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The Forest - Wald der tausend Augen

Titel: The Forest - Wald der tausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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denn mit dem Schwanz zwischen den Beinen knurrt er leise. Er kommt zu mir und drückt sich an mich, schiebt seinen warmen Körper zwischen mich und die Luke.Wie Wasser in einen Eimer fließen die Ungeweihten in den Raum unter uns. Wie viel Zeit bleibt uns noch, bis sie durch die Luke zu uns hereindringen? Diese Gedanken schüren den Eifer, mit dem ich mich meiner Aufgabe annehme.
    Nachdem ich jedes Kleid zerrissen und die Streifen zusammengeknotet habe, stehe ich vom Fußboden auf und strecke mich. Meine Beine tun so weh, dass ich die Luft scharf einziehe. Dann gehe ich raus zu Travis und frage ihn, was ich machen soll. Er grunzt bloß.
    Also stehe ich nur da, ringe die Hände und fühle mich überflüssig.Wind weht, pustet durch den Dachboden und wirbelt Papier auf, das zu den Ungeweihten unter uns hinabsegelt.
    Ich versuche, Seiten zu fangen, sie zu retten, aber das Papier zerfällt in meiner Hand zu Staub. Ein Blatt landet auf meinem Fuß, vorsichtig hebe ich es auf. Die Ränder sind zackig, so als wäre es von einer größeren Seite
abgerissen worden. Oben drüber steht The New York Times in großen Buchstaben. In ebenso großen Buchstaben ist dann zu lesen: INFEKTION RAST DURCH DAS LANDESINNERE, BÜRGER WERDEN NACH NORDEN GEDRÄNGT. Darunter befindet sich ein Bild von einer riesigen Horde Ungeweihter, von oben aufgenommen, wie von einem Vogel.
    Ich halte mir das Foto dichter an die Augen, versuche, in der Körnigkeit Details zu erkennen. Das sind mehr Ungeweihte, als ich je im Leben gesehen habe. Auf weiter Fläche und stur entschlossen nehmen sie alles ein.
    Benommen stolpere ich auf den Dachboden, durchwühle die anderen Seiten und suche nach mehr Bildern. Von jeder Seite schreien mich große schwarze Wörter an: REGIERUNG AN GEHEIMEN SITZ VERLEGT, CDC NICHT IN DER LAGE, URSACHE DER INFEKTION FESTZUSTELLEN, LETZTE BASTION IN DEN ROCKIES FÄLLT, AUSBRÜCHE WELTWEIT GEMELDET, BEREITS GESÄUBERTE BEREICHE GEFÄHRDET DURCH SCHNELLE, AGILE INFIZIERTE.
    Meine Finger zittern. Ich hebe eine Seite auf, die herausbrüllt: NEW YORK IM BELAGERUNGSZU-STAND, mit einem Bild von Gebäuden, die viel höher sind, als ich sie mir überhaupt vorstellen kann. Riesig sind die und eins am anderen, so weit das Auge reicht. Vom bloßen Anschauen wird mir schon schwindelig, und ich erinnere mich an die Geschichten meiner Mutter, die mir von Gebäuden erzählt hat, die den Himmel berührten.

    Aber nie hätte ich so etwas erwartet, nie hätte ich mir solche Bauwerke erträumt.
    Ich schlucke, mir stockt der Atem, als mir klar wird, was dieses Foto bedeutet. Es ist der Beweis dafür, dass meine Mutter recht hatte. Dass die Geschichten wahr sind, die sie weitergeben hat.
    Und dass es ein Meer gibt. Es muss riesig sein.
    Ich rappele mich hoch und laufe zu Travis nach drau-ßen.
    »Das musst du dir ansehen«, sage ich und zerre an seinem Ärmel.
    Wie von weit her schaut er mich an. Zwischen seinen Augen ist eine tiefe Falte, so als würde er sich ungeheuer konzentrieren.
    »Bist du fertig?« Er geht an mir vorbei auf den Dachboden. Ich folge ihm, halte ihm das brüchige Papier hin.
    »Travis, sieh dir dieses Bild an. Guck doch, was das bedeutet.«
    Immer noch schaut er mich tief in Gedanken verloren an, meine Worte scheinen keinen Sinn für ihn zu ergeben. Dann ertönt ein lauter Knall und die Bretter unter unseren Füßen brechen. Der Fußboden neigt sich gerade so viel, dass ich stolpere und die Hände ausstrecke, um meinen Sturz abzufangen.
    Die Seite zerbröselt zwischen unseren Händen, als Travis mich packt und stützt.
    »Wir müssen uns beeilen, Mary«, ruft er, schnappt sich das provisorische Seil, das ich geflochten habe, und nimmt es mit nach draußen auf die Terrasse.

    Mein Herz hämmert im Takt mit den Geräuschen der Ungeweihten unter uns. Mein Bild ist ruiniert, ich falle auf die Knie und suche unter den restlichen Papieren nach weiteren Beweisen. Noch einer Abbildung.Alles verschwindet, sobald ich es in die Hand nehme, es zerfällt, zerbröselt zu nichts.
    Tränen der Frustration verschleiern meinen Blick. Ich kann nicht mal mehr die Wörter oder die Bilder erkennen, ich wühle einfach nur herum und will etwas finden, woran ich mich festhalten kann. Zur Erinnerung. Und dann treffen meine Finger auf etwas Glattes, Robusteres. Es ist ein Bild von einem unermesslich langen Streifen unglaublich hoher Gebäude – wie die auf dem Bild, das ich vor wenigen Augenblicken zerstört habe. Nie hätte ich gedacht, dass es auf der Welt

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