arbeitszeit wurde er zum Einsiedler. Er hörte auf, sonntags seine Eltern zu besuchen.
Weitere Kostenlose Bücher