The Cocka Hola Company: Roman
du mit positiven Begriffen konfrontiert wirst, mit positiven Konzepten …
Robert: Wie meinst du das?
Simpel: Okay … Also du nimmst den Ekel über die Begriffe aus der Esokacke und dem Gutmenschentum, also Gefühlslandschaft und vorbehaltlose Nächstenliebe und Seelenfrieden und Harmonie, und unterlegst damit allgemeine positive Begriffe, also: Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Fürsorge, Umsicht, Vernunft, Nutzen, Regelmäßigkeit … ööö … Überschaubarkeit, Liebe, Sittlichkeit, Treue, Verpflichtung, Gemütlichkeit, Familie, Freunde, Wanderungen, Ausflüge, Wohl und Wehe, Dynamik, Entfaltung, Identität, Fülle, Sinn, Bedeutung, Werte, Gemeinwohl, Recht, Billigkeit … ööö … Hilfe, Mitleid, Mitgefühl, Empathie, Sympathie, Verständnis, Güte, Nettigkeit, Gesundheit, Wahrheit, Stärke, Stolz, Akzeptanz, Gemeinschaftssinn, Zusammengehörigkeitsgefühl, Glück, Gleichheit, Brüderlichkeit, Höflichkeit, Demokratie, Wohlfahrt undsoweiter … nicht wahr. Got it?
Robert: Ich denke schon.
Simpel: Wenn du diese Übersetzung hinkriegst, wenn du den verfünfzigfachten Esoterikekel auf diese Liste anwendest, dann hast du ein ungefähres Bild davon, wie es mir tagaus, tagein geht, dann kennst du das Motiv für meine Aktionen und eine Übersicht über das, was es zu bekämpfen gilt.
Robert: Ja?
Simpel: Ja, genau die Sachen, die ich dir eben aufgelistet habe. Das sind genau die Begriffe und Einstellungen, gegen die ich angehe, wo ich nur kann. Nichts auf der Welt kotzt mich so an wie diese gemeinsamen Werte. Nichts finde ich abstoßender. Ehrlich gesagt hab ich Casco mitgebracht, weil ich vor dieser grässlichen Adventsfeier echt Angst hatte. Es gibt doch kaum eine Gelegenheit, wo die Dichte an gemeinsamen Werten größer wäre, als so ein Elterntreffen. Schulische Anlässe und so sind einfach der neunte Kreis in der verfickten Wertehölle. Und dann noch Weihnachten, das musst du dir mal vor Augen halten, ja? Ja? Schlimmer ist nur noch der Tod, wenn überhaupt. Im Prinzip würde ich lieber auf dem Experimentiertisch des Mörderarztes von Dachau liegen als hier sitzen.
Robert: Und was unternimmst du gegen das Ganze?
Simpel: Was ich unternehme? Alles Mögliche. Wenn es dir Spaß macht, kann ich dir ein paar Beispiele verraten …
Robert: Yes …
Simpel: Gut, also … Die Pornoproduktionsgesellschaft, die meine Aktionen finanziert, ist mit der Zeit gewachsen, sie hat inzwischen ein paar Tochtergesellschaften, die andere Pornokategorien produzieren, und einen Mitarbeiterstab von, tja, ich hab gar nicht mehr ganz den Überblick … ziemlich vielen Leuten – Schauspieler, Techniker, Kameramänner – Hans, mein Kumpel, ist der Produzent der meisten Filme… und wir haben einen Chefideologen. Ritmeester.
Robert: Ich dachte, du bist der Ideologe?
Simpel: … Er ist der Pornoideologe … Ritmeester ist immer up to date über die neuesten Pornotendenzen, alle unsere Filme müssen bei ihm durch, bevor sie auf den Markt kommen. Diese Firma ernährt also eine ganze Reihe Leute und ihre Projekte. Da wäre zum Beispiel Eisenmann, ein furchtbar lästiger Typ, er ist unser Requisiteur und macht seinen Job eigentlich ganz gut, aber er ist leider ziemlich zänkisch. Er beschafft uns alles, was wir so brauchen, und ist auch unser Filmrequisiteur. Dann ist da wie gesagt Ritmeester, der Pornoideologe, einerseits die Zensurinstanz für unsere Pornoprodukte, und außerdem betreibt er ein Isolationsprojekt. Seit ein paar Jahren hat er außer Eisenmann keinen Menschen gesehen. Auch ich bin ihm nie persönlich begegnet. Er schreibt Briefe, liest Zeitungen und Zeitschriften, sieht Filme und raucht … mehr nicht. Und er weiß genau Bescheid, was angesagt ist, was wann und wo läuft, obwohl er außer Eisenmann, dem Dämlack, niemanden sieht oder spricht. Dann haben wir Fazil, der betreibt eine Art ironisches Türkenprojekt; er ist Türke und hat einen türkischen Imbiss, aber nur so zum Spaß, um dem Klischee zu entsprechen. Eine Art unsichtbares Theater. Kein Mensch kommt drauf, dass er den Imbiss nicht ganz ernsthaft betreibt. Unterm Ladentisch vertreibt er unsere Filme. Und dann ist da Speedo, unser Vertragsalkoholiker. Der Konzern versorgt ihn mit Schnaps und Bier, und er ist weiß Gott das Gegenteil von dem, wozu sein schwachsinniger Vater ihn hat machen wollen. Eins unserer erfolgreichsten Projekte, finde ich.
Robert: Hehe … und du?
Simpel: Ja, ich betreibe wie gesagt allgemeine Widerstandsarbeit. Ich plane die Aktionen, gebe
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