The Cocka Hola Company: Roman
drücke, so fest ich kann, rutsche im Schneematsch nach hinten aus und schlage hin, mein Gesicht ratscht am Holz der Tür entlang. Ich hänge mit beiden Händen bogenförmig an der Türklinke auf den Bürgersteig. Ich höre mein Herz so schnell in den Schläfen schlagen, dass ich nicht mehr mitzählen kann, es prügelt mehr, als dass es schlägt, BAMBAMBAMBAMBAM. Ich denke: Jetzt sterbe ich sowieso, da ist auch egal, wie. Aber als ich den Kopf nach links werfe und sehe, wie sich Kapuze und Zopfkopf mit hängenden Zungen um die Ecke schleppen, rasselt drinnen ein Schlüssel im Schloss. Die Tür schlägt auf, sobald der Schlüssel sich gedreht hat. Ich rapple mich hoch. Wilden Blicks sehe ich die Rettung, aber der Rentner, der da aufgesperrt hat, zieht sich zurück, lehnt sich gegen die Tür und versucht sie zuzuschieben, mit hektischen Bewegungen und hysterischem Blick, wie für alte Leute in Stresssituationen typisch. Ich hasse alte Leute. Zum Glück hat der alte Sack nicht viel Kraft. Sobald ich den rechten Fuß richtig hinstellen kann, drücke ich die Tür ohne weitere Probleme auf und zerre den Alten an seinem Schal auf die Straße. Ein heiseres Ächzen kommt aus seiner Kehle, als der Schal sich zuzieht. Ich weiß nicht, ob er hinschlägt oder was, ich schmeiße die Tür zu und höre, wie keine Sekunde später Kapuze und Zopfkopf mit doppeltem Wumms versuchen, sie aufzudrücken. Sie schreien und werfen sich mehrmals dagegen. Ich lehne gekrümmt an der Wand, stöhne sabbernd, schaue auf die Tür und kann nicht glauben, dass sie hält. Aber sie hält. Es ist dunkel im Hauseingang, jedes Mal, wenn sie von draußen dagegenrennen, blitzt der kleine Spalt Tageslicht unten auf. Dann verändern sich die Negerstimmen, statt auf Eingeborenesisch zu brabbeln, rufen sie Kommandos auf gebrokken Norsk. Sie wollen den Rentner zwingen, ihnen aufzuschließen. Ich rolle mich von der Wand ab und stolpere auf den Hinterhof. Meine Arme und Beine sind wie gelähmt. Auf der anderen Seite des Hofes, in der Jacob Steenbuchsgate, schaue ich zurück und sehe, dass das Trio vor Nr. 16 die Tür noch nicht wieder auf hat. Ich höre Geschrei und Röcheln und dumpfe Aufschläge. PapaHans und Sonja wohnen in Nr. 64, noch 50 Meter den Sommervei hoch. Ich klingele Sturm, bis ich Simpels genervte Stimme höre. Ich stöhne meinen Namen, die Tür macht bzzzz und ich plumpse in den Hausflur.
BEI CASCO KURZ VOR DEM INFOMEETING
Casco, der bei dem bevorstehenden Infomeeting (um ein Uhr) die eine oder andere Unannehmlichkeit erwartet, ertappt sich bei ein paar kurzen Seufzern, als Speedo seine Informationen zu Ort und Zeit fertiggeschnieft hat. Casco überdenkt den Vorfall bei dem COCKA-HOLA-Dreh und legt sich ein paar Argumente zurecht, die ihm als Beweiskette für seine Unschuld und Tiptops Schuld dienen: 1. Tiptop war’s. 2. Das kann ich beweisen. 3. DESIREVOLUTION besitzt diverse Videoaufnahmen, die das bezeugen. 4. Regisseur, Produzent und zwei Kameramänner haben es mit angesehen. 5. (Falls das mit dem Blickkontakt aufgebracht wird) Dass wir Blickkontakt hatten, kann nicht als Ursache des Vorfalls gewertet werden. 6. Ich bin nicht homosexuell. 7. Ich habe sofort versucht, mich aus Tiptops oraler Umklammerung zu befreien, als mir klar wurde, was da lief. 8. Hinterher habe ich mich nicht gut gefühlt (Lüge). 9. Das hatte ich in keinster Weise geplant. 10. Und selbst wenn es geplant gewesen wäre, hätte ich trotzdem nie gewagt, so was vor den Augen meines Vaters zu tun. 11. Ich finde den Vorfall bedauerlich und bin ebenfalls ganz der Meinung, Tiptop hätte es nicht so weit kommen lassen dürfen. Casco hat sich selber rasch überzeugt, dass er, diese Trümpfe in der Hand, aus dem Schneider ist.
Die Aufnahme vor zwei Wochen war der letzte Take. Die Szenen werden in chronologischer Reihenfolge aufgenommen, um dem Regisseurpeter die Arbeit zu erleichtern; er ist nicht übermäßig begabt, aber multifunktionell einsetzbar und macht auch den Schnitt selber fertig. Da Casco von R-Peter nichts gehört hat, geht er davon aus, dass genügend Rohmaterial für den Schnitt vorliegt, auch wenn die Aufnahme abgebrochen wurde, nachdem Tiptop an Horatias Gesicht vorbei ejakuliert hatte.
Merkwürdiger ist da schon, dass PapaHans nichts von sich hat hören lassen, seitdem er aufgestanden war und sich vom Set entfernt hatte. Ebenso merkwürdig wie die Tatsache, dass er Simpel gegenüber offenbar nichts erwähnt hat. Und auch Sonja gegenüber nicht. Casco hat sich
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