The Cocka Hola Company: Roman
Sachen scheiß über. Ja, eigentlich zwei Sachen. Einmal, dass die Leute die ganze verdammte Zeit übers Geld jammern, dass alles so teuer ist und dass es vorn und hinten nicht reicht und so. Immer dieselbe scheißöde Leier. Bei jeder Gelegenheit, beim Mittagessen und immer. Oh Mann, haltet die Schnauze, haben wir gedacht. Wir scheißen auf eure Probleme. Dass ihr die habt, beweist nur, dass ihr fantasielose Loser seid, mehr nicht.
Robert: Ganz deiner Meinung …
Simpel: Und das andere, wovon wir die Schnauze voll hatten, das war der Rest der Welt . Wie Normen und Regeln und Strukturen und Mechanismen und der ganze Scheiß funktionieren, das ist genauso bescheuert und vorhersehbar wie das Geldgerede – und alles, was du in so einer Situation tun kannst, also wenn du es satt hast, wie die Leute sich abrackern und sich und andere quälen, das ist: Widerstand leisten. Widerstandsarbeit. Dagegen angehen. Du musst nein sagen. So, und dann ergibt sich eins aus dem anderen: Wenn du Widerstand leisten willst, musst du erst mal den lähmendsten Kontrollmechanismus von allen außer Kraft setzen, die Lohnarbeit. Erst dachten wir, lassen wir eben andere für uns arbeiten, aber wir wollten niemanden in die Lohnarbeitshölle zwingen, um selber frei zu sein. Das ist unser Prinzip. Wir mussten uns was einfallen lassen. Und da hatte ich die geniale Idee, damit Geld zu machen, wozu die Leute Lust haben … genau: Lust, Begehren, nicht wahr, Lust, Trieb, vögeln, ficken lutschen rammeln nageln reiten … nicht wahr? Ich kann dir sagen, vom Ficken leben ist nicht das Schlechteste. Das Problem ist nur, Leute zu finden, die so ein problemloses Leben ertragen, ein rein glücksbezogenes Leben. Das halten viele einfach nicht aus. Essen-schlafen-ficken-schlafen-essen, ja? Da musst du wen auftreiben, der entsprechend erzogen wurde, damit meine ich wen, dem sie nicht den ganzen Selbstverwirklichungsscheiß vorgelallt haben. Wer so aufgewachsen ist, ist glücklich, wenn er glücklich ist, fertig. Kein leeres Gerede von wegen weiterkommen, den Horizont erweitern, Verantwortung übernehmen und was noch alles. Wir haben also eine Crew von glücklichen Menschen zusammengesucht, kein Neid, bitte, und kein schlechtes Wort über meine Frau, ja, aber man sollte nicht allzu komplex gestrickt sein, wenn man mit einem Dasein klarkommen will, das sich einzig und allein ums Sexleben dreht. Wer das kann, ist verdammt glücklich dran. Wie auch immer: Wenn du eine Bande Vögelvolk zusammenkriegst und sie vor die Kamera stellst, dann erzeugt das Geld. Weil andere Leute im Grunde genommen dasselbe wollen. Die paar Minuten, in denen du einen Porno siehst, das sind zwar scheißkurze, aber doch sorgenfreie Minuten, nicht? Du leihst dir ein bisschen Lebenszeit von sorgenfreien Menschen. Okay? Dafür bezahlst du doch gern. So läuft das. Die Leute ertragen ihr Leben nicht und zahlen schweres Geld, um da rauszukommen. Der Plan war also nicht, Geld zu verdienen, indem wir andere Leute glücklich machen, damit rackert sich schon die normale Filmindustrie ab, sondern indem wir ganz einfach selber glücklich sind. Ich kann dir sagen, das läuft wie geschmiert.
Robert: Und du mittenmang dabei?
Simpel: Wie gesagt, ich hab den ganzen Quatsch erfunden, und jetzt bringt mir das Geld für meine Projekte. Die anderen vögeln, ich mache Aktionen.
Robert: Aktionen?
Simpel: Ich betreibe Widerstandsarbeit. Der Kumpel, mit dem ich den Laden aufgemacht hab, findet, eine Pornoproduktionsgesellschaft zu leiten, ist subversiv genug, aber wenn du mich fragst, ist das Bullshit, Pornos sind genauso stubenrein wie das meiste andere. Was soll subversiv daran sein, etwas zu machen, das alle interessiert? Aber Hans ist nicht mehr der Jüngste, soll mir recht sein, wenn er es auf seine alten Tage ruhig angehen will. Der da ist übrigens sein Sohn.
Simpel nickt zu Casco, der so nahe an seine hübsche Tischnachbarin rangerückt sitzt, wie es gerade noch schicklich ist. Simpel fühlt sich wohl, eine absolute Seltenheit. Er spürt, dass die letzten Hürden fallen, alles geht wie von allein, er braucht nur dazustehen und zu reden. »Wenn ich unversehrt aus dieser bescheuerten Adventsfeier rauskomme, dann kann mich nichts mehr aufhalten«, denkt er. »Ich stehe mit dem Teufel im Bunde, ich habe kein bisschen Angst mehr. Wenn Lonyl den Rest des Abends kein Chaos veranstaltet, bin ich geheilt, verdammte Scheiße.« Casco blickt auf, linst zum Balkon und nickt Simpel zu. Dann entschuldigt er
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