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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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auf die Gefängnispantoffeln gesenkt, und er wirkte, als wünschte er sich einen Hut, den er in den Händen drehen könnte.
    »Wer sind Sie?«, fragte Melinda. »Wie heißen Sie?«
    »John Coffey, Ma’am«, antwortete er, worauf sie sofort erwiderte: »Aber anders geschrieben als das Getränk.«
    Hal schreckte neben ihr zusammen. Sie spürte es und tätschelte beruhigend seine Hand, ohne den Blick von dem schwarzen Mann zu nehmen.
    »Ich habe von Ihnen geträumt«, sagte sie mit leiser, erstaunt klingender Stimme. »Ich habe geträumt, Sie wären in der Dunkelheit umhergewandert, und ich auch. Und wir haben einander gefunden.«
    John Coffey sagte nichts.
    »Wir fanden einander in der Dunkelheit«, sagte sie. »Steh auf, Hal, du quetschst mich hier fest.«
    Hal erhob sich und beobachtete ungläubig, wie sie die Tagesdecke zur Seite schlug.
    »Melly, du kannst nicht …«
    »Sei nicht albern«, sagte sie und schwang die Beine aus dem Bett »Selbstverständlich kann ich.« Sie strich ihr Nachthemd glatt, reckte sich und stand auf.
    »Mein Gott«, wisperte Hal. »Lieber Gott im Himmel, schau sich das einer an.«
    Sie ging zu John Coffey. Brutal trat etwas zur Seite, von Ehrfurcht ergriffen. Sie humpelte beim ersten Schritt, beim zweiten zog sie das rechte Bein nur etwas nach, und dann war selbst dieses leichte Hinken verschwunden. Ich erinnerte mich, wie Brutal die bunte Spule an Delacroix gegeben und gesagt hatte: »Wirf sie – ich will sehen, wie er läuft.« Mr. Jingles hatte da auch noch gehumpelt, aber in der nächsten Nacht, in der Nacht, in der Del über die Green Mile zum elektrischen Stuhl ging, war wieder alles mit ihm in Ordnung gewesen.
    Melly legte die Arme um John und drückte ihn. Coffey stand einen Moment lang da, ließ sich umarmen, und dann hob er langsam eine Hand und streichelte über ihren Kopf. Das tat er mit unendlicher Sanftheit. Sein Gesicht war immer noch grau. Ich fand, er sah schrecklich krank aus.
    Sie trat von ihm fort, schaute zu ihm auf und sagte: »Danke.«
    »Gern geschehen, Ma’am.«
    Sie wandte sich Hal zu und ging zu ihm zurück. Er legte die Arme um sie.
    »Paul …« Das war Harry. Er tippte auf seine Armbanduhr. Es ging auf drei Uhr zu. Um halb fünf würde es hell werden. Wenn wir Coffey nach Cold Mountain zurückbringen wollten, bevor das geschah, mussten wir bald aufbrechen. Und ich wollte ihn zurückbringen. Teils natürlich, weil unsere Chancen, ungestraft davonzukommen, schlechter wurden, je länger das hier dauerte. Aber ich wollte John auch an einem Ort haben, wo ich rechtlich abgesichert einen Arzt für ihn rufen konnte, falls es nötig war. Seinem Anblick nach zu urteilen, war es vielleicht nötig.
    Das Ehepaar Moores saß Arm in Arm auf der Bettkante. Ich spielte mit dem Gedanken, Hal auf ein kurzes Gespräch unter vier Augen ins Wohnzimmer zu bitten, doch dann wurde mir klar, dass ich ihn bitten konnte, bis die Kühe heimkamen, und er trotzdem nicht von der Stelle weichen würde, wo er jetzt war. Er war vielleicht irgendwann wieder in der Lage, den Blick von ihr zu nehmen – jedenfalls für ein paar Sekunden -, aber erst, wenn die Sonne aufging, und nicht jetzt.
    »Hal«, sagte ich. »Wir müssen jetzt los.«
    Er nickte, ohne mich anzusehen. Er war in die Betrachtung der Farbe ihrer Wangen, des natürlichen, unverzerrten Schwungs ihrer Lippen und des neuen schwarzen Haars vertieft.
    Ich klopfte ihm auf die Schulter, hart genug, um wenigstens für einen Moment seine Aufmerksamkeit zu erhalten.
    »Hal, wir waren niemals hier.«
    »Was …?«
    »Wir waren niemals hier«, wiederholte ich. »Wir werden später miteinander reden, aber im Augenblick ist das alles, was du wissen musst. Wir waren nie hier.«
    »Ja, in Ordnung …« Er zwang sich, mich kurz anzusehen, aber es kostete ihn sichtlich Mühe, den Blick von seiner Frau loszureißen. »Ihr habt ihn rausgebracht. Könnt ihr ihn auch wieder reinbringen?«
    »Ich glaube ja. Vielleicht. Aber wir müssen los.«
    »Woher wusstest du, dass er das tun kann, Paul?« Dann schüttelte er den Kopf, als ihm klar wurde, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt zum Reden war. »Paul … danke.«
    »Dank nicht mir«, sagte ich. »Bedank dich bei John.«
    Er schaute zu John Coffey und streckte ihm die Hand hin – genau wie ich es an dem Tag getan hatte, an dem Harry und Percy ihn in den Block gebracht hatten. »Vielen Dank. Vielen, vielen Dank.«
    John sah auf die Hand. Brutal stieß ihm nicht sehr feinfühlig den Ellenbogen in die

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