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The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

Titel: The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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unterbrochen wurde, und Gaia konnte beinahe, aber nur beinahe, das Gefängnis unten am Sumpf ausmachen.
    Leon war immer noch dort – ihretwegen.
    Der Gedanke quälte sie, und zum wohl millionsten Mal zermarterte sie sich den Kopf und suchte nach einem Ausweg.
    Sie konnte Peony nicht verraten. Das Mädchen würde aus dem Mutterhaus verstoßen werden und könnte als Libbie niemals eigene Kinder haben. Gaia würde versprechen müssen, nie wieder eine Schwangerschaft abzubrechen, ungeachtet der Umstände, und dieser Gedanke machte ihr Angst – denn verzweifelte Frauen würden es trotzdem versuchen, in aller Heimlichkeit. Gaia raufte sich die Haare und hatte Tränen in den Augen vor Zorn und Ratlosigkeit.
    Sie wollte keinen Kampf gegen die Matrarch führen, schon gar nicht für die Rechte irgendwelcher Frauen, die sie nicht einmal kannte. Es war ein so kleiner, winziger Bestandteil ihrer Arbeit, der ihr hier unmöglich gemacht wurde – wieso hing auf einmal so viel davon ab?
    Sie schloss die Augen und ließ die Stirn gegen einen Fensterrahmen sinken. Ganz bestimmt wollte sie diesen Kampf nicht auf Leons Kosten führen. »Was soll ich nur tun?«, flüsterte sie. Wenn sie in dieser Sache nachgab, würde sie in allem nachgeben. Einmal gebrochen, würde sie der Matrarch ihr Leben lang zu Diensten sein.
    Doch wo lag hier der Unterschied zu Will oder Norris oder Lady Roxanne? Bestimmt waren auch sie Kompromisse eingegangen, um sich mit dieser Gesellschaft zu arrangieren. Vielleicht zählten die Werte, mit denen sie in Wharfton aufgewachsen war, hier einfach nicht. Vielleicht war es für einen Erwachsenen einfach normal, sich zu fügen, wenn man über die Runden kommen wollte.
    Ich bin aber keine Erwachsene. Und sie wollte auch nie eine sein, wenn das hieß, ihre Überzeugungen zu verraten.
    Die kühle Nachtluft zog durch die Fliegengitter herein. Auf der anderen Seite summten Moskitos, angelockt von ihrem Blut. Aus dem Sümpfen erhob sich ein wilder, ungestümer Vogelschrei, der ihr die Haare auf den Armen sich aufstellen ließ. Sie wandte den Blick nach oben und suchte am Himmel nach den drei markanten Sternen im Gürtel des Orion. Wie sie nach und nach auch die übrigen Sterne entdeckte, dachte sie an ihre Eltern. Sie vermisste sie und fragte sich, was sie ihr wohl in dieser Situation geraten hätten.
    Noch einen Tag. Sie würde sich einfach durch einen weiteren Tag schleppen, immer einer nach dem anderen. Sie würde das schaffen. Es konnte doch nicht ewig so weitergehen. Irgendwann musste die Matrarch einfach einsehen, dass sie nicht aufgab, und sie gehen lassen.
    Eines Nachts klopfte es spät an ihre Tür, und Gaia war sofort hellwach. »Herein.«
    Die Matrarch trat leise ein, die Hand am Knauf.
    »Norris’ Nichte, Erianthe, liegt in den Wehen.«
    Gaia schwang die Beine aus dem Bett. »Ich komme.«
    »Ich muss wissen, wer die Abtreibung hatte.«
    Gaia erstarrte, die Hände am Matratzenrand. Es war noch dunkel im Zimmer, nur der Mond warf einen kaum merklichen Schimmer durchs Fenster, aber natürlich störte das die Matrarch nicht. Sie konnte sie warten sehen, den Stock vom grauen Licht erhellt. Gaia fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Das kann ich Euch nicht sagen.«
    Die Matrarch verharrte noch einen Moment, dann wandte sie sich zum Gehen.
    »Jetzt wartet doch!«, sagte Gaia. »Erianthe braucht vielleicht meine Hilfe.«
    »Nur, wenn du meine Frage beantwortest.«
    Gaia fühlte sich wie zerrissen. Ein Mädchen lag in den Wehen und brauchte sie – wie konnte sie da nicht kommen?
    »Bitte«, sagte Gaia. »Es muss doch eine Möglichkeit geben. Eine Schwangerschaft unter bestimmten Umständen auch abzubrechen, ist ein so kleiner Teil meiner Arbeit – wieso könnt Ihr es nicht einfach auf sich beruhen lassen?«
    Die Matrarch stand schweigend noch einen Moment in der Tür. Dann ging sie.
    Gaia stand auf und warf ihr Kissen durch den Raum. Etwas fiel vom Tisch und krachte zu Boden. Danach lag der Raum wieder still in der Dunkelheit. Stöhnend krümmte sich Gaia in ihrem Bett zusammen und barg ihr Gesicht in den Händen.
    Erianthe bekam einen Jungen – Norris erzählte es Gaia, als sie sich später am Morgen in der Küche trafen. Er war ungewöhnlich schlechter Laune, und da sie kaum ein Auge zugetan hatte, ging es Gaia nicht viel besser. Ich komme hier nie raus. Immer wieder ging ihr dieser Satz durch den Kopf. Sie würde nie mehr das Mutterhaus verlassen und den Frauen nützlich sein können; die Matrarch würde

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