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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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vielleicht durchzählte, um sicherzugehen, dass ich gehorchte. Andererseits konnte ich sie auch einfach wegwerfen.
    Ich drückte aus jeder Blisterpackung eine heraus – rot, weiß, grün. Nirgendwo gab es ein Etikett.
    Diese Stadt war voller nicht-menschlicher Wesen, voller Dinge, die ich nicht verstand. Vielleicht sollten diese Pillen mich ja vor irgendetwas schützen: Gifte, Strahlung, eventuell diese Kontamination, vor der Scion gewarnt hatte. Wer weiß, ob das nicht doch der Wahrheit entsprach. Vielleicht sollte ich sie nehmen. Letzten Endes würde ich es sowieso tun müssen, wenn er zurück war.
    Aber jetzt war er nicht hier. Er konnte mich nicht sehen. Ich spülte die drei Tabletten im Waschbecken runter. Sollte er doch an seiner Medizin ersticken.
    Als ich die Klinke der Zimmertür drückte, war sie nicht verschlossen. Ich schritt die Steintreppe hinab und kam wieder in den Kreuzgang. Dieses Gebäude war einfach riesig. Der Junge in Rot, der am Tor zur Straße gestanden hatte, war nun durch ein knochiges Mädchen mit roter Nase und schmutzig-blonden Haaren ersetzt worden. Als ich mich näherte, blickte sie von ihrem Tresen auf.
    »Hallo«, begrüßte sie mich. »Du bist bestimmt neu hier.«
    »Ja.«
    »Tja, du beginnst deine Reise an einem wundervollen Ort. Willkommen in Magdalen, der besten Residenz in Sheol I. Ich bin XIX -49–33, der Nachtportier. Was kann ich für dich tun?«
    »Du könntest mich rauslassen.«
    »Hast du eine Genehmigung?«
    »Ich weiß nicht.« Und es war mir auch egal.
    »Okay, ich sehe mal nach.« Ihr Lächeln wurde etwas angespannt. »Würdest du mir deine Nummer nennen?«
    » XX -59–40.«
    Das Mädchen konsultierte ihr großes Buch. Als sie die richtige Seite gefunden hatte, sah sie mich mit großen Augen an. »Du bist die, die der Wächter aufgenommen hat.«
    Ja, »aufnehmen« konnte man es auch nennen.
    »Er hatte noch nie einen menschlichen Mitbewohner«, fuhr sie fort. »Das machen nicht viele von denen hier in Magdalen. Hier leben vor allem Rephs, ein paar mit menschlichen Assistenten. Du hast wirklich Glück, dass du bei ihm wohnst, weißt du.«
    »Hat man mir gesagt, ja«, erwiderte ich. »Ich hätte da noch ein paar Fragen zu dem Ganzen hier, würdest du … ?«
    »Schieß los.«
    »Wo kriege ich etwas zu essen?«
    »Der Wächter hat diesbezüglich eine Nachricht hinterlassen.« Sie drückte mir eine Handvoll stumpfer Nadeln, billiger Blechringe und Fingerhüte in die Hand. »Hier, das sind Numa. Die Clowns brauchen die immer. An den Buden draußen kannst du sie gegen Essen eintauschen – es gibt hier eine Art inoffizielle Siedlung, weißt du – , aber die Sachen sind nicht besonders gut. Ich würde warten, bis dein Hüter dich verpflegt.«
    »Wird er das denn tun?«
    »Vielleicht.«
    Damit war das dann auch geklärt. »Wo ist diese Siedlung?«
    »Auf der Broad Street. Erste Querstraße rechts, dann die erste links. Ist nicht zu übersehen.« Sie blätterte eine Seite in ihrem Buch um. »Denk dran, dass du dich an öffentlichen Orten ohne Genehmigung nicht hinsetzen darfst, ebenso wenig darfst du die Wohnquartiere betreten. Trage nie etwas anderes als deine Uniform. Und du musst auf jeden Fall vor Sonnenaufgang zurück sein.«
    »Warum das?«
    »Na ja, die Rephs schlafen tagsüber. Und du weißt ja sicher, dass Geister nach Sonnenuntergang leichter zu sehen sind.«
    »Was die Ausbildung erleichtert.«
    »Ganz genau.«
    Okay, dieses Mädchen war mir definitiv unsympathisch. »Hast du eigentlich einen Hüter?«
    »Ja, aber er ist im Moment nicht hier.«
    »Wo ist er denn?«
    »Weiß ich nicht. Aber er hat sicherlich einen wichtigen Grund für seine Abwesenheit.«
    »Verstehe. Danke.«
    »Gern geschehen. Eine schöne Nacht noch. Und denk dran«, fügte sie hinzu, »nicht über die Brücke gehen.«
    Na, bei der war die Gehirnwäsche erfolgreich gewesen. Ich lächelte und wandte mich dann zur Tür.
    Als ich auf die Straße trat, bildete mein Atem bereits weiße Wolken. Wo war ich da nur reingeraten? Der Wächter . Sein Name wurde nur geflüstert, im ehrfurchtsvollen Ton eines Gebets oder einer Verheißung. Wie unterschied er sich denn von den anderen? Und was genau war ein Blutsgefährte ? Ich schwor mir, das später genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber erst mal musste ich essen. Und anschließend Seb suchen. Wenigstens hatte ich einen Schlafplatz, wenn ich zurückkam. Er hatte da vielleicht weniger Glück gehabt.
    Feiner Nebel lag in der Luft. In dieser Stadt schien es

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