The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
Schattenspieler auf Kindergeburtstagen aufzutreten.«
»Hey, das ist cool. Du wirst dich vor Aufträgen bestimmt kaum retten können.« Ich weiß selbst nicht, warum, aber plötzlich finde ich diesen verpickelten Typen, der davon träumt, auf Kindergeburtstagen Schattenfiguren an die Wand zu werfen, total süß. Vielleicht weil er so ganz anders ist als die Leute auf der Castlebury High.
Als Maggie wieder im Wagen sitzt und wir auf die Hauptstraße abbiegen, forme ich mit der Hand die Silhouette eines bellenden Hundes.
Maggie wirft mir einen besorgten Blick zu. »Seit wann machst du Schattenfiguren?«
Seit du beschlossen hast, Sex zu haben und mir nichts davon zu sagen, würde ich am liebsten antworten. Aber ich verkneife mir den Seitenhieb und zucke bloß mit den Schultern.
Ein paar Minuten später wird uns klar, warum wir so lange gebraucht haben, um die Praxis zu finden. Sie liegt in einer ganz gewöhnlichen Wohnstraße und das Haus sieht völlig unaufällig aus – klein, blau, mit einer rot lackierten Tür. Erst als wir in die Einfahrt einbiegen, entdecken wir seitlich eine zweite Tür, neben der ein Schild mit der Aufschrift »Praxis« hängt.
Ich will gerade aus dem Wagen steigen, als Maggie plötzlich Panik bekommt. »Ich schaf das nicht«, jammert sie und legt die Stirn aufs Lenkrad. »Ich kann da nicht reingehen.«
Keine Ahnung, wie oft ich mit Maggie schon in diesem Cadillac saß und sie sich aus irgendeinem Grund weigerte auszusteigen, aber dieses Mal kann ich sie nur allzu gut verstehen. Wir alle kennen diese Momente im Leben, in denen wir uns wünschen, die Zeit anhalten zu können, weil wir genau spüren, dass nach diesem nächsten Schritt nichts mehr so sein wird, wie es war.
»Hey, weißt du was?« Ich streichle ihr beruhigend über den Rücken. »Ich geh da jetzt einfach kurz rein und schau mir die Praxis mal an. Wenn alles vertrauenswürdig aussieht, komme ich dich holen. Und wenn ich in fünf Minuten nicht wieder zurück bin, rufst du die Polizei.« Das mit der Polizei sollte natürlich bloß ein Witz sein, aber Maggie kann darüber ofensichtlich nicht lachen.
An der Tür klebt ein Zettel, auf dem »Bitte laut klopfen« steht. Ich klopfe laut. Und zwar so laut, dass mir danach die Fingerknöchel wehtun.
Die Tür geht einen Spaltbreit auf und eine Frau mittleren Alters in einem weißen Kittel steckt den Kopf heraus. »Ja, bitte?«
»Meine Freundin hat einen Termin bei Ihnen.«
»Worum geht es?«, fragt sie.
»Sie will sich die Pille verschreiben lassen«, flüstere ich.
»Sind Sie die Freundin?«
»Ich? Wieso ich?«, frage ich entgeistert. »Meine Freundin wartet im Wagen.«
»Dann sagen Sie ihr, dass sie schnell reinkommen soll. Der Doktor hat heute alle Hände voll zu tun.«
»In Ordnung. Ja. Okay.« Ich stehe da und nicke wie eine dieser Wackelfiguren, die Truckfahrer sich gern aufs Armaturenbrett stellen.
Die Frau seufzt. »Also entweder Sie holen jetzt Ihre Freundin oder kommen selbst rein.«
Ich drehe mich um und gebe Maggie hektisch Zeichen. Und dann geschieht ein kleines Wunder: Sie steigt tatsächlich aus.
Die Frau führt uns in einen winzigen Warteraum, der aussieht, als wäre er früher mal ein Esszimmer gewesen. Zumindest lässt die Tapete darauf schließen – sie ist mit Teekesseln
bedruckt. Um einen Couchtisch aus Holzimitat, auf dem merkwürdigerweise mehrere Ausgaben des Highlights Magazines – einer Kinderzeitschrift – liegen, sind sechs Klappstühle aus Metall gruppiert. Auf einem von ihnen sitzt ein Mädchen, das etwa in unserem Alter ist.
»Der Doktor hat gleich Zeit für Sie«, sagt die Sprechstundenhilfe zu Maggie und verlässt den Raum.
Nachdem wir uns gesetzt haben, schaue ich verstohlen zu dem Mädchen rüber, das meinen Blick feindselig erwidert. Ihre Haare sind vorne kurz geschnitten und im Nacken lang. Die Augen hat sie mit schwarzem Eyeliner umrandet, der so weit in die Schläfen gezogen ist, dass es aussieht, als hätten ihre Augen Flügel und könnten jeden Moment davonflattern. Sie hat einen ziemlich harten und fiesen Zug im Gesicht, der in seltsamem Kontrast zu dem unglücklichen Ausdruck in ihren Augen steht. Ich versuche ein Lächeln, aber sie starrt nur böse zurück, als würde sie mir am liebsten eine kleben, und greift dann nach einer der Zeitschriften.
Ein paar Sekunden später legt sie das Heft wieder zurück und blafft: »Was glotzt du so?«
»Tu ich doch gar nicht.« Mir fehlt einfach die Energie, mich schon wieder mit einem
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