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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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kondensiert, und sie konnte zusehen, wie sich die Tropfen an seinem unteren Rand sammelten, anschwollen und herabfielen.
    Sie setzte ihre nackten Füße auf die abgenutzten Dielen der Veranda und schob das Moskitonetz beiseite, sie konnte das Regenfass in der Ecke der Veranda sehen und dahinter, wo der Garten leicht abfiel, die Wäscheleine und den Hühnerstall.
    Eine Junghenne hatte vor zwei Tagen ihr erstes Ei gelegt, und Gaia war neugierig, ob sie wohl ein weiteres gelegt hatte.
    Sie hatte den Stall fast erreicht, ehe sie bemerkte, dass die Tür entriegelt war und offen stand.
    Mit einem flauen Gefühl sah Gaia in den Stall. Die Junghenne und eine weitere Legehenne fehlten, während die anderen sechs wohlbehalten auf ihren Stangen hockten. Als die Hennen Gaia sahen, schossen sie gackernd zwischen ihren Beinen nach draußen und machten sich über die Käfer im ungemähten Gras her.
    Gaia rannte zurück über den Hof und sprang auf die Veranda. »Mom!«, rief sie. »Dad! Ich glaube, jemand hat uns zwei Hennen gestohlen.« Sie eilte durch die Küche, durchquerte den Wohnbereich und schaute hinter den Vorhang, der das Bett ihrer Eltern verbarg. Sie machte zwei Umrisse aus, die ausgestreckt zwischen den Decken lagen. Die Hand ihres Vaters ruhte auf der Schulter ihrer Mutter, die sich von ihm abgewandt hatte. »Mom«, sagte sie noch einmal.
    Wieso waren ihre Eltern noch im Bett? Unsicher griff Gaia nach dem Vorhang und trat vor Aufregung auf der Stelle. »Ich glaube, jemand hat zwei unserer Hennen gestohlen«, sagte sie noch einmal, diesmal leiser.
    Dann tat ihre Mutter etwas Eigenartiges. Sie hob einen Arm über die Augen, sodass ihr Gesicht hinter dem Ellbogen verschwand, und murmelte, »Jasper.«
    Statt einer Antwort küsste ihr Vater ihre Mutter auf die Schulter und schwang seine Beine aus dem Bett.
    »Hey, Sonnenschein«, sagte er zu Gaia. »Lassen wir deiner Mutter noch ein wenig Schlaf, ja? Sie ist gestern erst spät nach Hause gekommen.« Schon griff er sich ein Hemd, und Gaia trat zurück und ließ den Vorhang fallen.
    Gaia fühlte sich unbehaglich – als wäre sie ungewollt Zeugin einer knappen Unterredung in einer ihr unbekannten Sprache geworden. Dann kam ihr Vater angekleidet hinter dem Vorhang hervor. Er lächelte sie an und rieb sich sein unrasiertes Kinn. »Hol deine Schuhe«, sagte er leise, und sie schlüpfte in ihre Mokassins.
    Ihr Vater ging mit ausladenden Schritten voran. Und dank seiner Gelassenheit fühlte sie ihre eigene Besorgnis weichen. Er besah sich kurz den Riegel des Stalls und machte die Tür dann weit auf, sodass sie unter seinem Arm hindurch das halbdunkle Innere und die leere Hühnerleiter sehen konnte. Staubkörner funkelten in einem Sonnenstrahl.
    »Definitiv weg«, sagte er. »Und du bist dir sicher, dass du den Stall gestern Abend verschlossen hast?«
    Sie sah hoch zu ihm und nickte. »Da waren sie noch alle da. Ich bin mir ganz sicher.«
    Er schürzte die Lippen, dann warf er einen weiteren Blick auf den Riegel. »Nun, wer auch immer sie mitgenommen hat, er hat es leise getan. Du hast die Nacht über nichts gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf. Während er die Eier einsammelte und sie zurückblickte zur Veranda und zu dem Bettnetz, das wie ein blasser grauer Schleier von seinem Haken herabhing, begriff sie auf einmal, dass ein Fremder ihr in dieser Nacht sehr nahe gewesen war. Sie trat einen Schritt zu ihrem Vater.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte er, in seiner Armbeuge hatte er fünf Eier. Seine freie Hand legte er auf ihre Schulter, und sie schlang ihren Arm um seine Hüfte. »Lass uns ein paar Blaubeeren für deine Mom pflücken gehen. Wir werden wieder da sein, bevor sie überhaupt merkt, dass wir weg sind.«
    »So etwa?«, sie zupfte an ihrem Nachthemd.
    Er lächelte. »Unbedingt. Wir sollten allerdings die Hüte mitnehmen. Und Eimer. Ich hole sie. Wir treffen uns auf der Vorderseite.«
    Bis Gaia um das Haus gegangen war, kam er bereits zur Vordertür heraus, ohne die Eier, dafür mit ihren Hüten und zwei Ein-Liter-Eimerchen. Seine warme Hand griff die ihre, sie gingen los, und er begann eine Melodie zu pfeifen. Gaia war es unangenehm, in ihrem Nachthemd an den erwachenden Häusern vorbeizulaufen, doch als sie den schmalen Trampelpfad zum Trockensee hinabgingen, gefiel ihr die Art, wie der blaue Stoff leicht und luftig ihre Knie umwehte. Die Krempe ihres Huts warf ihren vertrauten Schatten über ihre Lider, und sie konnte die süßen Düfte nach Geißblatt und Schneeball,

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