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The Forest - Wald der tausend Augen

Titel: The Forest - Wald der tausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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der Hand wische ich verrottete Blätter weg. XVIII.

    Ich erinnere mich an die Buchstaben, die Gabrielle auf das Fenster in ihrem Zimmer gemalt hat: XIV. »Was bedeuten diese Buchstaben?«, frage ich Jed.
    Er zuckt die Achseln. »Ist das nicht egal?«
    »Haben die Wächter das dahingeschrieben?«, hake ich nach.
    »Nein. Die Truhe steht schon immer da. Die Schwestern haben uns davon erzählt und verlangt, dass wir die Vorräte frisch halten.«
    »Und was ist mit dem Schlüssel?«, fragt Harry.
    Wieder zuckt Jed die Achseln. »Hab irgendwie nicht daran gedacht, ihn mitzunehmen.«
    Ich dreh mich um und drücke mein Gesicht an die Schulter, um das Lachen zu unterdrücken.
    Harry holt aus und lässt die Axt auf das Vorhängeschloss niederkrachen, beim dritten Versuch ist es geknackt. In der Truhe befinden sich zwei Wasserschläuche, zwei Beutel mit Nahrungsmitteln und noch zwei doppelschneidige Äxte. Eine nimmt Jed, die andere Travis.
    »Wir sollten unser Nachtlager hier aufschlagen, wo Platz ist«, sagt Harry.Wir sind alle einverstanden und ziemlich froh, aus dem schmalen Spalt zwischen den Zäunen heraus zu sein. Die Männer machen auch gleich ein Feuer mit den Brettern der Truhe, während Cass und ich ein karges Mahl zubereiten.
    Beim Essen reden wir wenig. Ich beobachte, wie das Feuer die Buchstaben verschlingt, die einst in die Truhe gebrannt worden sind, und ich denke an Gabrielle und wie sie ausgesehen hat in jener Nacht, in der ich sie im
Münster am Fenster gesehen habe. Langes schwarzes Haar rahmte eine Haut, die zugleich blass und dunkel war, wie der direkt über dem Horizont hängende Mond. Das war, bevor sie zur Ungeweihten wurde. Als sie noch ein Mädchen war wie ich und hinter einem verschlossenen Fenster auf einen Pfad durch den Wald starrte, der eine andere Welt verhieß.
    Als ich in dieser Nacht mit Argos in den Armen in einen unruhigen Schlaf falle, träume ich von Cass und Jakob, die durch den Zaun nach mir greifen wollen. Aber sie sind keine Ungeweihten. Sie stehen auf einer Seite des verschlossenen Tores und ich auf der anderen, die Geräusche der Ungeweihten dröhnen in meinen Ohren, aber ich weiß nicht, ob sie mich holen kommen oder die beiden.
    Cass reißt den Mund auf, sie schreit gellend, ich fahre hoch. Argos knurrt, ich spüre das Zittern unter meiner Hand, setze mich auf und schaue in die Richtung, in die die immer noch schreiende Cass zeigt.
    Mein erster Gedanke ist: Jed hat sich geirrt und Beth hat sich gewandelt, aber dann nehme ich aus dem Augenwinkel einen roten Blitz wahr und mein Herzschlag setzt aus. Mir bleibt die Luft weg, als ich Gabrielle auf uns zurennen sehe. Ich mache mich schon auf den Aufprall gefasst, auf das Krachen der Zähne, aber dann höre ich das Rasseln des Zaunes, gegen den Gabrielle sich wirft. Drei Pfeile ragen aus ihrem Oberkörper und der eine Arm hängt in einem merkwürdigen Winkel herunter, aber das hält sie nicht auf, das macht sie nicht mal langsamer.

    Andere Ungeweihte stolpern hinter ihr her und gesellen sich dann am Zaun zu ihr, alle lechzen sie lautstark nach uns.
    Travis wirft Sand auf die Glut unseres Feuers, Harry und Jed stehen mit ihren Äxten bereit. Aber der Zaun hält die Ungeweihten zurück und nichts als der Gestank ihres rottenden Fleisches und ihr verzweifeltes Stöhnen überfällt uns.
    Wortlos verlassen wir im Gänsemarsch unseren kleinen Lagerplatz, denn der Pfad wird wieder enger. Wir gehen schnell und lassen die langsamen Ungeweihten hinter uns. Sie können nicht mithalten, aber Gabrielle ist an jeder Biegung bei uns. Wie Argos rennt sie am Zaun entlang voraus, rüttelt daran und sucht nach Schwachstellen, dann rennt sie wieder zu uns zurück und versucht durchzudringen.
    »Wie ist sie aus dem Dorf gekommen?«, höre ich Beth jammern. »Wie hat sie uns gefunden?«
    Jed zieht seine Frau an sich, der Pfad ist kaum so breit, dass die beiden nebeneinanderlaufen können. Über Beths Kopf hinweg sieht er mir in die Augen. »Sie muss wieder durch das Loch geschlüpft sein, durch das sie durchgebrochen sind«, sagt er.
    »Das bedeutet, im Dorf gibt es nichts mehr für sie«, sagt Harry. »Das bedeutet, vom Dorf ist nichts mehr da. Wenn sie sie nicht töten konnten …« Er bricht ab, wir müssen unsere eigenen Schlüsse ziehen.
    Cass, die weiter vorne geht, bleibt bei diesen Worten stehen. Als ich näher komme, lässt sie mich Jakobs Hand
nehmen und reiht sich hinter uns ein. Ich höre sie schluchzen, ihr ganzer Körper zittert, als sie

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