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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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blieb, kroch ich in den kühlen, dunklen Tunnel. Der Wächter zog hinter uns das Tor zu. »Immer weiter.«
    Ich gehorchte. Am Ende der Röhre schloss sich eine schlanke Hand um meinen Arm. Als ich aufblickte, erkannte ich Michael. Eine einzelne Kerze beleuchtete sein Gesicht. Der Wächter kroch hinter mir aus dem Tunnel.
    »Zeig du es ihr, Michael. Es ist dein Werk.«
    Michael nickte und signalisierte mir mitzukommen. Wieder tauchten wir in die Dunkelheit ab, bis er einen Schalter umlegte, und Licht anging, das einen großen, unterirdischen Raum erfüllte. Nachdenklich musterte ich das helle Leuchten, um zu ergründen, was mir daran so seltsam vorkam. Dann begriff ich.
    »Elektrizität.« Wie gebannt starrte ich auf die Lampe. »Hier gibt es keinen Strom. Wie hast du … ?« Michael lächelte.
    »Offiziell kann die Stromversorgung nur in einer der Residenzen wiederhergestellt werden, in Balliol. Dort findet während der Knochenernten die Koordination zwischen den Rotjacken und dem Archonitat in Westminster statt«, erklärte der Wächter. »Jene Residenz verfügt über eine moderne elektrische Verkabelung. Und zum Glück trifft das auch auf Magdalen zu.«
    Michael führte mich in eine Ecke, wo unter dickem Samtstoff ein rechteckiges Objekt verborgen war. Als er die Abdeckung wegzog, riss ich erstaunt die Augen auf. Sein ganzer Stolz entpuppte sich als Computer. Ein schrecklich veraltetes Modell, vermutlich ungefähr aus dem Jahr 2030 – aber es war ein Computer . Eine Verbindung zur Außenwelt.
    »Den hat er in Balliol gestohlen«, informierte mich der Wächter. Die Andeutung eines Lächelns huschte über seine Lippen. »Er hat es geschafft, die Stromversorgung dieses Gebäudes zu reparieren und eine Verbindung zu einer Satellitenstation von Scion herzustellen.«
    »Klingt ja fast so, als wärst du ein Technikgenie, Michael.« Ich setzte mich vor den Computer. Michael gestattete sich ein schüchternes Grinsen. »Wozu benutzt ihr ihn?«
    »Wir gehen nicht oft das Risiko ein, den Strom einzuschalten. Aber wir haben damit den Verlauf der XX . Knochenernte verfolgt.«
    »Darf ich es sehen?«
    Michael beugte sich über meine Schulter und öffnete einen Ordner mit dem Namen MAHONEY , PAIGE EVA , 07- MÄRZ -59. Ein Video wurde abgespielt, das offenbar aus einem Helikopter aufgenommen worden war. Die Kamera zoomte mein Gesicht heran. Ich rannte gerade über die Dächer und sprang dann von der Kante auf ein anderes Gebäude zu. Der Abgrund schien unüberwindlich zu sein, und unwillkürlich hielt ich den Atem an, doch das Mädchen auf dem Bildschirm schaffte es. Der Pilot rief: »Fluxt sie!« Im nächsten Moment fiel ich ungefähr fünfzehn Meter tief, bevor die Leine sich zwischen meinem Körper und dem Rucksack verhakte. Meine bewusstlose Gestalt hing dort wie eine Leiche. Der NVD -Kameramann lachte atemlos. »Beim Barte von Weaver«, sagte er. »Das kleine Miststück hat echt mehr Glück als Verstand.«
    Das war alles.
    »Wie nett«, sagte ich.
    Michael klopfte mir tröstend auf die Schulter.
    »Wir waren enttäuscht, dass du ihnen nicht entkommen bist«, sagte der Wächter, »aber auch erleichtert, dass du überlebt hast.«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. »Habt ihr ein paar Freunde eingeladen, um euch die Show gemeinsam anzusehen?«
    »In gewisser Weise.«
    Er stand auf und fing an, in dem Keller auf und ab zu wandern. »Und was soll ich jetzt tun?«, fragte ich.
    »Ich gebe dir die Gelegenheit, einen Hilferuf abzusetzen.« Als ich ihn nur verständnislos ansah, präzisierte er: »Kontaktiere die Sieben Siegel.«
    »Auf keinen Fall, dann wird Nashira sie erwischen«, protestierte ich. »Sie will Jaxon unbedingt in die Finger kriegen. Ich werde ihn nicht einmal in die Nähe dieser Stadt lotsen.«
    Das schien Michael zu enttäuschen, denn sein Lächeln verschwand. »Lass sie wenigstens wissen, wo du dich aufhältst«, schlug der Wächter vor. »Nur für den Fall, dass alles schiefgeht.«
    »Für den Fall, dass was schiefgeht?«
    »Dein Gefangenenaufstand.«
    »Mein Gefangenenaufstand?«
    »Jawohl.« Der Wächter drehte sich zu mir um. »Du hast mich nach der Bahnverbindung gefragt. In der Nacht der Zweihundertjahrfeier wird die Bahn eine große Gruppe von Scion-Abgesandten aus der Zitadelle hierher bringen. Und sie auch wieder nach London zurücktransportieren.«
    Langsam begriff ich. »Wir können nach Hause«, flüsterte ich. Eine fast unfassbare Vorstellung. »Wann?«
    »Am Abend des ersten September.« Er setzte sich

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