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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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tief aus und schloss die Augen. Sie lächelte noch immer. »Ich möchte, dass du sie Maya nennst.«
    Gaia schluckte eine Träne hinunter und legte ihre Stirn an die Schulter ihrer Mutter. »Das ist ein schöner Name«, sagte sie und versuchte, ruhig zu bleiben. »Warum Maya?«
    »Es bedeutet Traum . Sie ist mein Traum, all die Dinge, die ich nie zu sehen geglaubt hätte.«
    »Oh, Mom«, sagte Gaia. Ihr Herz brach vor Kummer.
    »Außerdem«, sagte ihre Mutter mit leisem Lachen, »reimt es sich auf ›Gaia‹. Deinem Dad hätte das gefallen.«
    Gaia fühlte, wie die Finger ihrer Mutter sanft ihr Haar streichelten. »Komm schon, Gaia. Du musst jetzt stark sein.«
    Gaia schniefte und setzte sich auf. Die Haut ihrer Mutter war unglaublich fahl geworden, doch ihre Augen waren so lebendig wie eh und je. Fast leuchteten sie in dem gedämpften Nachmittagslicht. Gaia wickelte ein Handtuch fest um den schlafenden Körper der kleinen Maya zusammen. Die Haut am Arm ihrer Mutter war seltsam klamm und kühl.
    »Kümmere dich für mich um sie«, sagte ihre Mutter. »Lass nicht zu, dass jemand sie verletzt.«
    Gaias Nerven schlugen Alarm. »Wie meinst du das?«
    Ihre Mutter hob eine Hand, und Gaia spürte ihre kühlen Fingerspitzen an der Haut ihrer linken Wange. Irgendwann während der Geburt war der Rest ihrer Maske abgefallen, und ihre Narbe fühlte sich nun umso empfindlicher an.
    »Das mit deinem Gesicht tut mir leid«, sagte ihre Mutter.
    Gaia schüttelte stumm den Kopf und wandte sich ab.
    »Nein«, sagte ihre Mutter. »Schau mich an, Gaia. Wir dachten, es würde dich retten. Wir hätten nie gedacht, dass du so leiden würdest, auf so viele verschiedene Arten. Es war selbstsüchtig, ich weiß, aber nachdem wir Arthur und Odin verloren hatten, wollten dein Vater und ich dich so sehr behalten. Je näher der Tag kam, an dem wir dich hätten verlieren können, desto mehr konnten wir einfach nicht das Risiko eingehen, und es war der einzige Weg. Kannst du uns jemals vergeben?«
    Gaia schluckte schwer. »Ihr habt mich mit Absicht verletzt?«, fragte sie.
    »Oh, Liebling. Es tut mir so leid. Es tut mir so schrecklich leid.«
    Für einen Moment versuchte Gaia, all das zu erfassen, das hätte anders werden können, wenn sie nicht entstellt gewesen wäre, wenn eine Chance bestanden hätte, dass sie vorgebracht wurde, wenn sie ohne ihre Eltern aufgewachsen wäre. Und sie stellte fest – es war unmöglich, sich ein Leben ohne die tägliche Liebe ihrer Eltern auszumalen. »Es ist in Ordnung. Ihr habt das Richtige getan. Genau, was ich mir gewünscht hätte«, sagte sie. »Verlass mich nicht, Mom.«
    Das Gesicht ihrer Mutter verzog sich vor Schmerzen, dann entspannten sich ihre Züge wieder. Sie sah beinahe friedlich aus. »Ich möchte bei deinem Vater sein«, sagte sie sanft. »Und jetzt bist du gekommen, dich um Maya zu kümmern. Beschütze sie für mich. Versprich es mir.«
    »Mom, bitte«, flehte Gaia. »Das darfst du nicht. Hör mal, ich habe Odin hier in der Bastion gefunden. Er ist groß und blond und ein Soldat. Sergeant Bartlett. Hast du ihn je getroffen? Erst vor ein paar Tagen habe ich herausgefunden, wer er ist, und er ist entkommen. Er hat die Enklave verlassen. Wir brauchen dich. Wir alle.«
    Ihre Mutter tätschelte ihre Hand. »Bist du dir sicher?«
    »Er hat Dads unruhige Finger. Er singt gerne.«
    Ihre Mutter stieß ein schwaches Lachen aus. »Wenn ich ihn nur hätte sehen können. Das ist alles, was ich wollte, ihn nur einmal sehen und wissen, dass es ihm gut geht. Sie haben mir immer wieder versprochen, ich könnte meine Jungs sehen, wenn ich nur gehorche, aber sie haben ihr Wort nie gehalten.« Sie hielt inne und blinzelte schläfrig. »So viele Fehler, die wir machen …«
    Gaia ließ den Kopf auf die Brust ihrer Mutter sinken und hielt ihren zerbrechlichen Körper ganz fest. »Nein, Mom. Bitte.«
    Sie konnte die sanfte Hand ihrer Mutter fühlen, die ihr durchs Haar strich. »So ein gutes Mädchen«, murmelte ihre Mutter, »so wunderschön.«
    Gaia stieß ein Schluchzen aus und hielt ihre Augen fest geschlossen. Das durfte nicht wahr sein. Die Brust ihrer Mutter wurde ganz ruhig, und Gaia öffnete die Augen und blickte in ihr stilles, aschfahles Gesicht. Ein Herzschlag pulste an ihrem Hals, und sie atmete ein letztes Mal tief ein. Gaia sah sie an, wartete, hoffte auf einen weiteren Atemzug, dann blickte sie hinab zu den Beinen ihrer Mutter und dann rasch wieder weg. Blut hatte das Handtuch und ihr Kleid durchtränkt.

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