The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
sie, obwohl er sich dafür haßte.
Zu seinem Entzücken hatte sie dafür jedoch nur eine verächtliche Handbewegung übrig. »Das sind ja nur Kinder. Diener, wie ihre Herren. Während Ihr fast schon ein Barde seid. Ihr werdet eines Tages jemand sein. Ihr seid schon wer! Abgesehen davon«, fügte sie scheu hinzu,
»mag ich Euch.«
Noch ein Tag Urlaub kann nicht schaden , sagte sich Kevin.
Doch aus den beiden Tagen wurden drei, dann vier.
Eine ganze Woche verstrich, dann noch eine, ohne daß Kevin Notiz davon nahm, die Zeit verging wie im Flug.
Kevin und Charina ritten gemeinsam durch das ganze Land des Grafen, spürten hübsche Lichtungen auf und entdeckten beeindruckende Ausblicke von Bergplateaus.
Er spielte für sie die Laute, wählte die romantischsten Liebeslieder aus, die er kannte, und war beinah selbst verblüfft, wie wundervoll lebendig seine Musik klang, wie kraftvoll sie war. Das ist die wahre Morgendämmerung meiner Bardenmagie, erkannte Kevin ehrfürchtig.
Und sicher hatte Charina, süß und wundervoll wie sie war, dabei geholfen, sie zu wecken. Er würde bestimmt nicht mehr lange warten müssen, bis sie vollständig aufblühte. Und dann …
Kevin lächelte, als er sich vorstellte, wie seine Lehrzeit beendet war, wie er im Triumph zu Charina zurückkehrte, nicht mehr bloß Bardling, sondern ein richtiger Barde, und als solcher fast allen Adelsrängen gleichgestellt.
»Kevin!« Sein Meister schaute ihn an, und wirkte so vorwurfsvoll, daß der Bardling vorsichtig fragte:
»Was ist los? Was habe ich getan?«
»Es geht um das, was du nicht getan hast, Kevin. Wo ist das Manuskript, Junge? Wo ist die Abschrift, die du machen solltest?«
»Ich mache sie noch, Meister, nur keine Bange.«
»Du mußt sie machen. Dein Leben hängt davon ab.
Hast du gehört, Kevin? Dein Leben hängt davon ab.«
»Nein, ich …«
»Nein!«
Kevin öffnete ruckartig die Augen und starrte auf die steinerne Decke über seinem Kopf. Was …? Wo …?
Ein Traum, begriff er schließlich und sank erleichtert auf das Kissen zurück. Er war in der Knappenunterkunft auf Graf Volmars Burg und hatte bloß einen Traum gehabt.
Auch wenn der einen Funken Wahrheit enthält, dachte Kevin unbehaglich. Habe ich wirklich meine Pflichten seit … Wie lange war es her? Der Bardling addierte im Kopf die Tage und schnappte nach Luft, als ihm klarwurde, daß er seit fast zwei Wochen nicht mehr an das Manuskript gedacht hatte.
Er sprang auf, überwältigt von Schuldbewußtsein, und rang erneut nach Luft.
Irgend jemand hatte in der Nacht seine Habseligkeiten gründlich durchwühlt.
Meine Laute!
Zu seiner ungeheuren Erleichterung war der Laute nichts geschehen, obwohl ihr Koffer geöffnet war.
Doch was ist mit der Kopie des Manuskripts? Wenn jemand sie gestohlen hat …
Der Bardling kniete sich hastig vor seine Kleiderkiste.
Seine Kleider waren überall verstreut, doch anscheinend fehlte nichts. Plötzlich wurde Kevin vorsichtig und griff absichtlich nicht nach den Satteltaschen. Statt dessen ließ er die Hand unauffällig in die Geheimtasche gleiten, für den Fall, daß er beobachtet wurde, während er so tat, als durchwühle er nur seine Kleider.
Ah! Die Pergamentbögen waren noch da, anscheinend unentdeckt.
Der Bardling richtete sich auf und schaute zu den Knappen hinüber. »Also gut, welcher Witzbold ist auf diese Idee gekommen?«
»Schaut euch nur den armen kleinen Jungen an«, höhnte jemand. »Er muß schlafgewandelt sein.«
»Schlafgestöbert, meinst du wohl!« schrie ein anderer.
»Wie ein lumpensammelnder Kleinbauer!«
Die Knappen brachen in grölendes Gelächter aus, und Kevin wandte sich angewidert ab. Er würde nicht herausfinden, welcher von ihnen der Spaßvogel gewesen war, nicht, ohne sich mit dem ganzen Pack anzulegen. Was wahrhaft dumm wäre. Jeder von diesen Possenreißern trainierte täglich den Kampf. Auch wenn Kevin nur allzugern das Grinsen von einigen dieser höhnischen Visagen gewischt hätte, war er schon zu lange Bardling, um zu riskieren, sich in einem Streit die Hände zu verletzen.
Vor allem nicht jetzt, wo seine Magie aufzublühen begann.
Ich wünschte, ich könnte sie wirklich anwenden! Dann würden wir ja sehen, wer zuletzt lacht!
Nein! Ein richtiger Barde nutzte seine Talente nie, um anderen Schaden zuzufügen.
In der Hölle sollen sie schmoren!
Kevin preßte frustriert die Kiefer zusammen und machte sich daran, seine Habseligkeiten wieder einzuräumen. Als er fertig war, hatte er den Saal
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