The Cocka Hola Company: Roman
fragen soll, der natürlich alle Titel auswendig kann, aber nein, lieber nicht. Er hat keine Lust auf die gepressteste und raueste Stimme der Welt. R-Peter nervt alle wahnsinnig mit seiner Stimme, Simpel ist nicht der Einzige, der Gesprächen mit ihm möglichst aus dem Wege geht.
PapaHans kommt wieder aus dem Büro, den Anzug in einem Suitbag, den Mantel überm Arm. Er ist offenkundig gut gelaunt, trotz des ziemlich chaotischen Meetings am Freitag. Simpel hatte eine gewissen Gereiztheit erwartet.
– Hier, Simpel. Bring ihn einfach irgendwann zurück. Gern auch nach Hause, wenn du willst.
– Mmmm …, sagt Simpel.
Aus Studio 2 hört man immer mehr Geräusche. Unverwechselbar Zoolous tiefes Brüllen und ihre Befehle. Mothas und Horatias Stimmen verschwimmen miteinander. Von Perez ist nicht viel zu hören. In regelmäßigen Abständen hört man es klatschen. Die Girls verstummen, wenn sie es miteinander oder mit Perez oral machen.
Es dauert rund eine Stunde, bis Motha fertig ist und duschen gehen kann. Simpels Puls rast wieder. R-Peter hat nach wenigen Minuten ein völlig uninteressantes Gespräch vom Zaun gebrochen. »Was hat der eigentlich hier zu suchen?«, fragt sich Simpel. »Der hat doch jetzt keinen Scheißdreh? Warum bleibt er dann mit seiner grauenhaften Stimme nicht zu Hause? Er hat keine Freunde, daran liegt es. Er kann nur hier rumhocken und PapaHans auf den Wecker gehen. Idiot. Zum Glück hab ich hier kein Büro. Verrückt würde ich werden.« PapaHans ist unglaublich geduldig mit R-Peter, wahrscheinlich wegen der guten Bewertung, die er von Ritmeester bekommen hat. »Ritmeester hat noch nie diese Kotzstimme gehört, das ist alles«, denkt Simpel. »Sonst wäre er anderer Meinung, garantiert.« Er schluckt ein Milligramm Xanax.
Simpel graust es davor, den seriösen und sympathischen Galeristen spielen zu müssen. Mit zwei, drei Stunden Theater muss er mindestens rechnen, bevor er sein eigentliches Werk beginnen kann. »Scheiß Zumutung«, denkt er. »Das wird so was von hart.«
Da kommt Motha, frisch geduscht, eine blendende Erscheinung. Sie sieht aus, als käme sie geradewegs aus dem Hottentottenhimmel und als hätte ROMERO CONNUTO sie eingekleidet.
– Großartig, ist ja irre schnell gegangen, murrt Simpel.
– Ooo, eentschuuldige, Ssiimpel. ’iicky hat so viel gea’beitet die leetze Tage, wi’ haben viel Muhe, biis er gekoommen ist, weiß du …
– Mmm. PapaHans will wissen, ob wir hier essen und hinterher ein paar Bewerbungen mit ihm durchgehen. Willst du?
– Ist Loonyyl zu Hause?
– Nein, wieso? Er ist in der Schule. Heute ist Montag.
– Köönnen wi’ nikt nach Hause, Ssiimpel? A’me’ Loonyyljuunge muuss gaanzen Tag aallein zu Hause.
– Er ist in der Schule! Bist du taub oder was?
– Aach so. Iik bin mude. Will nach Hause. Ja, Ssiimpelmaann?
– Klar, kein Problem. Hans! Wir essen zu Hause. Motha ist müde und ich hab noch zu tun. Bis dann!
– In Ordnung! Macht’s gut!
– Macht’s gut, röchelt R-Peter.
Simpel hat in der letzten Zeit die ÜBERBLOND-Produktion nicht so ganz im Blick gehabt. Auf dem Heimweg fragt er Motha, an welchem Film sie gerade arbeiten, worum es darin geht undsoweiter. Motha erklärt, er heißt FUNTITLED, es geht um einen Konzeptkünstler der alten Schule, der eine Arbeit mit dem Titel ART AS INTERCOURSE AS IDEA geschaffen hat; die Sexszenen sind nichts anderes als seine Vorstellungen von Geschlechtsverkehr, während er eigentlich im Atelier sitzt und den Kopf hängen lässt. Das Skript ist von Motha und Horatia, wie bei allen ÜBERBLOND-Filmen.
– Warum hast du mir gar nichts davon erzählt? Das ist eine saugute Idee, sagt Simpel.
– Du has nik gef’ag, antwortet Motha.
– Mich wundert ja nur eins, sagt Simpel, beide Hände in die großen Taschen seine Allwetterjacke gesteckt, er schaut auf den Boden, er schaut auf die Spitzen seiner Seglerschuhe, er runzelt die Stirn. – Wie kommt es, dass Perez all diese anspruchsvollen Rollen kriegt. Ich meine, es ist doch allen klar, dass er ein rettungsloser Hohlkopf ist.
– E’ hatte als einzige’ f’ei, sagt Motha. – Auße’dem b’auch man kein so ’iesentalen, um ein Konzeepkunsle’ zu spielen, ja. Caasco muss aus’uhen fu’ den Weihnachfiilm.
Zu Hause brät Motha ein paar Eier mit Kartoffeln, während Simpel den Tätowierapparat übungshalber zusammenbaut und auseinander nimmt und dann alles in eine alte Adidas-Sporttasche packt: Tätowierwerkzeug, Akku, Tinte,
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