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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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es plötzlich Tomaten, Gurken und Pfirsiche. Offenbar hatte ich einen Obststand passiert, der hier auf einem kleinen Markt gestanden hatte. Die Tomaten klatschten auf den Asphalt, und es hörte sich an wie Ohrfeigen.
    Durch das Tosen und Heulen des Sturms hörte ich hin und wieder aufgeregte oder verzweifelte Ausrufe von Menschen. Die Katastrophe, der sie unvermittelt gegenüberstanden, ließ sie kopflos werden und in Panik verfallen. Es ist eine bekannte Tatsache, dass bei vielen Katastrophen mehr Menschen auf Grund von Panik und Fehlverhalten ums Leben kommen als durch die Katastrophe selbst.
    Ein Toupet zog seine Bahn um mich. Es flog in Augenhöhe an mir vorbei und stieg dann rasch auf. Der Anblick war so überraschend, dass ich laut und herzlich lachen musste, obwohl die ganze Situation absolut nicht komisch war.
    Ich hatte inzwischen völlig die Orientierung verloren, denn plötzlich befand ich mich auf dem Blauen Wunder. Die berühmte Brücke, eine einzigartige ingenieurtechnische Leistung, bebte unter der Kraft des angreifenden Sturms. Die Oszillation nahm sehr schnell ein beängstigendes Maß an. Ich fürchtete, die Stahlkonstruktion würde direkt unter mir zusammenbrechen und in die Elbe stürzen.
    Hastig wendete ich mich also um. Ich flüchtete jedoch in die falsche Richtung und stieß gegen ein Geländer. Im gleichen Augenblick raste vor meinen Augen eine Wasserfontäne beinahe senkrecht nach oben. Sie stieg direkt auf der Innenseite des Wirbels aufwärts. Das Wasser wurde mit der Geschwindigkeit eines Expresszuges aus dem Fluss gepumpt und in den Himmel geschleudert. Unter mir zitterte immer noch die Brückenkonstruktion. Noch hatte sie Bestand und machte ihrem Namen alle Ehre, denn dies war ein Wunder.
    Ich tastete mich zügig am Geländer vorwärts, um wieder festen Boden unter den Füßen zu gewinnen. Immer mehr Wasser zog an mir vorbei in den Himmel, den ich am oberen Ende des Wirbels als kleinen Ausschnitt sah. Es war der Blick durch den Schornstein eines Hochofens. Nur herrschte um mich herum nicht die Hitze eines Hochofens, sondern die brachiale Gewalt eines Hurrikans oder Tornados.
    Die Häuser, die ich passierte, zitterten. Türen und Fenster wurden eingedrückt oder herausgerissen. Fuhr der Sturm in die dabei entstehenden Öffnungen, leere Augenhöhlen gebleichter Schädel, setzte er das Zerstörungswerk im Inneren fort. Er warf sich mit Urgewalt gegen die Mauern und riss sie nieder. Trümmer wurden über hundert Meter weit geschleudert. Ich sah Tische und Schränke durch die Luft sausen wie Kanonenkugeln.
    Autos wurden in die Höhe gerissen. Sie standen sekundenlang senkrecht in der Luft wie Zirkusakrobaten und wurden dann weggeschleudert. Ein größerer Truck wurde zur Seite gedrückt und überschlug sich in der Luft mehrmals. Ich hörte den Fahrer in seiner Kabine schreien. Wut und Angst mischten sich zu einem eigentümlichen Tonfall.
    Dann sah ich etwas, was mir das Herz zusammenkrampfte. Ich schloss für Sekunden die Augen und hoffte, es wäre nur eine Täuschung gewesen, aber ich konnte es noch einmal für einen Moment erkennen, ehe der Wirbel es weit von sich schleuderte. Ein Gitterbett für Kleinkinder war vorbeigeflogen. Ein Kind hatte darin gekniet und sich schreiend an den Stäben festgeklammert. „Vielleicht“, so hoffte ich, „hat es sich nicht überschlagen.“
    Ich setzte meinen Weg fort. Hinter mir ließ ich einen breiten Streifen der Zerstörung zurück. Es sah aus, als sei King Kong durch Dresdens Straßen geschritten. Als hätte er seine riesigen Füße auf Häuser, Autos und Straßenbahnen gesetzt.
    Der Sturm ebbte nicht ab. Ich aber war mit meiner Kraft, vor allem mit meiner seelischen, am Ende. Die gewaltigen Zerstörungen, die indirekt durch mich ausgelöst wurden, waren einfach zu viel für meine durchschnittlichen Nerven. Ich beschloss, mich einfach an den Straßenrand zu setzen und zu warten, bis der ganze Spuk vorbei wäre.
    Als ich mich an der Bordsteinkante niederließ, wurden hinter mir Steine aus dem Pflaster des Fußweges gerissen. Wieder barsten Scheiben, und ich hörte eine Mauer einstürzen. Immer noch umgab mich das ohrenbetäubende Rauschen eines Sturmes von unvorstellbarer Geschwindigkeit.
    Der Wirbel, der mich umtanzte, enthielt inzwischen so viel Material - Trümmer, Staub, Blätter und ähnliches -, dass man wahrlich von dicker Luft sprechen konnte. Dort, direkt in der Bahn des Wirbels, wurde alles niedergewalzt oder hochgerissen, was nur irgendwie

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