The American Monstershow in Germany
aufgedrückt.
Viele Zuschauer traf dieser Anblick wie ein Überfall an einer dunklen Straßenecke. Frauen kreischten auf, aber auch einige hartgesottene Kerle gaben angstvolle Geräusche von sich.
„ Eine hervorragende Maske“, lobte Jürgen. „Das ist endlich das, was ich erwartet hatte. Sieh dir nur die Wasserleiche an, man könnte sie wirklich für echt halten.“
Andreas starrte die Wasserleiche an und spürte Übelkeit aufsteigen. Ein dicker Kloß setzte sich in seinem Hals fest. Sekundenlang glaubte er, er würde daran ersticken.
„ Ich glaube, diese Schau ist nichts für mich“, gab er unumwunden zu.
„ Du nimmst das einfach zu ernst“, erneuerte Jürgen seine Belehrung. „Ist doch alles nur Theater.“
„ Bist du dir da so sicher?“ wollte Andreas fragen, aber er verkniff es sich lieber. Jürgen konnte ein beißender Spötter sein.
Die Zombies schritten mit schwerfälligen Bewegungen in der Manege herum, so als wüssten sie nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Ihre Blicke glitten über die Zuschauer in der ersten Reihe, und dabei bleckten sie die Überreste ihrer Zähne. Sie suchten Beute, etwas, woran sie ihre Bosheit auslassen konnten.
Schließlich entdeckten sie das Mädchen. Sie lag mit dem Gesicht nach unten in der Manege und rührte sich nicht. Sie war nicht tot, doch auch nicht mehr lebendig. Sie war noch kein Vampir, aber auch kein Mensch mehr. Sie hatte keine Chance, dem Grauen zu entkommen.
Langsam zogen die Zombies immer enger werdende Kreise um den Körper, der dort vor ihnen lag. Dazu setzte eine Musik ein, die an Tanzmusik amerikanischer Indianerstämme erinnerte, ungewöhnlich und erschreckend. Immer mehr näherten sich die Zombies ihrem Opfer.
Die Zuschauer blickten wie gebannt auf das Geschehen, das vor ihnen abrollte. Einige wollten sich abwenden, doch eine unsichtbare Kraft drehte ihre Köpfe zurück in Richtung auf die Manege, wo in wenigen Augenblicken etwas Unfassbares geschehen würde.
„ Sie muss sterben. Sonst wird sie zum Vampir.“ Eine unerklärliche Stimme durchdrang die Gedanken der Zuschauer. Eine Stimme von so großer Kälte und Grausamkeit, dass sich der Verstand einiger, die sie hörten, instinktiv abschottete und sie in Ohnmacht sanken, bevor der erste Zombie den Körper des Mädchens packte.
Von diesem entscheidenden Moment an ging alles weitere unglaublich schnell. Die Zombies stürzten sich gleichzeitig wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe auf ihr Opfer. Dabei begruben sie es regelrecht unter sich. Während alle nichts weiter sahen als ein Bündel kämpfender, aufgedunsener Leiber, hörte man das Knacken brechender Knochen und reißende Geräusche, so als würden lange Stoffbahnen getrennt.
Dann erhob sich ein Arm aus der Zombiemasse, die über dem Mädchen lag und hielt etwas in die Höhe wie eine Trophäe.
Schreie überall auf den Rängen waren die Antwort. Einige besonders schwach besaitete Seelen stürzten nach draußen, um sich zu übergeben. Die Zahl der Ohnmächtigen schnellte schlagartig in die Höhe. Die Trophäe, die dem Publikum präsentiert wurde, war der abgerissene Kopf des Mädchens.
Jürgen war für einen Augenblick ebenfalls entsetzt. Dann wich der Schreck der Überlegung, wie sie diesen Trick ausgeführt hatten. Es war schließlich klar, dass sie da unten keinem Menschen wirklich den Kopf abrissen. Dann ging Jürgen ein Licht auf. Die vier Zombies hatten sich so geschickt auf ihr Opfer gestürzt, dass es nicht mehr zu sehen war. Nun hatte das Mädchen die Möglichkeit, auf irgendeine ausgeklügelte Weise zu verschwinden. Irgendeiner der Zombies hatte währenddessen das verborgene Modell des Kopfes zutage gefördert, um es dem Publikum zu präsentieren. Die Atmosphäre der Show, das Licht und die Musik besorgten den Rest. Dramaturgisch und technisch eine hervorragende Leistung, aber dennoch kein Grund zur Panik.
Jürgen teilte seine Überlegungen Andreas mit, der übertrieben begeistert nickte, als er diese Erklärung der Vorgänge hörte. Jede Erklärung war ihm lieber als die, all das sei wirklich geschehen.
Während Jürgen noch über die Lösung der Zombienummer nachdachte, waren die Gehilfen in die Manege gekommen, hatten die Zombies hinausgetrieben und die Reste des Mädchens in einem Sack verstaut. Neben dem Kopf waren auch andere Körperteile durch die Zombies vom Rumpf getrennt worden. Dank der gründlichen Arbeit der Vampire war allerdings kein Blut mehr geflossen.
Das war eine Erklärung. Für Jürgen war es der
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