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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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den Boden gefallen war. Ihre Augen, die einen Moment ins Leere gerichtet waren, ließen die Geheimschrift zu einem Muster einfacher Linien verschwimmen, und für einen Moment glaubte sie, etwas gesehen zu haben. Sie blinzelte und beugte sich vor, doch als sie nach dem Blatt griff, war es vorbei, und das Durcheinander von Symbolen war rätselhafter denn je.
    »Was habe ich da gerade gesehen?«, fragte sie sich selbst, legte das Blatt wieder auf den Boden und ging zurück ins Bad, entschlossen, den Effekt zu wiederholen.
    »Ich muss allmählich den Verstand verlieren«, murmelte sie, als sie in der Tür des Badezimmers stand und mit zusammengekniffenen Augen zu der Geheimschrift hinüberblinzelte. Von hier aus gesehen waren die Zeichen farbige Linien vor einem braunen Untergrund. Durch den Winkel und die Entfernung stach der Hintergrund auf eigenartige Weise als enges Muster gleichförmiger brauner Streifen hervor.
    »Lies zwischen den Zeilen«, flüsterte sie und gestattete ihren Augen, sich wieder scharf zu stellen.
    Als sie dieses Mal das Papier auf den Tisch legte, versuchte sie, nicht auf die einzelnen Symbole zu schauen, sondern auf den Raum zwischen den Zeilen.

    Es klopfte an der Tür, und sie wich ans Fenster zurück und versuchte, ihr feuchtes Haar mit dem Handtuch zu glätten.
    Leon trat ein, in der Hand ein Tablett mit etwas Suppe und Brot. Ihre Lippen öffneten sich in stummer Überraschung, und ihre Gedanken eilten zurück zu ihrem letzten Gespräch, zu dem Brot, das er ihr gekauft hatte, und zu Myrnas schrecklichen Gerüchten über seine Verbrechen gegen den Staat.
    »Das ist für dich«, sagte er und reichte ihr das Tablett. Sie klemmte sich das Handtuch unter den Arm und nahm das Tablett, während er einen raschen Blick den Gang hinab warf und dann sorgfältig die Tür hinter sich schloss.
    »Was machst du hier?«, fragte sie.
    »Ich wollte sehen, ob ich helfen kann«, sagte er. »Machst du irgendwelche Fortschritte?«
    Zweifel hielten ihr Herz umklammert. »Hat Bruder Iris dich geschickt?«, fragte sie und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. »Hast du Neuigkeiten von meiner Mutter?«
    Er warf ihr einen eigenartigen, verwirrten Blick zu. »Niemand schickt mich«, sagte er und drückte den Rücken durch. »Als Bartlett mir sagte, wo du bist, wollte ich dich sehen. Von deiner Mutter habe ich nichts gehört.«
    »Tut mir leid«, sagte sie schnell, das feuchte Handtuch in den Händen. »Es ist bloß …« Sie hatte Angst, benutzt zu werden, und die Wahrheit war, Leon löste etwas aus in ihr. Sie konnte es sich ebenso gut eingestehen. Selbst in diesem Moment fühlte sie sich besser, einfach, weil er bei ihr war. Noch immer beobachtete er sie mit seiner nachdenklichen, reservierten Art. Was, wenn er ein Werkzeug der Enklave war? Nun, sie hatte nicht gerade viel zu verlieren. Sie schnipste mit dem Finger, lächelte ihn an und sagte: »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen. Eine Art optische Täuschung. Aber ich bin mir nicht sicher.«
    »Was genau?«, fragte er.
    Sie griff über die Suppenschale und nahm sich das dunkle Brötchen, während sie abermals die Geheimschrift überflog. »Ich weiß nicht. Ich glaube, es war da, als meine Augen sich auf einen Punkt hinter der Schrift richteten.« Sie knabberte an dem Brot, und mit einem Mal, von Heißhunger gepackt, nahm sie einen großen Bissen.
    »Verschluck dich nicht«, sagte er, nahm seinen Hut ab und legte ihn neben das Tablett. »Freut mich, zu sehen, dass deine Lage dir nicht den Appetit verdorben hat«, fügte er trocken hinzu.
    Sie hatte das verrückte Bedürfnis, zu lachen. Oder zu weinen. Oder beides. Sie kaute zu Ende und schluckte.
    »Ist das Brot gut?«, fragte er.
    Sie nickte. Wenn er jetzt etwas Freundliches sagte, irgendetwas Nettes, würde sie in Tränen ausbrechen.
    Aber er nickte ebenfalls. »Sehen wir uns diesen mysteriösen Code an.«
    Sie schluckte schwer. Er stützte sich mit einer Hand auf den Tisch und drehte und wendete das obere Blatt in verschiedene Richtungen. Sie trat hinter ihn, kaute an den letzten Bissen ihres Brots. Seine Schultern waren breit, und sie konnte den sauberen Stoff seiner schwarzen Jacke riechen, als ob der Sonnenschein noch daran haftete.
    Irgendwie verwirrte und bekümmerte sie auch das. Sie wollte etwas Sonnenschein haben.
    Reiß dich zusammen , dachte sie streng, ging ins Bad und hängte ihr Handtuch auf. Dabei warf sie einen flüchtigen Blick in den Spiegel. Ein Hauch Feuchtigkeit auf dem Glas trübte die harte

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