The Elder Races 05 - Das Versprechen des Blutes
von »vermutlich« und »würde«,
sagte Eva.
Sie ist schon seit so vielen Jahren mit Calondir zusammen, da sollte man doch meinen, sie könnte eindeutiger sagen, ob es ihrem Mann gefallen würde oder nicht, wenn du bei ihm vor der Tür stehst. Es ist durchaus möglich, dass er nicht übermäßig erfreut sein wird. Wenn die Numenlaurianer eintreffen, während du seine Aufmerksamkeit gewinnen willst, nimmst du diese ganzen Strapazen für nichts und wieder nichts auf dich.
Pia runzelte die Stirn. All das hatte sie überhaupt nicht bedacht. Für sie hatte es sich angehört, als wäre Beluviel nur höflich gewesen. Sie grummelte:
Kannst du nicht ein einziges Mal etwas sagen, das ich wirklich hören will? Davon abgesehen ist das ein Grund mehr, so schnell wie möglich anzukommen. Ich muss mit Calondir sprechen, solange mir die Chance dazu bleibt.
Ist’n Argument,
gab Eva zu.
Eine zeitlang ritten sie schweigend nebeneinander, während direkt vor ihnen Miguel und das junge Elfenmädchen wieder Sticheleien austauschten. Pia beobachtete die beiden nachdenklich. Dann fragte sie Eva:
Weißt du etwas über diesen uralten Krieg der Elfen untereinander, noch bevor es Menschen gab?
Einen Bürgerkrieg, meinst du?,
fragte Eva mit erhobener Braue.
Ja.
Die Kommandantin schüttelte den Kopf.
Das war vor meiner Zeit, Prinzessin.
Pia schnaubte, ein Grinsen umspielte Evas Mundwinkel.
Anscheinend gab es einen, und er muss groß und hässlich gewesen sein. Dragos sagte, dieser Krieg habe das Antlitz der Erde verändert und hätte zur Folge gehabt, dass sich die Elfen über die ganze Welt zerstreuten. Am Ende sei er der Grund für die Entstehung der Hellen und Dunklen Fae gewesen.
Hui, ganz schön viel Drama,
sagte Eva. Dann hielt sie inne.
Wenn Numenlaur das »Alte Land« ist, hat der Krieg dann dort begonnen?
Klingt wahrscheinlich,
erwiderte Pia.
Da wüsste ich ja gern, warum sie Calondir und Beluviel besuchen kommen,
bemerkte Eva.
Ich auch,
sagte Pia.
Halte Augen und Ohren offen, falls du irgendetwas mithören kannst, ja?
Und ob! Ich sag’s auch den anderen.
Wieder machte sich Schweigen zwischen ihnen breit, und eine ganze zeitlang sagte niemand mehr etwas. Wahnsinn, dachte Pia, nach dem holprigen Start zwischen Eva und ihr war das jetzt fast schon friedlich.
Das Licht schwand allmählich, als sich einer der Elfen aus der Gruppe löste und vorauslief. Pia hoffte, der Elf würde Calondir ihre Ankunft ankündigen wollen, was bedeutet hätte, dass sie ihr Ziel bald erreicht haben würden. Schon längst hatte sie den Versuch aufgegeben, sich mit irgendjemandem zu unterhalten, und ritt in einem immer dichter werdenden Nebel aus Müdigkeit dahin.
Sie musste in einen Dämmerschlaf gefallen sein, denn das Nächste, woran sie sich erinnerte, war ein Begrüßungsruf, der vor ihnen erschallte. Schlagartig wurde sie wachsam.
Die Ersten in der Gruppe umrundeten einen riesigen, vom Alter dunkel gewordenen Granitfelsen. Pia hob den Blick, um den massiven Stein zu betrachten. Als sie näher kam, trat aus den zunächst zufällig wirkenden Erhebungen und Vertiefungen ein Elfengesicht mit vornehmen Zügen und undurchdringlicher Miene hervor. Es ließ sich unmöglich sagen, ob es sich um ein männliches oder weibliches Gesicht handelte. Die Skulptur hielt Pia in ihrem Bann, bis sie zu dicht herangekommen war, um das Gesicht noch erkennen zu können, und dann war der Stein wieder nur ein Stein.
»Sieh sich das einer an«, flüsterte Eva.
»Was?« Pia sah zu der Kommandantin, die geradeaus starrte, und folgte ihrem Blick. Zuerst entdeckte sie nichts. Die Reisenden an der Spitze der Gruppe hatten auf einer Lichtung am Fuße eines von Felsen gesäumten Wasserfalls angehalten, wo das Band des schnell fließenden, aufgewühlten Flusses zwischen den Bäumen verschwand. Mit strahlendem Lächeln stiegen die Elfen von ihren Pferden und begrüßten mit freudigen Rufen die anderen Elfen, die ihnen nun entgegenkamen.
Dann verschob sich Pias Blickwinkel, ähnlich wie zuvor bei dem gewaltigen Gesicht im Stein, und sie sah das Gebäude. Es überspannte das obere Ende des Wasserfalls und schien dank eines architektonischen Geniestreichs in der Luft zu schweben. Das Gebäude bestand aus mehreren Etagen, seine Formen waren modern und äußerst schlicht. Die Außenwände waren mit reflektierenden Glasplatten besetzt, die es beinahe unsichtbar machten.
Nachdem sie das Haus einmal erfasst hatte, konnte Pia den Blick nicht mehr abwenden und stieg erst vom
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