The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
die Stirn. Dann hob er seine Hand und zog an den Fesseln.
„Täubchen, was hast du nur angestellt, dass sie dich hier so anbinden? Ein Jammer! Würde mir deine Gesellschaft am Feuer doch den Abend versüßen“, flüsterte er.
Ich konnte nicht fassen, was gerade geschah, bemerkte nicht, dass noch jemand zu uns kam, bis Duncans Stimme mich erschrocken zusammenfahren ließ.
„Sean!“, rief er. „Mach dir an der nicht die Finger schmutzig. Siehst du nicht, dass sie eine Cameron ist?“
Sean, der noch immer tief in meine Augen sah, zuckte nur die Schultern und lächelte mich verschmitzt an.
„Duncan, wie du weißt, sind die meisten Dinge, die Spaß machen, auch schmutzig .“
Konnte das wirklich wahr sein? Die Art seiner Begrüßung ließen mich an meinem Verstand zweifeln. War alles nur ein Traum? Oder steckte der Sean, den ich in Schottland als sehr geschickten Charmeur kennengelernt hatte, wirklich schon in dem Mann, der mir gerade gegenübersaß? Sollten all die Jahre, die vergehen würden, ehe ich in seinen Mini steigen würde, ihn tatsächlich in keiner Weise verändern?
Erleichterung wallte in mir auf, und eine Träne stahl sich aus meinem Augenwinkel. Ich wusste zwar nicht, wie ich ihm alles glaubhaft erklären konnte, aber zumindest war ich nun nicht länger allein mit mir völlig Unbekannten.
Er hob meine Hände an und wandte sich an Duncan.
„Was also soll das? Ist die Kleine wirklich so eine Wildkatze, dass drei gestandene Mannsbilder wie ihr sie nur unter Kontrolle halten könnt, indem ihr sie hier ankettet?“
„Sie ist eine Gefangene – kein willkommener Gast“, stellte Duncan klar.
Sean stand auf, strich sich über das Plaid und sah noch einmal bedauernd auf mich herab.
„Welchem Vergehen verdankt sie denn ihre unfreiwillige Anwesenheit?“
Der dunkelhaarige Highlander sah mich warnend an.
„Wir folgten der Spur der verschwundenen Rinder, als sie plötzlich wie aus dem Nichts auftaucht und mir einen Dolch in den Arm sticht. Wie eine Furie hat sie sich auf mich geworfen, wollte mir die Kehle durchschneiden. Wenn du mich fragst, ist sie nicht ganz bei Sinnen. Oder sie hat etwas mit den verschwundenen Tieren zu schaffen, dann werde ich Mittel und Wege finden, ihre Zunge zu lösen, dessen sei dir gewiss. So oder so wird sie mit uns auf Burg Galthair kommen.“
„Was?“, rief ich fassungslos. „Das ist nicht wahr! Ich habe …“
„Halt dein Maul!“, brüllte Duncan mich an. Speicheltröpfchen trafen mich im Gesicht, und ich fürchtete, er würde mich schlagen. Wie von selbst hob ich schützend meine Arme vors Gesicht.
„Halt bloß dein Lügenmaul, sonst stopf ich es dir“, drohte er.
Ich sah Hilfe suchend zu Sean, doch den schien dies alles nicht wirklich zu interessieren, denn er betrachtete gelangweilt seine Stiefel.
„Gib ihr lieber einen Kanten Brot. Wenn sie verhungert, wirst du es schwer haben, aus ihr noch was Vernünftiges herauszubekommen“, gab er tonlos zu bedenken. „Das Mädchen sieht jetzt schon ziemlich mitgenommen aus.“
Damit wandte Sean sich ab und nahm seinen Platz am Feuer wieder ein, ohne noch einmal in meine Richtung zu sehen.
Stattdessen trat der schwarzhaarige Hüne an mich heran und beugte sich zu mir herunter. Er zwang mich, ihm ins Gesicht zu sehen, in seine nachtschwarzen Augen.
„Mit dir bin ich noch nicht fertig. Wir beide sprechen uns morgen.“
Ich zitterte vor Angst, als ich schließlich allein im Dunkel der Nacht zurückblieb. Die Wärme des Feuers erreichte mich nicht mehr, und ich kauerte mich wie ein Baby zusammen, um mich wenigstens selbst etwas zu wärmen.
Obwohl Sean nur wenige Meter von mir entfernt zwischen den anderen Männern lag, gab es für mich keine Möglichkeit, mit ihm zu sprechen. Wie sollte er mir nur helfen können – immer vorausgesetzt, er würde meine absurde Geschichte überhaupt glauben –, wenn er nicht wusste, was eigentlich los war. Erschöpft und verzweifelt schloss ich die Augen und wartete darauf, vom Schlaf befreit, von meinen Träumen weggetragen zu werden.
Ich fuhr erschrocken auf, als etwas Feuchtes meine Wade streifte. Barra hob ihre Schnauze und kauerte sich dann an meinen Beinen zu einem warmen, langhaarigen Knäuel zusammen. Ross kicherte leise und setzte sich neben mich. Er öffnete seinen Sporran und holte ein in ein Tuch gewickeltes Päckchen hervor.
„Hier, für dich. Lass es dir schmecken.“
Hastig nahm ich das Tuch entgegen und bestaunte den Inhalt: ein kalter Hasenschenkel, eine
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