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The Cutting

The Cutting

Titel: The Cutting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Hayman
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auch die Hackett Street in den Sechziger- und Siebzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts schwere Zeiten durchgemacht, als eine ganze Generation junger Familien Portland verlassen hatte und in die stetig wachsenden Vorstädte gezogen war. Viele Häuser waren damals in kleine Wohnungen aufgeteilt, andere schlicht und einfach dem Verfall preisgegeben worden. Aber jetzt, nach Jahrzehnten der Verwahrlosung, gewann das Viertel wieder an Interesse, und einige Häuser wurden von ihren jung-dynamischen neuen Besitzern bereits der Sanierung unterzogen. Als McCabe und Maggie ankamen, war ihnen sofort klar, dass Annie Raffertys Haus nicht dazugehörte. Es hatte schon längst den Anschluss an die Mittelschicht verloren, und es gab offensichtlich auch niemanden, der etwas dagegen unternehmen wollte. Die dunkelgrüne Asbestverblendung, die vermutlich vor vierzig Jahren angebracht worden war, sah heruntergekommen aus. Die Hausverkleidung hätte dringend wieder einmal gestrichen werden müssen. Die schlaffen, ehemals weißen Spitzenvorhänge waren jetzt schmutzig-grau.
    Maggie klingelte. Während sie warteten, stellten sie fest, dass Tobin Kenneys Haus sich genau gegenüber auf der anderen Straßenseite befand und dass das Auto in der Einfahrt ein Subaru war. Maggie klingelte noch einmal. Schließlich machte Annie Rafferty, bekleidet mit einem fleckigen dunkelblauen, mit großen rosafarbenen Blumen bedruckten Morgenmantel aus Polyester, die Tür auf. Der dünne Stoff schmiegte sich eng an ihren knochigen Körper, und McCabe war sich sicher, dass sie darunter nichts anhatte. Mrs. Rafferty hatte sich zwar offensichtlich nicht die Mühe gemacht, anlässlich ihres Besuches etwas anzuziehen, ihr Gesicht hingegen war eindeutig zurechtgemacht. Ihr knallroter Lippenstift wirkte frisch aufgetragen. Pinkfarbenes Rouge glänzte auf ihren eingefallenen Wangen. Ihr dünnes Haar besaß einen Rotton, den McCabe noch nie zuvor gesehen hatte. Zumindest nicht auf dem Kopf eines Menschen. Sie roch nach Zigaretten.
    »Mrs. Rafferty?«, erkundigte sich McCabe.
    »Sie müssen Sergeant McCabe sein«, sagte sie. »Sie sind nicht zufällig der Junge von Tessie McCabe, oder? Aus Windham?«
    »Nein, tut mir leid. Ich bin der Junge von Rosie McCabe. Aus der Bronx.«
    Mrs. Rafferty blickte kurz zu Maggie und dann wieder zurück zu McCabe. »Ich dachte eigentlich, Sie wollten allein kommen.« Sie zwinkerte ihm zu. »Zu schade.«
    McCabe wurde unwillkürlich rot. Er fühlte sich ziemlich lächerlich und stellte Maggie vor. »Das ist meine Partnerin, Detective Margaret Savage.«
    Maggie nickte. Sie machte keinen besonders glücklichen Eindruck. Vermutlich stellte sie sich gerade vor, wie ein Geschworenengericht auf die Koketterien der Zeugin Annie Rafferty reagieren würde. Na ja, wenigstens würde sie dann nicht diesen eng anliegenden Morgenmantel tragen. »Dürfen wir reinkommen?«
    »Darum sind Sie doch hier, oder etwa nicht? Aber ich habe Ihnen ja schon am Telefon alles gesagt.« Sie drehte sich um und ging ins Wohnzimmer.
    McCabe und Maggie gingen ihr nach. Das Wohnzimmer roch, wie die Dame des Hauses, nach kaltem Rauch. Mrs. Rafferty bedeutete McCabe und Maggie, sich auf ein abgewetztes grünes Sofa zu setzen. McCabes Eltern hatten sich in den Siebzigern mal ein ähnliches gekauft, bei Sears auf dem Bruckner Boulevard. Ob das Sofa seiner Mutter in den Augen zweier Polizisten heute ähnlich schäbig aussähe wie dieses hier? Auf jeden Fall wäre es nicht so schmutzig, da war er sich sicher.
    Das Zimmer war vollgestopft mit wertlosem Plunder. An der Wand lehnten Stapel alter Zeitungen und Zeitschriften. Krimskrams und Urlaubssouvenirs aus längst vergangenen Jahrzehnten hielten jeden Quadratzentimeter besetzt. McCabe registrierte eine gerahmte Fotografie an der Wand. Zwei übergewichtige Männer standen in einem Hinterhof vor einem Grill, wendeten Steaks und machten Faxen. »Der da links, das ist mein Mann, Dennis«, sagte Mrs. Rafferty. »Ein paar Wochen, nachdem das Foto gemacht wurde, 1985, ist er einfach umgekippt und war tot. Herzinfarkt.«
    »Das tut mir leid«, sagte McCabe.
    »Muss es nicht«, erwiderte sie. »Dennis war ein mieses Arschloch. Hat mich bei jeder Gelegenheit grün und blau geprügelt. Ich denke manchmal, dass Gott mir einen Haufen blaue Augen und vielleicht sogar ein paar Knochenbrüche erspart hat, als er Dennis diesen Herzinfarkt beschert hat. Also«, fügte sie dann hinzu, »was wollen Sie sonst noch wissen?«
    »Ich würde gerne

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