The Black Club, London - 3
Tier verstärkte sich, als handele es sich um eine Stoffpuppe. Er brachte es zu Boden. Ein Knie drückte er gegen die Kehle, sodass ein ersticktes Röcheln zu hören war.
Dann geschah etwas sehr Eigenartiges.
Cedric streckte der Wolfsfratze sein Gesicht entgegen. Er flüsterte ihr etwas zu, das Libba nicht verstehen konnte. Daraufhin fiel die tierische Gestalt von der Frau ab. Kraftlos lag sie in ihrem hautengen schwarzen Dress unter Cedric. Seine Lippen näherten sich ihrem Hals.
Libba meinte fast, er wolle die Frau küssen. Sekunden später sah sie die spitzen Zähne, die aus seinem Mund ragten und sich in die Halsbeuge seines Opfers bohrten.
Blutsauger und Schreckgestalten
Libba wurde übel, als sie erkannte, dass Cedric vor ihren Augen einer Frau das Blut aussaugte. Anschließend hob er die schlaffe Gestalt mit beiden Armen hoch, ging auf das nächste Fenster zu und warf sie hinaus.
Geschockt fuhr Libba in ihrem Sessel hoch. Sicher hatte sie erkannt, dass ihre Peinigerin kein Mensch war, und sie wusste, dass sie Cedric töten wollte, trotzdem machte ihr seine rohe Gewalt Angst. Wozu war er noch imstande?
„Du hast keinen Grund, dich zu fürchten“, versuchte er sie zu beruhigen. „Dir droht keine Gefahr. Nicht von mir.“
Libba bekam ihre Hände frei, und das erste, was sie tat, war aufzuspringen und sich auf Cedric zu stürzen, bevor er ihr zuvorkam.
„Was bist du?“ Sie trommelte mit den Fäusten gegen seinen Oberkörper und schrie sich beinahe die Seele aus dem Leib. Sie hatte Angst. So sehr, dass sie glaubte, sterben zu müssen.
Cedric quittierte ihre Schläge mit einem halbherzigen Lächeln. Offenbar störte ihn der Angriff nicht im Geringsten.
„Libba, das hat doch keinen Sinn.“ Seufzend fasste er sie bei den Schultern und wollte sie von sich schieben. Aber sie hörte nicht auf. Wieder und wieder wurde er von ihren Fäusten getroffen, bis sie nach einigen Minuten genug hatte und weinend gegen seine Brust sank.
Es kam ihr eigenartig vor, von ihm umarmt zu werden. Sie spürte seine Verwirrung und sein Unverständnis in seinen Berührungen. Zwar streichelten seine Hände über ihren Rücken, doch sein Körper wirkte steif und ohne jede Wärme.
Libba mühte sich erfolglos um Beherrschung. Sie war überwältig von Selbstvorwürfen, denn immerhin trug sie die Schuld am Tod einer Wolfsfrau.
„Sie ist nicht tot“, sagte er.
„Was?“ Ihr Kopf fuhr ruckartig zurück. Mit dem Handrücken wischte sie die Tränen fort, so gut es ging.
„Ich habe nur laut gedacht.“
„Nein, hast du nicht.“ Libba löste sich von ihm. Sie machte einen Schritt zurück und beäugte ihn kritisch. „Du hast gesagt, sie ist nicht tot.“
„Habe ich das?“ Er gab den Ahnungslosen, zuckte mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Miene gaukelte ihr vor, dass ihn kein Wässerchen trüben konnte.
„Du hast sie gebissen und ihr Blut getrunken. Und danach hast du sie aus dem Fenster geworfen. Wir sind im dritten Stock. Wie soll sie das überlebt haben?“
Cedric winkte ab. „Das verstehst du nicht.“
In ihrem Kopf setzte ein unerträgliches Pochen ein. Wollte er ihr etwa nicht die Wahrheit erzählen?
Sie stampfte mit dem Fuß auf. „Hör auf damit. Erzähl mir endlich, was hier los ist.“
Bevor sie erneut anfangen konnte, ihm gegen den Brustkorb zu trommeln, hielt er ihre Arme fest und sah ihr tief in die Augen.
„Ich bin ein Vampir, Libba.“
„Ja, klar.“ Ihr übertriebenes Lachen demonstrierte, wie lächerlich sie ihn fand, und beleidigte ihn.
Er war es gewohnt, dass man sein Wesen und vor allem sein Alter mit Respekt betrachtete. Allenfalls liefen die Menschen panisch vor ihm davon, aber sie machten sich nicht über ihn lustig.
„Das ist kein Scherz. Ich lebe durch die Nacht und ich trinke euer Blut. Du wirst kaum jemanden finden, der schon länger auf dieser Erde wandelt als ich. Ich bin ein Vampir.“
Aber Libba wollte nicht aufhören. Sie ließ sich in den Sessel zurückfallen und schüttelte ungläubig den Kopf. Vor Lachen standen ihr mittlerweile die Tränen in den Augen. Welcher normale Mensch würde schon so etwas Verrücktes glauben? Vampire. Eine uralte Erfindung der Menschheit, die sich womöglich ihre Angst vor der Dunkelheit nicht anders erklären konnte.
Cedric packte die Wut. Er wuchs über seine Gestalt hinaus. Sein Schatten schoss in die Höhe. Die Konturen seiner Krähenschwingen streckten sich in überdimensionaler Weite von seinem Körper zu den
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