Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
rutschte der Schlüssel ins Schloss, und ich drehte ihn. Einen Augenblick später waren wir drinnen. Wir duckten uns hinter die Stahltür und beobachteten, wie ein Truck der Firma Sunshine Bread am Gefängnis vorbeibrauste. Neben mir hörte ich John Coffeys gequältes Atmen. Es klang wie ein Motor, dem das Öl fast ausgegangen ist. Er hatte auf dem Hinweg das Tor des Tunnels mühelos geöffnet, aber diesmal baten wir ihn nicht um Hilfe; das kam nicht infrage. Brutal und ich bekamen die Tür auf, und Harry führte John die Treppe hinunter. Der große Mann wankte, aber er schaffte es runter. Brutal und ich folgten ihm, so schnell wir konnten, zogen das Tor hinter uns zu und schlossen es ab.
    »Mensch, ich glaube, wir haben es …«, begann Brutal frohlockend, aber ich stoppte ihn, indem ich ihm den Ellenbogen in die Rippen stieß.
    »Sag es nicht«, warnte ich. »Denk es nicht mal, bis er sicher in seiner Zelle zurück ist.«
    »Und wir müssen an Percy denken«, sagte Harry. Wir sprachen gedämpft, doch unsere Stimmen hallten dumpf von den Backsteinwänden des Tunnels wider. »Die Nacht ist noch nicht vorüber, solange wir uns noch mit ihm herumschlagen müssen.«
    Wie sich dann herausstellte, war unsere Nacht noch längst nicht vorüber … und das Problem Percy Wetmore war sowohl leichter als auch schwerer zu lösen, als wir dachten.

Teil sechs
    Coffey auf der Mile

1
    Ich saß im Wintergarten von Georgia Pines, hielt den Füllfederhalter meines Vaters in der Hand und vergaß die Zeit, während ich mir die Nacht in Erinnerung rief, in der Harry, Brutal und ich John Coffey von der Green Mile zu Melinda Moores brachten, um ihr Leben zu retten. Ich schrieb, wie wir William Wharton betäubten, der sich für den zweiten Billy the Kid hielt; ich erzählte davon, wie wir Percy Wetmore in die Zwangsjacke steckten und in die Gummizelle am Ende der Green Mile sperrten. Ich berichtete von unserer sonderbaren nächtlichen Reise – gruselig und aufregend zugleich – und von dem Wunder, das sich am Ende ereignete. Wir sahen, wie John Coffey eine Frau zurückholte, nicht nur vom Rand des Grabs, sondern sogar von dessen Grund, wie es uns erschien.
    Ich schrieb und nahm nur am Rande das Leben wahr, wie es sich in Georgia Pines abspielte. Alte Leute gingen runter zum Abendessen und strömten dann zum Unterhaltungscenter (ja, Sie dürfen lachen), um sich ihre abendliche Dosis TV-Sitcoms zu gönnen. Ich vermeine mich zu erinnern, dass meine Freundin Elaine mir ein Sandwich brachte. Ich dankte ihr und aß es, aber ich kann Ihnen nicht sagen, wann am Abend sie es mir brachte und womit es belegt war. Der Großteil von mir war wieder im Jahr 1932, als wir unsere Sandwiches für gewöhnlich vom Snackwagen des alten Toot-Toot kauften, kalter Schweinebraten einen Nickel, Cornedbeef einen Dime.
    Ich erinnere mich, dass es ruhiger wurde, als die Relikte, die hier leben, sich auf eine weitere Nacht mit leichtem, unruhigem Schlaf vorbereiteten; ich hörte Mickey – vielleicht nicht der beste Pfleger hier, aber gewiss der freundlichste – »Red River Valley« mit seinem Tenor singen, während er herumging und die abendlichen Medikamente verteilte: »From this valley they say you are going … We will miss your bright eyes and sweet smile …« Bei dem Lied musste ich wieder an Melinda denken und an das, was sie zu John gesagt hatte, als das Wunder geschehen war. Ich habe von Ihnen geträumt. Ich habe geträumt, Sie wären in der Dunkelheit umhergewandert, und ich auch. Und wir haben einander gefunden
    In Georgia Pines wurde es still. Mitternacht kam und ging vorüber, und ich schrieb immer noch. Ich kam zu Harry, der uns daran erinnerte, dass wir zwar John zurück ins Gefängnis gebracht hatten, ohne erwischt zu werden, dass aber immer noch Percy auf uns wartete. »Die Nacht ist noch nicht vorüber, solange wir uns noch mit ihm herumschlagen müssen«, sagte Harry.
    Das war der Zeitpunkt, an dem der lange Tag, an dem ich den Füller meines Vaters immer weiter angetrieben hatte, seinen Tribut forderte. Ich legte den Füller hin – nur für ein paar Sekunden, dachte ich, damit wieder etwas Leben in meine steifen Finger kam -, und dann legte ich die Stirn auf meinen Arm und schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete und den Kopf hob, schaute mich die Morgensonne durch die Fenster an. Ein Blick auf meine Uhr zeigte mir, dass es nach acht war. Ich hatte mit dem Kopf auf den Armen wie ein alter Säufer an die sechs Stunden geschlafen. Ich

Weitere Kostenlose Bücher