The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
Hand auf die Sprechmuschel. »Was willst du?«
»Hast du meine Tasche gesehen?«
»Welche Tasche«, fragt sie, ohne mich anzuschauen, was ich als Anzeichen von schlechtem Gewissen deute. »Deine Ledersatteltasche? Ich glaube, die liegt in der Küche.«
»Moms Handtasche.«
»Keine Ahnung, wo die sein soll«, sagt sie betont unschuldig. »Schließt du die nicht immer in deinem Schrank ein?«
»Da ist sie nicht.«
Dorrit zuckt mit den Achseln und hebt den Hörer wieder ans Ohr.
»Was dagegen, wenn ich dein Zimmer durchsuche?«, frage ich.
»Tu dir keinen Zwang an.« Falls sie die Tasche irgendwo hier versteckt hat, ist sie wirklich ganz schön abgebrüht.
Ich schaue in ihrem Kleiderschrank, ihrer Kommode und unter dem Bett nach. Nichts.
»Siehst du? Hab ich dir doch gleich gesagt«, sagt Dorrit triumphierend, doch mir entgeht nicht, dass ihr Blick kurz zu dem riesigen Plüschpandabären huscht, der auf dem Schaukelstuhl in einer Ecke des Zimmers sitzt. Mom und Dad haben uns immer erzählt, ich hätte ihn ihr geschenkt, als sie auf die Welt kam.
»Oh nein, Dorrit.« Ich schüttle den Kopf. »Sag bloß, du hast …?«
»Wag es ja nicht, Mr Panda anzurühren!«, schreit sie, lässt den Telefonhörer fallen und springt vom Bett. Ich schnappe mir den Panda und renne aus dem Zimmer.
»Gib ihn wieder her«, faucht Dorrit.
»Warum? Hat Mr Panda vielleicht irgendwas zu verbergen?«
»Nein!«
»Das wollen wir doch mal sehen.« Auf dem Rücken des Stoffbären ertaste ich einen langen Schlitz, der sorgfältig mit Sicherheitsnadeln verschlossen ist.
»Was ist denn hier los?« Missy kommt angerannt. Von ihren Beinen tropft Rasierschaum.
»Das ist los«, sage ich und biege die Sicherheitsnadeln auf.
»Nicht, Carrie. Bitte!«, fleht Dorrit, als ich in die Öffnung greife. Als Erstes ziehe ich ein silbernes Armband heraus, das ich schon seit Monaten vermisse. Danach kommt eine kleine Pfeife zum Vorschein, und zwar eine, mit der man garantiert nicht bloß Tabak raucht. »Die gehört mir gar nicht«, heult Dorrit. »Ehrlich nicht. Ich verstecke sie bloß für meine Freundin Cheryl.«
»Na klar.« Ich reiche die Pfeife kopfschüttelnd an Missy weiter. Und im nächsten Moment schließen sich meine Finger um weiches Leder. »Ha!«, rufe ich, ziehe Moms Handtasche aus Mr Panda heraus und lege sie aufs Bett. Keine von uns sagt etwas – wir sind zu fassungslos.
Die Tasche ist total ruiniert. Die komplette Vorderseite mit dem hübschen Reißverschlussfach, in dem meine Mutter immer ihr Scheckbuch und ihre Kreditkarten aufbewahrte, ist mit pinkfarbenen Lackflecken gesprenkelt. Zufälligerweise ist es genau dasselbe Pink wie auf Dorrits Fingernägeln.
Ich bin so geschockt, dass ich keinen Ton herausbringe.
»Mein Gott, Dorrit! Wie konntest du nur?«, schreit Missy. »Das war Moms Tasche. Warum musstest du ausgerechnet Moms Tasche so einsauen?«
»Warum musste Mom ihre ganzen Sachen ausgerechnet Carrie schenken?«, schreit Dorrit zurück.
»Hat sie gar nicht«, sage ich und bin selbst überrascht, wie ruhig und vernünftig ich mich anhöre.
»Mom hat Carrie die Tasche vererbt, weil sie die Älteste von uns ist«, sagt Missy.
»Das stimmt nicht«, schluchzt Dorrit. »Sie hat sie ihr vererbt, weil sie Carrie am liebsten hatte.«
»Das ist nicht wahr, Dorrit …«
»Und ob das wahr ist! Mom wollte, dass Carrie genauso wird wie sie! Und jetzt ist Mom tot und Carrie lebt!« Ihre Stimme überschlägt sich fast.
Dorrit stürmt davon und ich breche in Tränen aus.
Es soll ja Frauen geben, die hübsch aussehen, wenn sie weinen, so wie die Südstaatenschönheiten in »Vom Winde verweht«. Aber wenn ich weine, dann schwillt mein Gesicht an, meine Nase läuft und ich bekomme nur noch stoßweise Luft.
»Was würde Mom bloß dazu sagen?«, frage ich Missy und wische mir die Tränen von den Wangen.
»Na ja, vielleicht ist es ja besser, dass sie jetzt nichts mehr dazu sagen kann«, sagt Missy mit schiefem Lächeln.
Ha. Was wäre die Welt ohne Galgenhumor.
»Es ist ja bloß eine Tasche, stimmt’s?« Ich lache schluchzend. »Nichts weiter als ein Gegenstand.«
»Weißt du was? Ich finde, wir sollten Dorrit einen Denkzettel verpassen und Mr Panda pink anmalen«, schlägt Missy plötzlich vor. »Sie hat ein Fläschchen pinkfarbenen Nagellack offen
im Schränkchen unter dem Waschbecken stehen gelassen. Ich hätte es vorhin fast umgeworfen, als ich den Rasierschaum rausholen wollte.«
Ich stürze ins Badezimmer.
»Was hast du
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