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The Cocka Hola Company: Roman

The Cocka Hola Company: Roman

Titel: The Cocka Hola Company: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matias Faldbakken
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darüber in der letzten Zeit einige Gedanken gemacht und ist schließlich zu der Meinung gelangt, vor allem, wo er nun zu dem Meeting einbestellt worden ist, dass PapaHans sich die saftige Rüge aufsparen und sie erst jetzt, beim Infomeeting, voller Schadenfreude loslassen wollte. Nichts kommt PapaHans’ Vorliebe für peinliche Situationen gleich. Und diesmal hat er sich selber übertroffen, hat die Peinlichkeit an seinem Busen geborgen, sie versteckt wie Weihnachtsgeschenke, denkt Casco.

    Casco zieht sich was an und geht rasch hinaus, aber genau, als die Tür zuschlägt, fällt ihm ein, dass er nicht nochmal in den Spiegel geschaut hat, also geht er rasch wieder hinein und schaut in den Spiegel. Und während er dasteht und in den Spiegel schaut, kommt ihm die Tür des Hauses Eiblsgate Nr. 16 in den Sinn. Es ist Tiptops und seine Aufgabe, vor jedem Infomeeting dafür zu sorgen, dass sie rechtzeitig offen ist.

    – Oh Scheiße, sagt Casco mit einem harten Nicken zu sich selber. – Eisenmann! Scheiße! Verfluchte Scheiße!

    Aber jetzt kann er das mit der Tür vergessen. Wenn er die geringste Chance haben will, noch rechtzeitig zum Meeting zu kommen, muss er auf direktem Wege dorthin. Casco hofft, dass Tiptop die Sache in die Hand genommen hat, aber er bezweifelt es. Dieser verfluchte Tiptop.

BEI SIMPEL, ETWAS FRÜHER AM SELBEN TAG
    Simpel sitzt still. Er bereitet sich auf das Infomeeting vor. Aus vier, fünf Metern Abstand von hinten gesehen, also von der Wohnungstür auf der anderen Seite des Zimmers aus, wirkt er eigentlich ganz harmlos. Über den Schreibtisch gebeugt, den Rücken zur Tür gewandt, sitzt er da, eine schwarze Silhouette vor der blassen Morgensonne. Aus kitschigen und sentimentalen Gründen hat Simpel den Schreibtisch vor eines der extrem wenigen Fenster seiner Wohnblockwohnung gestellt. (Der Tisch ist eher ein Pult oder ein kleines Katheder, aber ohne Schubladen und ohne die Verkleidung auf drei von vier Seiten, wie sie bei Kathedern üblich sind; Beine und Füße unter Tischen sehen ja immer irgendwie tolpatschig aus – jeder Lehrer könnte seiner Autorität gleich Lebewohl sagen, wenn er vor einer ganzen Schulklasse mit verknoteten Beinen am Katheder säße, so, dass die Schüler womöglich bloße Haut und hässliche Socken sehen könnten und noch dazu zwischen Beinen, Hose und Stuhl eingeklemmte Genitalien.) Das Fenster vor Simpels Schreibtisch weist gen Süden. Simpel hat gern die Vormittagssonne auf seinem Tisch, wie sie im Wasserglas blitzt, auf seine Papiere fällt, flach, so dass Tabak- und andere kleine Krümel lange Schatten werfen; dort sitzt er gern und bewegt seine Papiere ein wenig, lauscht den Raschel- und Knistergeräuschen eines Blatts nach dem anderen, wenn er sie zur Hand nimmt und wieder hinlegt. Er schreibt einen Satz und neigt den Kopf über seine Papiere, bis sein Kinn fast auf der Tischplatte liegt. Er sieht, wie die PARKER-Tinte aus dem Füller sich feucht und lautlos auf das Papier gelegt und die Feder sich ein winzig kleines bisschen in die Fasern gedrückt hat. Er findet, Papier und Tinte sind eine unschlagbare Kombination. Erst recht unschlagbar findet er diese Kombination, wenn die mit Tinte beschriebenen Papiere auf einem Holztisch vor einem Fenster liegen, durch das das Vormittagslicht fällt, und davor ein Holzstuhl steht, der ein wenig knarrt, wenn der dort Sitzende sich aufrichtet oder die Position seiner Beine verändert. Dieses Kitschbild von sich selbst am Schreibtisch wird er nie mehr ganz los. Allein die Vorstellung, in seinem Heim an einem Tisch zu sitzen und sich poetische Betrachtungen oder sonst einen Mist abzuquetschen, müsste ihm eigentlich zuwider sein. Dazusitzen und sich selber mit seinen Ideen, Gedanken und nicht zuletzt Gefühlen zu befruchten, das löst doch schwere Übelkeit aus, und dass Simpel so etwas fertig bringt, nachdem er Aktionen wie PHILOSUFFER oder BURN, DIARY, BURN! durchgeführt hat, das zeugt von ernsthaften Schäden an seiner Selbsteinschätzung.
    Nun, egal: Sein Schreibtisch ist die einzige Installation in der ganzen Wohnung, die er selber als poetischphilosophisch ansieht, der ganze Rest ist das reinste Chaos . Simpel selber kann auch ganz schön poetischphilosophisch aussehen, wie gesagt, so aus vier, fünf Metern Entfernung, von hinten, bis man nahe genug dran ist, dass man lesen kann, was er auf allerlei Zettel geschrieben hat, die rechts und links vom Fenster kleben. Ein paar Kostproben:

    EVERYTHING INFINITE

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