The Cutting
er auflegte, waren er und Casey schon auf dem Weg nach draußen.
McCabe fühlte sich wie Richard Gere in Pretty Woman, während Kyra und Casey sich in weniger als zwei Stunden durch fünf Läden arbeiteten. Gott sei Dank war es nur die Maine Mall in Portland und nicht der Rodeo Drive in Los Angeles. Er suchte sich in jedem Geschäft einen Stuhl, während die beiden ganze Armladungen von Klamotten in die Umkleidekabine schleppten. Schließlich verließen sie das Einkaufszentrum mit vier großen Tüten, bis oben hin voll mit Shirts und Hosen und Schuhen und einem sehr eleganten Kleid. McCabe fand das Kleid ein bisschen zu nuttig für eine Dreizehnjährige, aber Kyra sagte ihm, dass er keine Ahnung von Mode hätte und sich nicht sein süßes kleines Köpfchen zerbrechen sollte. Er beschloss, ihrem Rat zu folgen. Seine Rolle bestand darin, die Rechnungen zu bezahlen. Irgendwie. Sie gingen quer über den Parkplatz und steuerten die Pizzeria Uno an.
Es war Viertel vor neun an einem Donnerstagabend, und der Laden war voll. Wahrscheinlich hauptsächlich Leute, die gerade aus dem Einkaufszentrum oder dem nahe gelegenen Multiplex-Kino kamen. Die Tischanweiserin war ungefähr in Katie Dubois’ Alter. Ob die beiden sich wohl gekannt hatten? Das Mädchen war zu stark geschminkt, und ihr nackter Bauch quoll über den Bund ihrer schwarzen Jeans. McCabe sah die Fettpolster auf und ab hüpfen, während sie sie an einen Tisch in der Mitte des Lokals führte. Sie war vermutlich keine Fußballerin.
Er sah sich um und blickte in viele unbekannte Gesichter. Plötzlich kam es ihm vollkommen idiotisch vor, sich mitten in einen gut gefüllten Raum zu setzen. Zu sehr auf dem Präsentierteller. Zu verwundbar. Vielleicht litt er ja an akutem Verfolgungswahn. Du meine Güte, sie waren in einer Pizzeria. Andererseits: Hatte der Tag vorgestern nicht mit der Ermordung eines unschuldigen Jugendlichen und eines erfahrenen Polizeibeamten begonnen? Hätte der Wahnsinnige, der die beiden umgebracht hatte, nicht um ein Haar auch McCabe selbst getötet? Vielleicht war es ja doch kein Verfolgungswahn.
Er entdeckte eine Sitznische in der Ecke des Raums, von der aus man das ganze Restaurant im Blick hatte. Er fragte Wabbelbauch, ob sie sich nicht umsetzen könnten, da er abergläubisch und das da hinten sein Glückstisch sei. »Kein Problem«, erwiderte sie und fügte mit verschwörerischem Flüstern hinzu: »Freitag, der Dreizehnte, ist für mich auch jedes Mal ein Horrortag.«
Casey schlüpfte als Erste in die Nische, mit dem Rücken zur Wand. McCabe setzte sich neben sie. Kyra nahm auf der Sitzbank gegenüber Platz. Das Mädchen reichte ihnen die Speisekarten, und ein Hilfskellner füllte ihre Gläser mit Wasser. In der Zwischenzeit blickte McCabe sich forschend um, ob sie vielleicht beobachtet wurden. Er lokalisierte die Ausgänge. Er berechnete mögliche Schusslinien. Er strich mit der rechten Hand über seine Fünfundvierziger, nur um zu sehen, ob sie noch da war.
Kaum dass er die Waffe berührt hatte, fing seine Hand an zu zittern. Kyra bemerkte es. Casey nicht. Verzögerte Stressreaktion. Er wollte, dass es aufhörte. Doch es hörte nicht auf. Er steckte die Hand unter den Tisch. Er befahl sich selbst, locker zu bleiben. Aber auch das funktionierte nicht. Er sah bereits die Schlagzeile vor seinem geistigen Auge. LEITER DES MORDDEZERNATS ERLEIDET NERVENZUSAMMENBRUCH BEIM PIZZA BESTELLEN. Er fand das nicht komisch.
»Sie werden sofort bedient«, sagte Wabbelbauch und zog sich zurück.
Kyra griff unter dem Tisch nach seiner Hand. »Was ist denn los?«, flüsterte sie. In ihren blauen Augen lag Besorgnis. Über ihrer Nase erschien die vertraute kleine Falte.
»Bin bloß ein bisschen unruhig. Es war ein langer Tag.«
»Hallo, ich bin Brian und heute Abend für euren Tisch zuständig. Geht’s euch allen gut?«
»Uns geht’s prima, Brian. Und dir?« Casey blickte lächelnd zu ihm auf. Verdammt noch mal, jetzt fing sie schon an zu flirten, dachte McCabe. Dreizehn Jahre alt und flirtet mit einem Kellner, der mal wieder eine Rasur vertragen könnte. Noch sieben harte Jahre, bis sie zwanzig ist. Kyra drückte seine Hand und zwinkerte ihm lächelnd zu.
»Kann ich euch vielleicht schon mal was zu trinken bringen?«
McCabe bestellte eine Cola für Casey, einen Weißwein für Kyra und einen Dewar’s auf Eis für sich selbst. Irgendwie hätte ein Single Malt nicht zum Ambiente gepasst, obwohl sie welchen auf der Karte hatten.
Die Getränke
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