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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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leise.
    »Nein? Weshalb reden wir dann noch hier?«, fragte sie. »Warum hast du nicht diese Tür geöffnet und mir zur Flucht verholfen?«
    Die Zeit der Zusammenarbeit war vorbei.
    Solange er nicht begriff, dass Kooperieren gleichbedeutend mit Komplizenschaft war, machte Leon sich ebenso schuldig wie Bruder Iris selbst.
    Lärm drang vom Platz unter ihnen hoch.
    Leon trat ans Fenster und sah hinaus.
    »Was ist da los?«, fragte Gaia.
    Sie trat neben ihn und schaute hinunter. Eine Gruppe rot gekleideter Mädchen wurde über den Platz zur Bastion geführt. Durch das leicht geöffnete Fenster konnte Gaia ihre verängstigten und verwirrten Schreie hören, selbst als mehrere Wachen versuchten, sie zum Schweigen zu bringen.
    »Was passiert da?«, wiederholte Gaia.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Leon mit leiser Stimme. Als sie ihn ansah, blickten seine Augen ernst und sorgenvoll. »Aber ich werde es herausfinden.« Er nahm seinen Hut und schritt zur Tür.
    »Du lässt mich nicht hier zurück«, sagte Gaia.
    Leon steckte einen Schlüssel ins Schloss. »Ich muss«, sagte er. »Ich kann dich jetzt nicht rausholen. Denk immer daran: Das Wohlergehen deiner Mutter hängt von deinem eigenen ab. Arbeite weiter an der Geheimschrift. Schau, ob du herausfinden kannst, wer meine …« Er hielt inne, hob die zusammengeknüllten Blätter vom Boden auf und legte sie nebeneinander auf den Tisch.
    Gaias Herzschlag verlangsamte sich zu einem kalten, harten Rhythmus. Jetzt ergab alles Sinn. Er wollte seine Eltern kennenlernen. Deshalb war er gekommen. Er war wie Sergeant Bartlett. Oder Bruder Iris. Sie war benutzt worden, genau wie Myrna es ihr prophezeit hatte.
    Sie griff wortlos nach einem Bleistift und legte ihn vor sich auf den Tisch. »In Ordnung. Du willst wissen, wer deine Eltern sind?«
    »Warte, Gaia«, sagte er. »Es ist nicht so, wie du denkst.«
    Ihr Herz war ein Stein in ihrer Brust. »Wie war noch gleich dein Geburtstag?«, fragte sie kalt.
    Sie sah, wie sich seine Wangen und Lippen leicht röteten, und die Farbe ließ seine blauen Augen nur noch lebendiger erscheinen. Sie konnte nicht sagen, ob er angespannt war oder beschämt oder beides. Es war ihr auch egal. Sie machte sich frei von seiner Anziehungskraft, nahm den Bleistift zur Hand und wartete. Vom Platz drang abermals Lärm zu ihnen.
    »Der zwölfte April 2390«, sagte er.
    Sie neigte kurz den Kopf und notierte es. Sie wusste noch nicht, wie das System für Zahlen funktionierte, aber sie würde es schon herausfinden. Sie glättete die beiden zerrissenen Hälften des Codes und legte sie an den Rändern zusammen. »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte sie wie betäubt.
    »Ich komme wieder«, sagte er, »so schnell ich kann.«
    Sie bezweifelte es. Sie drehte ihm bereits den Rücken zu und nahm wieder am Tisch Platz. Jetzt, da er wusste, dass man die Zwischenräume des Codes lesen musste, konnte er es Bruder Iris verraten, und zusammen konnten sie das gesamte Band entschlüsseln. Sie brauchten sie nicht mehr, nicht einmal für die Ziffern. Sie war nun ganz und gar entbehrlich. Sie hörte ihn die Tür öffnen, aber sie drehte sich nicht nach ihm um.
    »Bitte, Gaia. Du bist hier für den Moment in Sicherheit. Hab ein wenig Vertrauen in mich«, sagte er, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Im nächsten Moment war er verschwunden.

18
    Eine Chance
    Sobald Gaia erkannt hatte, dass die ersten beiden Namen die ihrer Eltern waren und das erste Datum das Geburtsdatum ihres ältesten Bruders sein musste, war die Entschlüsselung der Zahlen eine mühselige, aber lösbare Aufgabe. Ihr ältester Bruder war am 12. Februar 2389 geboren, und die Symbole vor dem Namen ihres Vaters waren:

    Sie hatte I H C B-C D zunächst irrtümlich gegen das Alphabet gespiegelt und als »R S X Y-X W« übersetzt, doch da sie das richtige Datum ja kannte, war bald klar, welche Buchstaben ihr Vater für die Ziffern verwendet hatte. B CH I musste 2389 ergeben. Von da war es ein einfaches Austauschsystem: A = 1, B = 2, C = 3 und so weiter bis J = 0. Genauso wurde aus DC 43. Erst war sie ratlos, dann ging ihr auf, dass der zwölfte Februar der 43. Tag des Jahres war. Statt Monate zu verwenden, hatte ihr Vater jedem der 365 Tage des Jahres eine Zahl zugewiesen, sodass der Geburtstag ihres ältesten Bruders Arthur am 12. Februar 2389 einfach als 43-2389 aufgeführt war.
    Gaia hätte zufrieden mit sich sein sollen, doch stattdessen fühlte sie sich innerlich leer, wie zerschlagen. Sie konnte sich

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