The Cutting
Pollock?«
»Ja. Meine Partnerin hat ihn im letzten Augenblick erschossen. Sie hat mir damit das Leben gerettet. Und das einer wichtigen Zeugin noch dazu.«
»Interessant. Seit wann ist Duane denn in Maine unterwegs? Und wieso?« Bollinger begann, sich Notizen zu machen.
»Lassen Sie mich Ihnen bitte zuerst noch ein paar Fragen stellen. Glauben Sie, dass Pollock – ich nenne ihn mal so, weil das sein richtiger Name war –, glauben Sie, dass er Lucas Kane umgebracht hat?«
Sie schaute ihn an. »Nein. Er hatte ein absolut wasserdichtes Alibi. Ausgeschlossen, dass er selbst den Abzug betätigt hat.«
»Könnte es sein, dass er jemanden dafür angeheuert hat?«
»Unwahrscheinlich. Er war finanziell von Kane abhängig.«
»Vielleicht haben sie sich ja gestritten.«
»Kann schon sein, aber das glaube ich nicht. Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Ich versuche dahinterzukommen, wieso dieser Schlägertyp sich in Maine aufgehalten und versucht hat, einer Kronzeugin eine Kugel in den Kopf zu jagen. Alles, was ich bis jetzt weiß, ist, dass Pollocks Exfreund, der verstorbene Lucas Kane, mit einem Arzt in Maine befreundet war, der in diesen Fall verwickelt sein könnte.«
»Und was wollen Sie von mir?«
»Von Ihnen würde ich gerne alles erfahren, was Sie über den Mord an Lucas Kane wissen.«
»Abgesehen von dem, was ich in meinen Artikeln im Herald geschrieben habe, fallen mir bloß noch ein paar Dinge ein, die ich die ganze Zeit über irgendwie merkwürdig fand. Oder zumindest fragwürdig.«
»Ach ja? Was denn zum Beispiel?«
»Zum Beispiel die Tatsache, dass der Mörder einen Schusswinkel und eine Waffe gewählt hat, die ihm die hundertprozentige Gewissheit gaben, dass von Kanes Zähnen und seinem Gesicht nichts als Hackfleisch übrig bleiben würde. Dafür gibt es aus meiner Sicht nur eine einzige Erklärung: Er wollte die eindeutige Identifizierung des Opfers so schwierig wie nur möglich machen. Warum?«
»Ich weiß es nicht. Sie haben geschrieben, dass die Polizei von einem Mafia-Mord ausginge.«
»Ja, aber das war Schwachsinn. Wenn du nichts Genaues weißt, schieb es auf die Mafia. Irgendeine Mafia. Dann nicken alle mit dem Kopf und sind einverstanden. Eine bequeme Lösung.«
»Sie finden, das war nicht deren Stil.«
»Ich weiß es. Und Sie doch auch. Wenn die jemanden umbringen wollen, dann geht das peng, peng, und die Sache ist erledigt. Kein Grund, die Identität des Opfers zu verschleiern.«
McCabe dachte eine Weile nach. »Okay. Das ist Merkwürdigkeit Nummer eins. Gibt es noch eine zweite?«
»Die Fingerabdrücke.«
»Was ist mit den Fingerabdrücken?«
Bollinger holte Luft. »McCabe, Sie sind ein erfahrener Kriminalpolizist. Sie wissen besser als ich, dass man, wenn man eine Wohnung nach Fingerabdrücken untersucht, in der Regel jede Menge Abdrücke von allen möglichen, unbeteiligten Personen findet. Nicht nur von den Bewohnern, sondern eben auch von zahlreichen Besuchern, Lieferanten und so weiter. Also, in Kanes Wohnung gab es jede Menge davon. Auch unvollständige Abdrücke, verschmierte, hier und da und überall, ganz wie man es erwartet hätte.«
»Und? Wo liegt das Problem?«
»Ich hatte gute Kontakte zu einem Kriminaltechniker, der das Zimmer mit Kanes Leiche untersucht hat. Ich vertraue ihm. Und er hat gesagt, dass keiner dieser halben oder verschmierten Abdrücke von dem Opfer stammte.«
»Aber die Polizei hat doch behauptet, dass sie jede Menge Fingerabdrücke von Kane gefunden hätte. Dass er unter anderem damit identifiziert worden sei.«
»Das stimmt. Überall in der Wohnung hat man die Abdrücke des Opfers gefunden. Auf dem Telefon. An den Türklinken. Auf Tischen. Am Kühlschrank. Einen auf einer leeren Bierflasche im Wohnzimmer.«
»Aber …«
»Lassen Sie mich ausreden. Allesamt vollständige Fingerabdrücke. Hübsche, dicke, fette, perfekte Abdrücke. Da war kein einziger unvollständiger, kein einziger verschmierter dabei. Als wäre man mit dem Opfer durch die Wohnung gegangen und hätte dafür gesorgt, dass er überall Fingerabdrücke hinterlässt, bevor man ihn erschossen hat. Oder als hätte man seine Finger unmittelbar danach noch auf alle möglichen Gegenstände gedrückt.«
»Das FBI hatte Kanes Abdrücke nicht gespeichert?«
»Nein. Kane war zu Lebzeiten nie erkennungsdienstlich behandelt worden. Keine Festnahmen. Kein Militärdienst und so weiter und so fort. Sie hatten keine andere Vergleichsmöglichkeit als das Opfer.«
»Und was war mit der DNA?
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