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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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Klarheit des Bildes, und ausnahmsweise zwang sie sich, ihr Gesicht zu betrachten. Dies ist das Gesicht eines Mädchens, das vielleicht bald sterben wird , dachte sie. Schönheit war nebensächlich. Ihre rechte Wange war leicht gerötet von der Dusche, und ihr braunes, kurzes Haar säumte ihre dunklen Augen in feuchten, unordentlichen Strähnen. Die linke Seite ihres Gesichts war vom Ohrläppchen bis zur Spitze ihres Kinns und über die Wange bis hoch zur Augenbraue von einem fleckigen rotbraunen Narbenmuster überzogen. Die verletzliche Haut sah aus, als habe jemand ein verknittertes Papiertuch in farbigen Klebstoff getränkt und ohne Sinn und Verstand über ihr Gesicht geklebt. Eine Maske , dachte sie nicht zum ersten Mal. Es sah aus, als trüge sie eine hässliche Maske. Jeder, der ihr sagte, dass es nicht so schlimm sei, war ganz eindeutig ein Lügner.
    Die kalte, ernüchternde Realität beruhigte ihre Nerven wieder. Sie musste die Geheimschrift entschlüsseln. Alles andere war egal.
    »Gaia«, rief Leon von nebenan, seine Stimme klang eigenartig, »wofür ist der Spiegel?«
    Sie zuckte zusammen, dann begriff sie, dass er den kleinen Handspiegel meinte, den sie auf dem Tisch hatte liegen lassen.
    »Bloß eine Idee«, sagte sie. »Hat aber nicht funktioniert. Mein Dad hat Dinge gerne umgedreht, wie bei so einem lustigen Alphabetlied, das wir immer rückwärts sangen.«
    »Vielleicht brauchst du einen größeren Spiegel«, sagte er, hielt ihr den Code hin und deutete auf den Spiegel über dem Waschbecken.
    Sie nahm das Blatt entgegen, hielt es vor den Spiegel und wollte gerade das Glas trocken wischen, als sie wieder einen Blick auf etwas erhaschte. Es war nur die Andeutung leserlicher Buchstaben. Verblüfft sah sie genauer hin, doch die Formen verschwammen, zu sehen war wieder nur ein Wirrwarr geheimnisvoller Symbole. Sie stieß ein frustriertes Murren aus.
    »Was ist los?«, fragte Leon hinter ihr.
    »Ich glaube immer noch, dass ich etwas sehe«, sagte sie. »Dann ist es wieder weg.«
    Er trat näher an sie heran, sodass sein Arm fast ihre Schulter streifte, und sie wich instinktiv vor ihm zurück, die Augen auf seine im Spiegel gerichtet.
    »Darf ich?«, fragte er höflich und nahm das Handtuch, um den beschlagenen Spiegel abzuwischen. Gaia fühlte sich seltsam bedrängt in dem kleinen Raum, selbst, als er seine Hand wieder zurückzog, und ihren Lungen fiel es schwer, neben ihm zu atmen.
    Sie konzentrierte sich auf den Spiegel. Ihre Augen suchten die Leerräume zwischen den Linien ab, und dann sah sie auf einmal etwas. Sie hielt den Atem an. Sie schaute genauer hin und war sich plötzlich ganz sicher. Das Muster war zwischen den Symbolen, in den Leerräumen.
    »Schau!«, rief sie und zeigte darauf.
    Leon sah so ratlos drein wie zuvor.
    »Hier«, sagte sie, drehte sich mit dem Blatt zu ihm um und zeigte auf die Lücke zwischen zwei Symbolen. »Es ist jetzt spiegelverkehrt, aber da sind Buchstaben zwischen den Symbolen. Oh, schau nur!«
    »Ich sehe es nicht«, sagte Leon.
    Sie glühte nun vor Aufregung und griff spontan nach seinem Arm. »Hier, ich zeige es dir«, sagte sie und zog ihn zurück ins Zimmer an den Tisch, wo sie das Blatt ausbreitete, dann nahm sie sich zwei Bleistifte und legte sie auf die horizontalen Linien zwischen den Symbolen.

    »Schau zwischen die Symbole«, sagte sie und wies mit dem Finger darauf. »Da sind spiegelverkehrte Blockbuchstaben in den Zwischenräumen. Von rechts nach links.« Sie begann rechts und bewegte sich Stück für Stück nach links. H, G, L, M, V, Y, L, M, M, R, V, L, I, R.
    Sie beobachtete sein Gesicht und sah, wie er auf einmal begriff. Ein warmes Lächeln spielte auf seinen Zügen, und Aufregung stand in seinen blauen Augen geschrieben.
    »Was heißt das?«, fragte er. »Darf ich?« Er nahm das Blatt wieder an sich und ging zurück ins Bad, um es vor den Spiegel zu halten. Sie wusste, was er sehen würde, und dachte bereits einen Schritt voraus. Sie nahm ein Blatt Papier aus der Schreibtischschublade und notierte hastig das Alphabet.

    »Oh, Daddy«, murmelte sie, zerrissen zwischen Traurigkeit und Stolz. »Wenn es so ist, wie ich glaube, bist du einfach umwerfend.« Sie war so ungeduldig, dass sie Leon das Blatt fast aus den Fingern riss, als er zurückkam.
    »Was machst du da?«, fragte er.
    Doch sie gab keine Antwort. Sie übertrug die Buchstaben aus der obersten Zeile des Codes auf ein Blatt und vertauschte sie dann mithilfe ihres Alphabets mit ihren jeweiligen

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